Emmerich. . Vertreter des Willibrord-Spitals erklärten Emmericher Ratsmitglieder beim Krankenhaus-Gipfel über Turbulenzen in jüngster Vergangenheit auf.

Es gab Redebedarf. Zu einem Krankenhaus-Gipfel – man mag es vielleicht sogar einen gefühlten Krisengipfel nennen – kamen am Mittwoch der Rat der Stadt Emmerich und Vertreter des Emmericher Willibrord-Spitals im Rathaus zusammen. Alle Themen kamen auf den Tisch.

Dr. Dieter Morlock, Pro Homine Geschäftsführer, Prof Dr. Joachim van Alst, ärztlicher Direktor und Dr. Roland Hilgenpahl, Chefarzt Orthopädie/Unfallchirurgie beantworteten viele Fragen. Am Ende konnte mit vielen Gerüchten aufgeräumt werden. Und einige Perspektiven wurden eröffnet.

Zunächst erklärte Morlock jüngste Entwicklungen, öffentlich eher als Turbulenzen wahrgenommen. Pro Homine, der Verbund zu dem das Willibrord-Spital gehört, müsse als freigemeinnütziger Träger wirtschaftlich arbeiten. Nur durch Überschüsse könne man sich Investitionen leisten. Aus staatlichen Förderungen allein sei keine Sanierung mehr zu finanzieren. Wie bundesweit herrsche auch in Emmerich Sanierungsstau. Refinanzierung aus eigenen Leistungen? „Das ist beim Willibrord-Spital seit ein paar Jahren nicht gegeben“, sagt Morlock.

Bald gibt’s W-Lan im Spital

Zur Schließung der Gynäkologie zum 30. Juni: Durch die Fallpauschalen kann das Spital pro Geburt nur fix 2500 Euro einnehmen; der Aufwand dahinter sei aber variabel. Die komplette Infrastruktur müsse 24 Stunden am Tag vorgehalten werden. Dies, so die Krankenkassen, sei ab 1000 Geburten im Jahr wirtschaftlich machbar. Emmerich kam zuletzt auf 487 Geburten. Viel zu wenig. „Das Defizit der Abteilung lag bei einer hohen sechsstelligen Summe pro Jahr; ohne Aussicht auf Besserung“, so Morlock.

Bürgermeister Peter Hinze (Mitte) moderierte die Gespräche.
Bürgermeister Peter Hinze (Mitte) moderierte die Gespräche. © Klaus-Dieter Stade

Dazu kam eine schwierige personelle Lage: Ärzte und Geburtshelfer seien Mangelware, schilderte Morlock. Antoni Wallner und sein Oberarzt hätten je 180 24-Stunden-Dienste pro Jahr leisten müssen. Ersatz für den kurz vor der Rente stehenden Wallner war nicht in Sicht.

Schließung der Gynäkologie schlug große Wellen

Ferner gab es einen hohen Investitionsbedarf in den Bau aus den 60ern. Das Spital hatte die Chance von einem Strukturfonds des Bundes zu profitieren, der inzwischen geschlossen wurde (Mittel verbraucht). Damit konnte die Umnutzung der Räume finanziert werden.

Allediese Faktoren führten zur Schließung der Gynäkologie. „Sie war schmerzlich, aber medizinisch vollkommen richtig. Wir haben auch die Schwächen der Struktur erkannt“, sagte van Alst. Kein Mitarbeiter wurde betriebsbedingt entlassen. Die Versorgung wird im Verbund erhalten. Morlock räumte ein: „Das hat große Wellen geschlagen, in den Medien und in den sozialen Medien.“ Womöglich ührte dies durch die zeitlich nah liegende Zusammenlegung der Unfallchirurgie und der Orthopädie zum 1. April insgesamt zu dem Eindruck: Mit dem Willibrord-Spital geht’s bergab. „Und wann schließen wir?“, rief Werner Spiegelhoff (CDU) hinein. Dazu Dr. Hilgenpahl: „Das ist ein Tanker. Der geht nicht unter.“

Was die Politiker fragten

Die Wirbelsäulenchirurgie zog um, damit der Trakt saniert werden kann. Dadurch, womöglich nicht ausreichend „beschildert“, entstand im Straßengespräch, das man in Emmerich ja gut beherrscht, das Gerücht, die Abteilung schließe: „Mit Nichten, sie wird modernisiert“, stellte Morlock klar. Dann folgten die Fragen der Politiker:

Gerd Bartels (UWE): „Für welche Abteilungen im Spital gibt es über 2020 hinaus eine Bestandsgarantie?“ Hilgenpahl: „Für alle.“

Ob für Emmerich ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) wie in Rees geplant sei, um die hausärztliche Versorgung zu sichern, wollte Bartels wissen. Morlock: „Wir sind seit zwei Jahren in konkreten Verhandlungen dazu.“ Eine Zweigstelle des MVZ in Emmerich sei angedacht. Obwohl damit kein Geld zu verdienen sei.

Udo Tepaß (BGE) bemängelte, dass es für Privatpatienten kaum modernen Einbettzimmer gebe, was solche Patienten oft abhalte nach Emmerich zu kommen. Van Alst: „Ja, es ist ein strukturelles Problem. Die Schließung der Geburtshilfe ermöglicht uns dieses Problem anzugehen.“ Morlock: „Da haben wir Nachholbedarf. Wir warten noch auf Fördermittel. Alleine können wir es nicht finanzieren.“

Irmgard Kulka (CDU): „Gibt es weitere defizitäre Bereiche im Spital?“ Morlock: „Es gibt hier Bereiche, wo wir Potenziale sehen. Ich kann nicht über Zahlen sprechen.“

Ludger Gerritschen (SPD): „Wird das Schlaflabor geschlossen?“ Morlock: Es herrsche hier allgemein ein erheblicher Kostendruck. Eine Lösung sei im Moment nicht in Sicht, „aber das ist kein großes Problem“.

Joachim Sigmund (BGE): „Wie hoch ist der Investitionsstau in Emmerich?“ Morlock wollte keine Zahlen nennen. Es müssten Millionen zurückgestellt werde für Investitionen: „Auch für Sekundärbereiche wie die Küche oder die Sterilisation. Hier ist eine Zentralisierung geplant für Pro Homine in Emmerich. Auch eine Umgestaltung des Eingangsbereiches steht an.“ Ferner laufe die Digitalisierung des Krankenhauses: flächendeckendes W-Lan, elektronische Visiten und Patientenakten seien das Ziel.

Gerd Gertsen (CDU): „Ist ein Hospiz in Emmerich denkbar?“ Morlock: Nicht ausgeschlossen.“