Emmerich. . Die bekannte Emmericher Stadtführerin geht in Rente. Der Abschied fällt ihr schwer. Die 65-Jährige war das Zugpferd des Infocenters Emmerich.
Sie ist ein Gesicht der Stadt Emmerich. Und trotzdem wird sie manchmal auf der Straße nicht erkannt. Nämlich dann, wenn sie in zivil unterwegs ist. Die Rede ist von Emmerichs Stadtführerin Monika Wirtz. Die Bürger – und etliche Touristen – erkennen sie eher in Gewandung als das „schöne Käthchen“, als „Poortekerl“ oder „Johann Berck“. Mit ihr als Zugpferd hat das Infocenter Emmerich (ICE) die Stadtführungen enorm nach vorne gebracht. Doch die beliebte Gästeführerin geht nun in Rente. Nach Tausenden von Führungen. Ihren letzten Arbeitstag in der Tourist Info hatte sie am 31. August. Bis Ende des Jahres wird sie noch offene Führungen durchführen. Dann hört die 65-Jährige aus gesundheitlichen Gründen endgültig auf. Der Abschied fällt ihr schwer.
Wirtz’ Gesamtpaket überzeugte
Im Jahr 2000 – da war das ICE erst ein Jahr alt – erlebte die damalige Mitarbeiterin Bärbel van Holt eine Stadtführung mit Monika Wirtz in Kalkar. „Das wäre was für uns“, berichtete van Holt. Schnell buchte Dr. Manon Loock-Braun, Emmerichs Tourismuschefin, Klompengänge für Emmerich. „Wir wurden damals dafür belächelt“, erinnert sich Loock-Braun. Doch die Gäste waren begeistert. Wirtz’ Gesamtpaket überzeugte: „Sie hat besondere Talente. Sie ist geschichtlich interessiert und beherrscht eine theatralische Darbietung. Außerdem ist sie handwerklich geschickt und kann sich historische Gegenstände basteln“, fasst es die Tourismuschefin zusammen. Beim Schneidern hilft Beate Lechtleitner. Bei den Führungen steht der Spaß der Teilnehmer im Fokus, nur so bleibe Geschichte haften. Wirtz zieht bevorzugt Alltägliches heran, damit der Zuhörer einen Vergleich zu seinem Alltag ziehen kann.
Sie kam von der Havel an den Rhein
Nach einer Weile kamen immer mehr Anfragen, was es denn außer dem
Klompengang noch für Führungen gebe. Wirtz entwickelte immer wieder neue Führungen, so dass inzwischen 30 zusammen gekommen sind. Manche sind von Gruppen buchbar, andere werden zu festen Terminen als offene Führungen angeboten. Vom „Laternengang mit dem Nachtwächter“ über „Vom Hansen, Hänseln & Verhansen“ bis zu... „Liebe, Lust und Leidenschaft“.
Mit diesem amourösen Sittenspiegel hatte Wirtz Bauchschmerzen
Mit diesem amourösen Sittenspiegel hatte Wirtz so ihre Bauchschmerzen: „Ich bin noch so aufgewachsen, dass man über solche Sachen nicht spricht. Ich dachte: ‘Das kannst Du nicht machen.’ Da habe ich heute noch Hemmungen. Die Führung habe ich x-mal überarbeitet, schließlich sollte sie eine gewisse Sachlichkeit nicht vermissen.“ Bis heute ist diese Führung neben dem Klompengang der Bestseller.
Monika Wirtz: „Andere Städte machen mehr Vorgaben“
2006 startete der Kreis Kleve ein Zwei-Jahres-Programm „Silberfüchse an die Arbeit“. Monika Wirtz war damals selbstständig wie alle Gästeführer. Doch für das ICE passte es perfekt, die Frau aus Brandenburg an der Havel einzustellen. „Wir haben ihr die Administration so abnehmen können. Frau Wirtz konnte sich ganz auf ihre Führungen und deren Ausarbeitung konzentrieren“, sagt Loock-Braun. „Ich habe die Freiheiten genossen. Andere Städte machen mehr Vorgaben“, freute sich Wirtz über die Möglichkeiten. Emmerich zeigte sich mit seiner Stadtführerin sogar auf Messen und erregte damit Aufmerksamkeit. Nach Ablauf des Programms wurde Wirtz fest eingestellt.
Monika Wirtz ist wahrlich eine Allrounderin
Monika Wirtz ist wahrlich eine Allrounderin, was Gästeführungen am
Niederrhein angeht. Sie kann Gäste unter anderem in Kalkar, Nimwegen, Arnheim, Xanten (auch durch den Dom!) oder Kevelaer herumführen – dafür hat sie als einzige eine Generalerlaubnis. „Das ging nur, weil Manon Loock-Braun sagte, wir verbinden das mit anderen Städten“, unterstreicht Wirtz. Die Busunternehmen buchen mit Vorliebe Führungen mit ihr. Denn Wirtz kann je nach Wunsch die Gruppe durch mehrere Städte führen und alles organisieren. Auch, dass Schulen und Kindergärten ihre Führungen immer wieder gerne in den Unterricht einbauen, macht Wirtz glücklich. Das spreche für eine kindgerechte Darstellung.
Die Stadtführerin trägt Gewandungen, keine Kostüme
Auf eines legt das Infocenter großen Wert. Die Stadtführerin trägt Gewandungen, keine Kostüme. „Es ist kein Karneval und auch kein Theater“, betont Loock-Braun: „Sie erzählt keine Geschichtchen, sondern Emmericher Geschichte.“
>>>TABLET-PC IN HISTORISCHER HÜLLE
Von einem Hilfsmittel musste Loock-Braun die Stadtführerin erst überzeugen. Vom Tablet-PC. „Ich wollte es nicht, war tot unglücklich und hatte schlaflose Nächte. Das passt doch nicht zur Gewandung. Die Chefin war aber auf die Zukunft bedacht“, erinnert sich Wirtz. Doch schnell erkannte sie die Vorteile der Technik.
Sie musste nicht mehr die dicken Ordner für die Führungen tragen, musste weniger ausdrucken, konnte schnell weitere Informationen anklicken, brauchte keine Taschenlampe und das Bildmaterial war digital vielseitiger. Mit einer historischen Hülle, die wie ein altes Buch aussieht, konnte Wirtz auch optisch die moderne Technik dulden.