Emmerich. . Bürgermeister Franz Wolters wünschte sich ein „großes Haus der kleinen Preise“. Das Einkaufsvergnügen währte aber gerade einmal 22 Jahre.

  • Bürgermeister Franz Wolters wünschte sich ein „großes Haus der kleinen Preise“
  • Es gab einen großen Ansturm am Eröffnungstag im September 1977
  • Das Einkaufsvergnügen am Neumarkt währte aber gerade einmal 22 Jahre

An Superlativen wird nicht gespart. „Morgen steht Emmerich Kopf“, prangt es in dicken Lettern von einer Anzeige, die die NRZ vor 40 Jahren druckte. Und weiter: „Kauf-Center eröffnet um 9.00 Uhr!“ Die Emmericher bekamen am 8. September 1977 am Neumarkt ihr großes Kaufhaus, das ein Sortiment umfasste, das beinahe alle Lebensbereiche abdecken sollte.

Der lokale Einzelhandel war mit im Boot

Neben dem großen Supermarkt versprachen sich auch Teile des lokalansässigen Einzelhandels gute Geschäfte am Neumarkt. Das alteingesessene Schuhhaus Peters eröffnete eine Dependance in dem Gebäude. Zudem boten Teppich Jäger und die Bäckerei Teutenberg dort ihre Waren an. Auch der Schlüsseldienst Mister Minit und Textil-Sinn waren bei der Eröffnung in der unteren Etage des Gebäudes integriert. Erst gut einen Monat später eröffnete das Kino mit seinen beiden Sälen, wo jeweils 99 Zuschauer Platz fanden. Auch die Praxisräume auf der Seite zum Neuen Steinweg, in denen Dr. Georg von Ewald und Dr. Dieter Stohr bis zum Abriss des Gebäudes die Stellung hielten, wurden erst später fertiggestellt.

Ein Bild aus der NRZ im Jahr 1977 von der offiziellen Eröfnungsfeier.
Ein Bild aus der NRZ im Jahr 1977 von der offiziellen Eröfnungsfeier. © Dirk Schuster

Von daher konzentrierte sich am 8. September alles auf die Eröffnung des Kauf-Centers. Schon Wochen zuvor hatte sich in den Emmericher Familien rumgesprochen, dass am Eröffnungstag enorme Schnäppchen locken sollten. Zwar war der Spruch „Geiz ist geil“ in den 70er-Jahren noch völlig unbekannt und das letzte Wort trieb der braven Hausfrau zu dieser Zeit auch noch die Schamesröte ins Gesicht, aber der Groschen wurde geehrt.

Vor allem Fleischwaren wurden zur Eröffnung beworben

So wünschte sich der damalige Bürgermeister Franz Wolters, dass das Kauf-Center „ein großes Haus der kleinen Preise“ werde.

Vor allem Fleischwaren wurden zur Eröffnung mit utopischen Niedrigpreisen beworben. Um die Metzgereitheke, die sich vom Eingang ausgesehen auf der gegenüberliegenden Gebäudeseite befand, tummelten sich dann auch die Menschen. Aus einer roten Vorrichtung wurden Wartenummern gezogen, die dann aufgerufen wurden. Der Ansturm war so groß, dass es teilweise eine Wartezeit von mehr als zwei Stunden für die Kunden gab.

Die kleinen Besucher entdeckten schnell die Rolltreppe

Die kleineren Besucher interessierte das weniger. Denn sie hatten schnell eine andere Attraktion ausgemacht: Emmerichs erste – und bis heute einzige – Rolltreppe. Sie führte ins obere Stockwerk, wo Kinder und Jugendliche ohnehin Artikel fanden, die mehr ihr Interesse erregten: Spielsachen, Poster und Musikinstrumente.

80 Mitarbeiter räumten 30 000 Artikel ein

In der Woche vor der großen Eröffnung galt es, die Regale zu bestücken. 80 Mitarbeiter räumten 30 000 Artikel ein. Die Verkaufsfläche betrug 4000 Quadratmeter. Zwar wurde beim offiziellen Festakt von einer Rekordbauzeit gesprochen, doch bis zur Fertigstellung gab es viele Hürden zu überspringen. Bürgermeister Wolters nannte es dann auch eine „Zangengeburt“, denn der Bau bedeutete auch den Abschluss der in den 1960er-Jahren eingeleiteten Sanierung dieses Bereichs.

Später wurde es in Rewe-Center umbenannt.
Später wurde es in Rewe-Center umbenannt. © Schuster

Wie auch immer, ein Bau für die Ewigkeit wurde es nicht. Was aber wohl keiner der geladenen Gäste aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft beim Festakt vermutet hätte, wurde genau 22 Jahre später wahr. Rewe zog ins neue Rheinpark-Center. Leer zurück blieb das Gebäude am Neumarkt. Im Jahr 2014 wurde die Ruine abgebrochen. Wann, ob und wie es am Neumarkt weitergeht, steht aktuell in den Sternen.

NOCH FEHLT DEM INVESTOR DAS BAURECHT

Um am Neumarkt aktiv zu werden, fehlt Investor Josef Schoofs noch das nötige Baurecht. Alle Unterlagen dafür liegen beim Bauamt der Stadt zur Prüfung vor. Diese sei, so Stadtsprecher Tim Terhorst, nun auf der Zielgeraden. Hat Schoofs Baurecht, kann er theoretisch loslegen.

Das wird allerdings nicht sofort geschehen. Schließlich müssen erst Verträge mit Firmen gemacht werden. Mit Erteilung des Baurechts beginnt eine Frist. Binnen sechs Monaten muss Schoofs mit der Bautätigkeit beginnen.