Emmerich. . Seit 1986 war Norbert Kohnen in der NRZ-Redaktion Emmerich tätig. 1992 übernahm er die Leitung. Jetzt geht’s für den 62-Jährigen in Rente.
- 31 Jahre hat er die Fragen gestellt, jetzt stellt Norbert Kohnen sich den Fragen
- Emmerichs Redaktionsleiter spricht über die Geschichten, die in Erinnerungen bleiben
- Nach dem Resturlaub geht’s zum 1. Januar 2018 in den passiven Teil der Altersteilzeit
Er ist das Gesicht der Presselandschaft im Raum Emmerich: Norbert Kohnen. 1986 wechselte der aus Rheinhausen stammende Journalist zur NRZ Emmerich. Es war seine erste Redakteursstelle. 1992 wurde er Redaktionsleiter. Nach 31 Jahren in Emmerich ist Schluss. Norbert Kohnen geht in den wohlverdienten Ruhestand. Dieses eine Mal beantwortet er die Fragen.
Norbert, Du warst über drei Jahrzehnte in der NRZ Emmerich tätig. Eine ganz schön lange Zeit...
...eine ganz schön lange Zeit. Die kann man zusammenfassen in 13 dicken Aktenordnern. Ich hatte die Angewohnheit, alle Artikel, die ich geschrieben habe, auszuschneiden und auf weißes Papier aufzukleben und in Leitz-Ordner aufzubewahren. Bis zum Schluss. Warum? Ich habe mir auf diese Weise ein privates Archiv angelegt und konnte zuhause mal nachgucken, wenn ich wusste, darüber habe ich geschrieben. Das war sehr hilfreich. Ich habe es mal grob überschlagen. In der Zeit habe ich etwa 9000 größere Artikel geschrieben. Von 1983 an, denn bevor ich nach Emmerich kam war ich schon drei Jahre im Lokaljournalismus tätig, als freier Mitarbeiter in Moers und als Volontär. Davor war ich etwa zehn Jahre lang als freier Mitarbeiter im Lokalsport tätig.1972 als 16-, 17-Jähriger Schüler habe ich beim Sport in Moers angefangen, habe Tabellen ausgerechnet, Kreisliga A und B geschrieben. Ich glaube, ich habe damals so 20 bis 50 Mark verdient, pro Sonntag.
Bei 9000 Artikeln, was ist am meisten hängen geblieben?
Drei Themen sind mir in der Zeit besonders in Erinnerung geblieben. Einmal die Auswirkungen des EU-Binnenmarktes und des Schengener Abkommens auf die Grenzregion. Zirka 1000 Arbeitsplätze, kann man heute sagen, sind dadurch weggefallen. Zugleich haben sich die Grenzen geöffnet: freie Fahrt! Das Thema war ein großer Schwerpunkt, die Auswirkungen für Speditionen, für den Zoll, für die Bundespolizei – das war spannend.
Dann die Betuwe-Route. Die verfolgt mich seit 1992 bis heute. Bauen die Holländer das Ding überhaupt? Haben wir uns damals gefragt. Ja, sie haben sie gebaut und 2007 eingeweiht. Und wir sind gerade erst mittendrin.
Das dritte Thema ist der große Kirchenstreit ab 2011. Da war einiges los hier.
Gibt’s Berichte, die Du aus heutiger Sicht besser nicht geschrieben hättest?
Eigentlich nicht. Es kam natürlich vor, dass nachher Leute sagten: „Wie konnten Sie nur?“ Aber da muss man durch. Da spielten auch persönliche Dinge mit, von denen ich keine Ahnung hatte, die die Leute dann haben geltend machen wollen. Aber ich bereue eigentlich keine Berichte.
Hättest Du einen Masterplan für Emmerich?
Nein. Aber ich habe den Eindruck, als die CDU und die SPD in den 90ern eine Rathaus-Koalition gegründet hatten, nach turbulenten Jahren davor, wo es keine klaren Mehrheiten gab: Das tat Emmerich ganz gut. Es fielen wichtige Entscheidungen, etwa zum Hochwasserschutz, später die Gestaltung der Rheinpromenade. Einen Masterplan für Emmerich habe ich nicht, aber manchmal wünsche ich mir etwas mehr Mut, Mut mit Augenmaß der Politiker, denn der Kämmerer fängt sie nachher sowieso schon wieder ein.
In Emmerich kennt man dich an jeder Ecke. Deshalb gehst Du an deinen freien Tagen auch häufiger mal in andere Städte. Wie wird das als Rentner sein?
Da gehe ich ganz unbefangen dran. Ich hoffe, dass mich noch ein paar Leute grüßen, auch wenn ich keine Funktion mehr habe. Ich habe mich ja nie versteckt vor den Lesern, aber es stimmt schon, man braucht schon mal Abstand, um Abschalten zu können. Das konnte ich hier wirklich nicht.
Würdest Du heute sagen, Emmerich ist deine Heimat?
(überlegt, antwortet dann überzeugt) ... Ja! Sie ist es geworden. Ich wohne gerne da, wo ich wohne, in Leegmeer.
Wie siehst Du den Journalismus von morgen?
Unmöglich zu prophezeien. Ich hätte mir vor zehn Jahren nicht vorstellen können, wie schnell sich das Rad dreht. Es ist kein Geheimnis, die Leser werden weniger. Wir müssen die Leute von unserer Relevanz überzeugen, dass wir am Ort wichtig sind, dass wir für sie da sind. Ich sehe nicht schwarz für den Journalismus, aber ob die gedruckte Tageszeitung auf Ewigkeit Bestand hat, das weiß ich nicht. Ansonsten bin ich optimistisch gestimmt.
Warum sollte man diesen Beruf wählen?
Weil die Neugierde zur menschlichen Natur dazu gehört. Manche können diese Neugierde auch journalistisch befriedigen. Das ist unsere Aufgabe. Wir haben eine Existenzberechtigung.
Wie sieht deine Zukunft aus?
Keine Ahnung. Ruhestand, Altersteilzeit, sowas lernt man ja nicht in einem Kurs bei der VHS oder beim Haus der Familie. Da muss jeder seinen Weg finden. Ich muss ihn erst noch finden. Ich könnte mir vorstellen, dass es schwer wird von 100 auf 0 zu kommen und Abstand zu finden. Es ist nicht so einfach neue Dinge zu entdecken. Ich könnte mir vorstellen, dass diese auf mich zukommen. Ansonsten: Reisen, Reisen, Reisen!
Also ändert sich nichts!
(Lacht) Richtig, jetzt habe ich vielleicht ein bisschen mehr Zeit dafür.
Lieber Norbert, das Redaktions-Team möchte sich ganz herzlich für alles bedanken. Es war eine schöne Zeit. Auf ein Wiedersehen!
MARIA RAUDSZUS ÜBERNIMMT
Maria Raudszus übernimmt als stellv. Redaktionsleiterin bis Jahresende kommissarisch die Leitung. Norbert Kohnen tritt offiziell am 1. Januar die passive Altersteilzeitphase an. Da er noch Resturlaub hat, ist er jetzt nicht mehr im Einsatz für die NRZ.
Norbert Kohnens erster Termin für die NRZ Emmerich im November 1986 war die Einweihung der Post in Isselburg. Später am Tag folgte die Jungfernfahrt mit dem Bürgerbus nach Dornick. Am Ziel spendierte Ortsvorsteher Paul Boß ein Elf-Ührken