Kreis Kleve. Margarete Dytkowice schreibt ihre Doktorarbeit über die possierlichen Nager. Sie schätzt, dass mittlerweile über 300 Tiere im Kreis Kleve leben.
Margarete Dytkowicz schätzt, dass es im Kreis Kleve mittlerweile 300 Biber gibt. Die 30-jährige Mitarbeiterin der Hochschule Rhein-Waal schreibt gerade an einer Doktorarbeit über die Bibervorkommen am unteren Niederrhein und hat dafür exemplarisch acht Gewässer im Kreis Kleve untersucht. „Biberspuren findet man mittlerweile überall“, erzählt Dytkowicz der NRZ. In den vergangenen zehn Jahren habe die Population schlagartig zugenommen.
In Emmerich lassen sich die Tiere entlang der Löwenberger Landwehr feststellen und auch in einem künstlichen Gewässer entlang der B8 (Höhe Gewerbepark Stadtweide) hat sie Fraßspuren von Bibern finden können: „Die Tiere fühlen sich hier offenbar sehr wohl. Der Niederrhein ist eine gewässerreiche Region und das Nahrungsangebot ist gut.“
Der Biber ist stark geschützt
Das bestätigt auch Martin Brüne vom Naturschutzzentrum in Rees-Bienen. „Der Biber hat sich deutlich ausgebreitet. Lange Zeit war er ja verschwunden, aber die Populationen der Elbebiber sind klar auf dem Vormarsch.“ Das liegt auch daran, dass der Biber in Europa sehr stark geschützt wird.
Als sogenannte FFH-Art (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) darf er nicht gestört, verfolgt oder gar geschossen werden. „Überall dort, wo ein Biber vorkommt, gibt es automatisch eine Biberschutzzone“, sagt Brüne. Das hat auch zur Folge, dass Nutria nicht mehr so ohne weiteres geschossen werden dürfen. Seit vielen Jahren werden die Tiere mit Lebendfallen eingefangen und dann erlegt.
Beeindruckend, wie sie sich ihren Lebensraum schaffen
Reiner Vermeulen ist fasziniert von diesen Tieren. Ihre Spuren sind auch auf dem Gelände des Angelsportvereins in Kleve-Rindern überall zu finden, nur zu Gesicht bekommt man die nachtaktiven Nager höchst selten.
Reiner Vermeulen gehört zu den glücklichen Naturbeobachtern, die bereits mehrmals Biber rund um die Baggerlöcher sichten konnten. Seit Jahren unterhält er als Gewässerwart die Kolke und hat die Tiere schätzen gelernt: „Ich finde es beeindruckend zu sehen, wie sie sich ihren Lebensraum selbst schaffen“, sagt der Hobbyangler.
Die Gewässer gefallen
Und in der Tat: Die Biber sind stark im Einsatz. An den Ufern der Gewässer lassen sich zahlreiche abgenagte Weiden, Erlen und Haselnüsse finden, deren Rinde zur Leibspeise der Nager gehören. Noch stauen nur wenige Biber auch Gewässer an: „Das heißt, dass die Gewässersituation im Kreis Kleve gut ist“, sagt die Promovendin Margarete Dytkowicz. Während ihrer Begehungen hat sie nur einen Staudamm eines Bibers finden können: in einem kleinen Flüsschen in Goch-Hassum.
Den ersten Castor fiber, so der lateinische Fachname, hat Reiner Vermeulen bereits 1998 in Kleve entdecken können. „Die Niederländer haben 1996 bei Kekerdom mehrere Elbebiber ausgesetzt, die sich sehr gut vermehrt haben.
Mittlerweile haben wir in Kleve, Emmerich, Kessel und Bislich größere Populationen“, erzählt er. Die Elbebiber haben sich auch am Wylermeer in Kranenburg niedergelassen, in Rindern, am Kermisdahl in Kleve und in Moyland. „Sie lieben die wasserreiche Gegend und mögen es, wenn der Wasserspiegel konstant bleibt“.
Ausweitung von Biberschutzzonen stieß auf Kritik
Reiner Vermeulen kennt mittlerweile seine Biberburgen. Entweder verraten die typischen Holzhaufen am Ufer, wo sich der Eingang der Behausung befindet oder die kleinen Löcher auf den Wegen deuten an, dass sich unter der Lehmschicht eine eingefallene Burg befindet. Auch die typischen „Biberrutschen“ lassen sich auf dem 20 Hektar großen Anglergelände finden.
Jedes Mal, wenn die Nager die Böschung auf und ab marschieren, legen sie mit ihrem breiten Biberschwanz eine kleine Rutsche an, die sie dann auch gerne nutzen, um sich ins Wasser gleiten zu lassen. „Ich finde es wichtig, den Menschen so viel wie möglich über diese Tiere zu vermitteln. Denn nur mit Wissen kann man sie auch schützen“, sagt Biberfreund Vermeulen.
Und das sei auch notwendig. Denn der Hobbyangler hört auch andere Stimmen über das starke Bibervorkommen: Die Tiere zerstören die Bäume, sie vertreiben die Fische, ihre Population nimmt Überhand. Als Vermeulen beim Kreis Kleve eine Ausweitung der Biberschutzzone beantragen wollte, musste er sich auch von einigen Bekannten Kritik anhören.
„Biber sind gut für die Angler“
Gerne werde dann darauf hingewiesen, dass man mit den Bibern auch die Nutria schütze, die man im Wasser kaum von einem Biber unterscheiden könne. Daher dürfen die Nutriafänger seit 2009 nur noch Lebendfallen aufstellen, um die Ratten zu dezimieren. Dass Jäger seit 2008 keine Nutria mehr im Wasser schießen dürfen, habe man erst kürzlich noch jemandem erklären müssen.
„Biber sind gut für uns Angler“, sagt Vermeulen. Denn überall dort, wo angenagte Bäume ins Wasser fallen, da bildet sich auch ein Lebensraum für andere Tiere: Schnecken, Muscheln, Würmer. „Das ist beste Nahrung für die Fische.“
>> GEDULD BRAUCHT, WER BIBER SEHEN WILL
Biber können bis zu 20 Jahre alt werden und nehmen manchmal eine stattliche Größe von 1,40 Meter an. Reiner Vermeulen besitzt Fotos, auf denen Weidenbäume auf einer Höhe von 1,20 Meter abgenagt worden sind: „Auf den Hinterbeinen aufgerichtet schafft der Biber so etwas“.
Gelegentlich lädt Reiner Vermeulen Gruppen zu einer kleinen Exkursion ein. Wenn Kinder dabei sind, werden diese schnell ungeduldig, hat er festgestellt: „Sie wollen natürlich auch mal ein lebendes Tier sehen. Wenn man sich ruhig verhält, dann sieht man sie auch.“
Wer für eine Führung Kontakt zu Reiner Vermeulen aufnehmen möchte, der meldet sich unter 02821/26770.