Emmerich/Kleve. . Die Kreis Kleve Bauverwaltungs GmbH soll bezahlbaren Wohnraum in der Region schaffen. Dazu wird aber auch Kritik laut.

Benötigt der Kreis Kleve wirklich eine eigene Wohnungsbaugesellschaft? Ralf Klapdor, Fraktionssprecher der FDP im Kreistag, ist da sehr skeptisch. In seiner Haushaltsrede äußerte der Liberale seine grundsätzliche Skepsis, eine neue Wohnungsbaugesellschaft aufzubauen. Vielmehr solle man den Marktteilnehmern einen sozialen Wohnungsbau zutrauen. „Die Förderungen im Wohnungsbau haben sich von 2015 auf 2017 verdreifacht! Könnte man eine solche Dynamik verstetigen, würde dies den Trend der letzten Jahre umkehren und es gäbe wieder einen Zuwachs geförderter Wohnungen“, so Klapdor.

Gegen die Altersarmut

Die von der Kreisverwaltung vorgeschlagene Kreis Kleve Bauverwaltungs GmbH verursache nur Kosten für einen weiteren Geschäftsführer und habe einen ungewissen Nutzen, so Klapdor. Man solle erst feststellen, wo es im Kreis überhaupt einen Bedarf an sozialen Wohnungsbau gebe: „Ist das ein kreisweites Problem oder nur für die größeren Städte Kleve, Emmerich und Geldern?“, fragt Klapdor.

Mit dieser Meinung stehen die Freidemokraten im Kreistag allerdings ziemlich alleine da. Alle anderen Fraktionen begrüßen ein Engagement des Kreises. Ulrike Ulrich, Fraktionsvorsitzende der CDU: „Als zweitem Geschäftsfeld innerhalb der KKB soll sie dem Rückgang an bezahlbarem Wohnraum etwas entgegensetzen. Hier geht es um soziale Verantwortung, auch mit Blick auf die zunehmende Altersarmut.“ Ulrich führt an, dass der Bestand an Mietwohnungen in den vergangenen Jahren stark zurückgegangen sei. Standen im Jahr 2008 noch 5799 Mietwohnungen im Kreis Kleve zur Verfügung, sind es in 2018 gerade mal 2344.

Bestand geht zurück

Gleichzeitig gehe der Bestand an gefördertem Wohnraum zurück. „Das ist ein bundesweiter Trend. Der Kreis Kleve gibt jährlich rund 46 Millionen Euro für die Unterkunft von SGB-II-Beziehern aus - und die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum steigt. Wenn wir hier nichts machen, würden die Kosten in diesem Bereich weiter steigen“, so Ulrich. „Die Idee, eine Wohnungsbaugesellschaft zu gründen, ist daher sozialpolitisch naheliegend und auch ökonomisch sinnvoll.“

Ulrich sieht auch eine zunehmende Konkurrenzsituation auf dem Markt. Menschen, die von kleinen Renten leben müssen, Geringverdiener, SGB-II-Bezieher, Alleinerziehende, Studierende und Flüchtlinge bewegen sich auf dem gleichen Wohnungsmarkt. „Der Bedarf ist riesig, nicht zuletzt die Versingelung der Gesellschaft und der Zuzug aus Osteuropa machen die Lage weiter schwierig.“

Vor zwei Jahren wurde ein Gutachten gefordert

Die Kreis-SPD wertet das Engagement als einen Erfolg ihrer Politik: „Seit 2010 bearbeiten wir dieses Thema als SPD regelmäßig mit Anfragen, Anträgen und Veranstaltungen. Wir hatten dabei unterschiedliche Schwerpunkte, klar war aber immer, es fehlen kleine, bezahlbare Wohnungen“, sagt Thorsten Rupp im Kreistag. Er erinnerte daran, dass man bereits vor zwei Jahren einen Antrag für ein Gutachten zur Wohnungsmarktsituation gestellt habe und dieser sei abgelehnt worden: „Wenn die FDP sich jetzt über eine angeblich fehlende Faktenlage beschwert, hätte sie damals unserem Antrag besser mal zugestimmt oder sich mittlerweile wenigstens mal schlau machen sollen“, so Rupp.

Bürokratische Hürden abbauen

Doch wie sehen die bestehenden Wohnungsbaugesellschaften das Engagement des Kreises Kleve? Michael Dorißen, Geschäftsführer der Klever Wohnungsbaugesellschaft Gewoge, sieht eine weitere Gesellschaft auf dem Markt skeptisch. Für Kleve erkennt er einen enormen Wohnungsboom in der Unterstadt. Am Bahnhof, auf dem Gelände der Margarine-Union und an der Briener Straße werden derzeit viele Wohnungen errichtet – auch Sozialwohnungen. „Es ist die Frage, ob wir da noch weitere Sozialwohnungen benötigen“, so Dorißen. Er hätte sich auch eine Überlegung des Kreises gewünscht, sich an den bestehenden Wohnungsbaugesellschaften finanziell zu beteiligen. Er erinnert daran, dass der Kreis dies in der Vergangenheit getan habe und eine Rendite von vier Prozent nicht ausreichend war: „Heute sieht man das offenbar anders“, so Dorißen.

Man müsse sich allerdings fragen, wo die ganzen Baugrundstücke herkommen sollen: „Um ehrlich zu sein, kann ich die Absichten des Kreises nicht nachvollziehen“, so Dorißen. Dass der soziale Wohnungsbau in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist, hänge auch mit der günstigen Zinslage zusammen. Zum Teil unterbieten die Marktzinsen die von der NRW.Bank angebotenen Konditionen. „Viele Investoren scheuen dann den Weg der Bürokratie“, so Dorißen. Hier sollte man grundsätzlich darüber diskutieren, ob man hier die bürokratischen Hürden nicht senkt und wie man zu schnelleren Baugenehmigungsprozessen kommen kann.