Kreis Kleve. . Die Wahrscheinlichkeit, dass Binnenschiffer bei einer Entgasung von Benzolgemischen erwischt werden, ist gering. Politik fordert Verbesserungen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Binnenschiffer beim illegalen Entgasen seines Frachtraums auf dem Rhein erwischt wird, ist gering. Diese Einschätzung teilte jetzt die Wasserschutzpolizei der NRZ auf Anfrage mit. Wie berichtet, ist das so genannte freie Ventilieren von Tankschiffen mit Erdöl-Gemischen verboten, allerdings gibt es in Deutschland kaum technische Vorrichtungen, in denen Binnenschiffer ordnungsgemäß ihre Restgase entsorgen könnten.
In den angrenzenden Niederlanden ist die Rede von einem der „größten Umweltprobleme, die das Land hat“, so Professor Harry Geerlings von der Erasmus-Universität in Rotterdam. Dortige Experten gehen davon aus, dass jährlich 2000 illegale Entgasungen im Jahr vorgenommen werden.
In Deutschland obliegt die Kontrolle der Wasserschutzpolizei. Die Behörde teilt der NRZ jetzt schriftlich mit, dass sich die Überwachung „mitunter schwierig“ gestalte, da man die Gase auch nachts in die Luft pusten könne. Die Entdeckungsgefahr sei dann gering. „Es ist von einem hohen Dunkelfeld auszugehen“, so die Polizei, die bestätigt, dass keine Vorrichtungen im Regierungsbezirk Düsseldorf für die Entgasung von Tankschiffen bekannt sind. Auch gibt es keine Zahlen über die Anzahl von Benzentankern auf dem Rhein.
Strengere Regeln angedacht
Das freie Ventilieren wird als Ordnungswidrigkeit geahndet. Die Strafen können zwischen 150 und 5000 Euro liegen. Die Recherchen der Wasserschutzpolizei haben ergeben, dass die heute großzügige Regelung des Gefahrgutsrechts in Bezug auf Benzen künftig strenger geregelt werden soll.
Dies deckt sich auch mit den Aussagen von Dr. Günther Bergmann, Mitglied des Landtages für die CDU. Bergmann teilt mit, dass aktuell die Ministerien auf Bundes- und Landesebene sich mit diesem Thema beschäftigen. Allerdings müsse man hier zahlreiche Rechtsgebiete beachten, die jeweils in unterschiedlichen Zuständigkeiten liegen. Bergmann sprach die Themen Sicherheit, Arbeitsschutz und Umweltschutz an. Möglicherweise sei es gut, wenn man – wie in den Niederlanden – eine Universität mit der Erarbeitung einer Studie zu diesem Problem beauftrage.
Ute Sickelmann, Mitglied des Düsseldorfer Regionalrates für die Grünen, möchte dieses Thema unbedingt jetzt auch politisch diskutiert wissen. „Dies ist ein großes Problem, da wir ja jetzt erst aufgrund der niedrigen Pegelstände mitbekommen, wie viel Benzin oder Erdölprodukte auf dem Rhein transportiert werden. Dieses Thema wird relevant sein, da dies wahrscheinlich die gesamte Binnenschifffahrt betrifft“, so Sickelmann.
Politisch stand das Ventilieren bislang nicht auf der Tagesordnung: „Wenn es technische Lösungen gibt, die auch noch wirtschaftliche Vorteile bringen, dann müssen diese schnellstens in Stand gesetzt werden“, sagt Sickelmann. Sie möchte den Schwarzen Peter allerdings nicht den Binnenschiffern zuschieben, sondern jetzt erst die benötigten Entgasungsanlagen installiert wissen.
„Großes Vollzugsdefizit“
Der Umweltverband BUND sieht ein „großes Vollzugsdefizit“. „Dass sich die Behörden des Problems bislang offenbar überhaupt nicht angenommen haben, ist ein Unding“, sagt Dirk Jansen, Geschäftsleiter des BUND in NRW. „Benzol ist krebserregend und sollte damit in geschlossenen Systemen geführt werden.“
Ähnlich sieht es Volkhard Wille vom Naturschutzbund (Nabu). Er schätzt das Problem aufgrund der Frachtmengen als „erheblich“ ein und sieht eine einfache Kontrollmöglichkeit durch einen Abgleich des Frachtbuches mit dann vorzulegenden Entsorgungsnachweisen. Der Nabu habe bislang nichts unternommen, da das Problem nicht bekannt gewesen sei.