Emmerich. . Kinderfördernetzwerk würde gern in De Wette Telder unterkommen und hier Beratung für Familien in zentraler Lage anbieten. Politik muss zustimmen.
De Wette Telder – Emmerichs ältestes Gebäude – soll bekanntlich zu einer barrierefreien Bildungs- und Begegnungsstätte umfunktioniert werden. Herzstück in den Überlegungen könnte dabei die Errichtung eines Familienbüros sein. Dies wäre besonders im Sinne des Kinderfördernetzwerkes Pro Kids, wie deren Koordinatorin Gaby Niemeck erklärt.
Die Stadt Emmerich hat de Wette Telder in 2017 gekauft und erhält aus dem Programm Soziale Integration im Quartier über eine Million Euro Förderung. Gaby Niemeck hatte im Mai für den Förderantrag ein inhaltliches Kurzkonzept zu einem Familienbüro erstellt: „So eine Einrichtung für Emmerich hatte ich schon länger im Kopf.“ Ende vergangenen Jahres sollte sie es genauer ausarbeiten.
„Die Förderung sieht einen Integrations-Manager im Haus vor, wobei der Begriff etwas irreführend ist. Ein Quartiersmanager wäre treffender“, so Niemeck. Im Januar habe man angefangen, sich verschiedene Familienbüros in Hilden, Gelsenkirchen, Monheim, Alsdorf und Stollberg anzusehen.
Integrationsmananger allein reicht nicht
Es wurde schnell klar: Ein Integrationsmanager allein reicht nicht. Allerdings reicht die Förderung nicht aus, um weitere Stellen zu finanzieren. Deshalb sollen nun 92.000 Euro im Jahr im Haushalt vorgesehen werden, um eine weitere Koordinierungsstelle zu schaffen.
Ob die Politik das Vorhaben billigt, ist noch nicht klar. Die SPD spricht sich dafür aus, die CDU sorgt sich um die Kosten. Am 30. Oktober tagt der Haupt- und Finanzausschuss. Im Rat am 6. November soll dann beschlossen werden.
Gaby Niemeck wirbt für das Projekt: „Ja, 92.000 Euro ist eine Summe, aber die Stadt Emmerich gibt derzeit für Prävention 19.500 Euro aus, wovon nur 7000 Euro aus kommunalen Mitteln stammen.Allein für Heimunterbringungen geben wir im Jahr rund zwei Millionen Euro aus. Hier wäre das Geld für die Prävention gut investiert.“
Funktionierendes Netzwerk
Pro Heimunterbringung zahlt Emmerich zwischen 50.000 und 70.000 Euro. Im Vergleich dazu seien 92.000 Euro nicht viel Geld.
Pro Kids hat im Laufe der Jahre ein sehr gut funktionierendes Netzwerk für die Kinderförderung in Emmerich etabliert. Mit der Investition in die zusätzliche Koordinierungsstelle würde Emmerich auch die Akteure im Hintergrund weiter aktivieren. Das Engagement würde sich sozusagen multiplizieren. „Ein Familienbüro ist die logische Folgerung aus der Arbeit von Pro Kids“, unterstreicht Gaby Niemeck.
Das soll an drei Tagen in der Woche De Wette Telder mit Leben füllen. Das Konzept sieht drei Säulen vor:
1. Das Familiencafé: Dieser offene Treffpunkt mit Spielecke wäre das Herzstück des Familienbüros. „Es wäre die Fortführung der Familienfrühstücks von Pro Kids in den Familienzentren“, so Niemeck. Dies dürfe nicht als „Problemtreff“ missverstanden werden.
2. Beratungen: Organisationen aus Emmerich – von der Diakonie über die Caritas bis Hebammen – könnten die Räume nutzen, um offene Sprechstunden anzubieten. Niemand bekommt feste Büroräume, in denen er Material lagern kann.
„Der Weg zu uns ist oft eine Hürde“
Daniela Weltzien von der Evangelischen Familienbildungsstätte weiß aber: „Der Weg zu uns ist oft eine Hürde.“ Durch diesen zentralen Treffpunkt käme der Berater sozusagen zu den Menschen. Steht mal kein Beratungsgespräch an, könne sich der Berater einfach ins Café gesellen, um dort das Gespräch zu suchen.
Ein Konzept, das in anderen Städten schon erfolgreich umgesetzt werde, so Niemeck.
3. Kurse: Etablierte Anbieter wie das Haus der Familie oder die Evangelische Familienbildungsstätte könnten zusätzliche Kurse anbieten oder vorhandene verlagern. Dafür gibt’s auch Subventionen.
Der X-Faktor in dieser Sache sei schlichtweg De Wette Telder selbst: „Das Haus hat Charme.“ Jeder, der an einer Besichtigung teilgenommen habe, zeigte sich beeindruckt. Ein weiterer Bericht über den Werdegang des Netzwerkes Pro Kids folgt demnächst.
>>KOMMENTAR VON MARCO VIRGILLITO
Die Ausgaben für die Heimunterbringung sind seit Jahren steigend. Sicherlich lässt sich nicht garantieren, dass ein Familienbüro die Summe von zwei Millionen Euro im Jahr minimieren würde. Aber hier gilt es einem Trend entgegen zu wirken. Es ist sinnvoll, das Problem an der Wurzel zu bekämpfen. Und da hilft eben die präventive Arbeit, die so ein Familienbüro leisten kann.
Wenn denn die Zahlen so entscheidend sind: Die 92.000 Euro im Jahr würden sich schnell refinanzieren. Die Emmericher Bevölkerung zeigt sich in vielen sozialen Projekten immer wieder Willens, sich für solche Dinge einzusetzen. Die Politik darf daraus schließen: Der Wähler begrüßt Investitionen dieser Art.