Emmerich. . Emmerichs Grüne machten einen Echttest mit Rollatorfahrerin und Rollifahrer durch die City. Erschreckend, was auf der Kurztour schon zu Tage kam.

Es ist heiß an einem Freitagnachmittag nahe der Martini-Kirche. Dort trifft sich die Ratsfratkion der Bündnis 90/Die Grünen zu einem besonderen Rundgang. Mit von der Partie ist Rollatorfahrerin Inge Hübers und Rollstuhlfahrer Marvin Maas. Gemeinsam mit den Politikern wollen die beiden einmal testen wie behindertenfreundlich die Rheinstadt wirklich ist. „Es hat sich schon Einiges getan“, so Fraktionschefin Sabine Siebers.

Und dann folgt das große „Aber“. Denn: „Jede nur so kleine Kante ist ein Hindernis.“ Gabi Hövelmann ergänzt, dass sie jüngst erst mit behinderten Mitmenschen eine Ferienfreizeit in Eindhoven besuchte: „Da ist alles behindertengerecht. Und dann kommt man hier in einer andere Welt.“ Vom jungen Marvin Maas gibt’s einen tiefen Seufzer: „Es sind zu viele Dinge, wo ich nicht weiterkomme.“ Ratsmitglied Herbert Kaiser kommt gerade vom Stromland unterhalb der Kirche zurück und berichtet, dass sogar Radfahrer bei diesem Kopfsteinpflaster ein großes Problem hätten den Bereich zu passieren. Der Echttest kann beginnen!

Die Wege werden genau gewählt

Über die Erfahrungen tauschen sich Die Grünen und Betroffene aus.
Über die Erfahrungen tauschen sich Die Grünen und Betroffene aus. © Konrad Flintrop

Marvin macht sich über die Rampe auf den Weg zum Stromland. „Zieh die Bremse rechtzeitig“, ruft ihm seine Mutter hinterher. Inge Hübers folgt mit ihrem Rollator. Soweit so gut. Doch unten angekommen und das erste Stück über den holperigen Pflasterweg absolviert, heißt es von der Rollatorfahrerin: „Man wird durchgeschockelt und meine Gelenke tun mir weh.“ Es sei total anstrengend, weiß Marvin. „So kleine Huppel machen es schon aus“, ergänzt Mutter Regina: „Soll ich dich lieber schieben?“ Ein kurzes „Ja“ von Marvin signalisiert, dass es einfach zu viel für ihn ist. Der Weg muss immer genau gewählt werden, wo geht es einfacher und wo nicht.

Unebenheiten sind ein Problem

Über die Rheinpromenade geht es weiter zur Fährstraße. An einem Gitterrost an der Ecke zur Flaniermeile angekommen, heißt es unisono: „Da kommt Marvin nie drüber.“ Klappt auch nicht, der junge Mann schüttelt den Kopf. Verschnaufen ist kurze Zeit für Inge Hübers, die auch mit Mühe und Not die Betonplatten kombiniert mit holprigen Pflastersteinen passiert, in Höhe der Steinstraße angesagt.

Währenddessen ist Marvin auf dem Bürgersteig der Königstraße unterwegs. „Zu eng“, stellt der Rollifahrer fest und kehrt zur Gruppe zurück. Während es weitergeht in Richtung Alter Markt wird vermehrt auf zugeparkte Bürgersteige und wild umherstehende Fahrräder hingewiesen. „Versuch es nochmal“, ermutigt Regina Maas ihren Sohn die klitzekleine Unebenheit am Durchgang Onder de Poort zur Stadtplatte zu befahren. „Geht wieder nicht“, erklärt Marvin achselzuckend.

Als Gabi Hövelmann versucht den Rollstuhl in Richtung Promenade zu bewegen, merkt sie selbst wie enorm der Widerstand dort ist. Dabei sind es nur Millimeter.

Ratsantrag bereits gestellt

Fazit: Mit einem Ratsantrag wollen Die Grünen auf die Probleme der Barrierefreiheit in der City aufmerksam machen. Und dieser flatterte bereits am Tag des Echttests im Rathaus bei Bürgermeister Peter Hinze ein.

Die Grünen wünschen, dass Maßnahmen zur Barrierefreiheit umgesetzt werden, inklusive der Anregungen aus dem Rundgang. Die Begründung: „Die Barrierefreiheit ist eine Grundvoraussetzung für die Eigenständigkeit, Mobilität und Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen Leben unserer Stadt. Sie nutzt nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch Senioren, Kindern, Eltern mit Kinderwagen und Menschen, die nur vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind.“ Zugleich übermitteln Die Grünen einen von der Aktion Mensch entwickelten Test zur Barrierefreiheit als Arbeitsgrundlage für notwendige Verbesserungsmaßnahmen. Gegebenenfalls wäre auch die Einrichtung einer Arbeitsgruppe hilfreich.

>> DER ECHTTEST

Wie praktisch, dachte sich Grünen-Fraktionschefin Sabine Siebers, und nutzte den Echttest „Gemeinsam für ein barrierefreie Stadt“ der Aktion Mensch. Dazu gibt es eine Checkliste, die abgearbeitet werden konnte.

Auch wenn Sommerpause herrscht, so soll der Grünen-Antrag danach im Ausschuss für Stadtentwicklung auf die Tagesordnung kommen. Dann mit Bild- und Videomaterial vom Echttest von Herbert Kaiser.