Werth. . Der 34-jährige Dr. Maurice Selhorst übernimmt die Praxis von Dr. Hannes Benninghoff in Werth. Wie ein Anruf im Stau die Sache ins Rollen bringt.
Es ist ein kalter später Nachmittag im Januar. Dr. Maurice Selhorst will nach Hause. Seine kleine Tochter feiert ihren zweiten Geburtstag. Doch der Mediziner steckt auf der A40 im Stau. Nichts geht mehr.
Plötzlich klingelt das Handy. Am anderen Ende der Leitung meldet sich Michael Carbanje. Der heutige Isselburger Bürgermeister hat gerade einen Wahlkampftermin hinter sich und dabei mit den Schwiegereltern von Selhorst gesprochen.
„Wir waren uns sofort sympathisch“, sagt der Mediziner rückblickend. Der erste Anruf im Stau hat Früchte getragen. Denn Dr. Maurice Selhorst wird sich als Arzt in Isselburg niederlassen. Genauer gesagt übernimmt der 34-Jährige die Praxis von Dr. Hannes Benninghoff in Werth.
Die Mitarbeiter werden übernommen
Aktuell wird die Praxis renoviert und modernisiert. Mitte Juni kommt die Innenausstattung und EDV wird installiert. Die bisherigen drei Mitarbeiter werden übernommen. „Ich plane, das Personal noch aufzustocken“, verrät der Arzt, der im Juli starten will.
Selhorst stammt gebürtig aus Iserlohn. An der Medizinischen Universität in Innsbruck studiert er von 2005 bis 2011 Humanmedizin. „Es war eine wundervolle Zeit in Tirol“, erinnert sich der Mediziner, der nach seinem Studium an der Uni-Klinik in Bochum anfängt.
Es folgt eine Station in einem kleinen Krankenhaus in Kamen. Danach führt ihn sein beruflicher Werdegang als Oberarzt an ein Hospital in Dortmund ehe es zurück nach Bochum geht.
Der Arzt bekommt die städtische Förderung
„Ich habe mich dann entschieden, dass ich mich niederlassen will“, so Selhorst der als Facharzt für Innere Medizin, Notfall- und Palliativmedizin über eine ausgewiesen große Qualifikation verfügt. Zudem wirkt er als Ethikberater im Gesundheitswesen. „Eine Kernkompetenz ist, dass ich Leiden lindern möchte“, so der neuer Werther Hausarzt.
Dass sich Selhorst für die Stadt Isselburg entschieden hat, liegt durchaus an mehreren Faktoren. Unter anderem wird er auch die volle Förderung aus dem Stadtsäckel von 50.000 Euro erhalten, die durch das TV-Magazin „Hart aber fair“ bundesweite Bekanntheit als Fangprämie gemacht hat (die NRZ berichtete).
„Der Begriff gefällt mir nicht. Wir Mediziner sind Menschen und keine Fische“, sagt Selhorst, der auch ausdrücklich den Einsatz von Bürgermeister Michael Carbanje und Fachbereichsleiter Frank Schaffeld lobt, die neben bürokratischen Hilfen ganz praktisch unterstützen.
Der neue Nachbar des Bürgermeisters
Ein Beispiel: Als Michael Carbanje hört, dass in seiner Nachbarschaft ein Haus verkauft wird, informiert er umgehend Selhorst. Der neue Landarzt und der Bürgermeister werden somit in Zukunft Nachbarn, wenn Selhorst mit seiner schwangeren Frau und der kleinen Tochter nach Isselburg zieht.
„Wir arbeiten daran, dass er nicht der letzte Arzt ist, der nach Isselburg kommt“, so Carbanje. Denn eins ist klar, mit Selhorst ist der drohende Ärztemangel nicht behoben. „Ich bin ein Arzt, der einen anderen ersetzt, das ist nach wie vor ein Nullsummenspiel“, so Selhorst.
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Ein Mann mit der Qualifikation von Dr. Maurice Selhorst kann sich sein Arbeitsfeld aussuchen. Dass in Isselburg auch mit den städtischen Fördermitteln die Rahmenbedingungen stimmen, ist ein Entscheidungsfaktor.
Doch die Grundproblematik bleibt. Viele junge Mediziner haben Ressentiments, aufs Land zu gehen. Vielleicht kann Selhorst im Kollegenkreis als Multiplikator auftreten, denn weitere Praxisaufgaben aufgrund des Alters der ansässigen Hausärzte sind absehbar. Die Niederlassung von Selhorst kann nur ein Anfang sein, der Versorgungs-Gau droht sonst weiterhin.
Von Thorsten Tenbörg