Emmerich. . Die Politik in Emmerich sorgt sich um Qualität der Supermärkte, da diese kaum erweitert werden können. Woran die Wünsche der Politiker scheitern.
Wie sieht das nächste Einzelhandelskonzept (EHK) der Stadt Emmerich aus? Darüber hat der Ausschuss für Stadtentwicklung erneut ausführlich diskutiert. Fazit: Die Politik ist über die Aussagen des Gutachters nicht glücklich.
Vier Prüfaufträge wurden abgearbeitet
Im Frühjahr hatten die Politiker weitere Prüfaufträge zur Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes beschlossen. Jens Nußbaum, Projektleiter des Büros Stadt + Handel, hat dem Ausschuss für Stadtentwicklung die Ergebnisse präsentiert. Und der Presse gesondert:
- 1. Die Politik möchte jetzt noch kein Nahversorgungszentrum an der Kaserne beschließen, da man ja noch nicht weiß, wie sich das Umfeld entwickelt. Allerdings lässt sich die Bezirksregierung jetzt auch noch nicht in die Karten gucken, wie es um eine künftige Ausweisung eines solchen Zentrums steht. Das müsste dann näher geprüft werden, wenn es aktuell ist. Stand heute wäre perspektivisch ein Nahversorgungsstandort, der also die Versorgung des Umfelds zum Zweck hat, möglich. Statt einem großen Vollsortimenter, so Nußbaum, wäre dann eher ein „normaler Supermarkt“ denkbar.
- 2. Könnte am ehemaligen Wemmer & Janßen-Areal an der Mennonitenstraße ein Fachmarktzentrum mit teilweise innenstadtrelevanten Sortimenten möglich sein? Man könnte das Areal in den Bereich der City einbeziehen, müsste allerdings eine Konkurrenz zum Zentrum verhindern, indem nur gewisse Sortimente erlaubt werden. Eine Kombination Fressnapf, Dänisches Bettenlager und Trinkgut wäre denkbar, so Nußbaum, nicht aber etwa ein Bekleidungsgeschäft. Aldi an der Hafenstraße sollte nicht einbezogen, sonst wäre eine den Zentrumshandel gefährdende Erweiterung des Aldi-Marktes kaum noch zu verhindern.
- 3. Wäre eine Vergrößerung von Kaufland an der Normannstraße von 2235 qm auf eine Verkaufsfläche knapp 3000 qm möglich? Hier habe die Bezirksregierung rechtliche Bedenken. Im Sinne der Nahversorgung wäre das „überdimensioniert, so Nußbaum. Da Kaufland hier für die Nahversorgung eine wichtige Rolle spiele, sei eine Vergrößerung um maximal zehn Prozent zum „proaktiven Schutz“ sinnvoll. Die bauliche Machbarkeit müsste Kaufland prüfen.
- 4. Könnte man Lebensmittelmärkte außerhalb der Innenstadt generell auf eine Fläche von 1200 Quadratmeter zulassen? Hier gibt’s ein klares Nein. „Die Einzelfallprüfung ist zwingend erforderlich“, sagt Nußbaum. Eine Erweiterung müsse bedarfsgerecht bleiben. Würde Emmerich so etwas ins Einzelhandelskonzept schreiben, wäre dies ein reiner „Papiertiger“, so Nußbaum.
Breitere Gänge werden dringend benötigt
CDU-Fraktionschef Matthias Reintjes brachte dann im Ausschuss die allgemeine Unzufrieden zum Ausdruck: „Ich bin nicht zufrieden, aber wir können uns über geltendes Recht nicht hinweg setzen.“
Etwa was die Erweiterung der Discounter außerhalb der Innenstadtkerns angeht: Die Politiker machten deutlich, es gehe Lidl und Co. weniger um eine Sortimentserweiterung außerhalb der City, als vielmehr um eine moderne Gestaltung der Märkte, mit breiteren Gängen, niedrigeren Regalen etc. „Die geburtenstarken Jahrgänge gehen bald in den Ruhestand. Wir stehen vor der Invasion der Rollatoren. Wir brauchen breitere Gänge. Das wäre eine bedarfsgerechte Erweiterung“, brachte es Ludger Gerritschen (SPD) auf den Punkt.
Gutachter Jens Nußbaum stellte in Aussicht, dass geringfügige Erweiterungen möglich seien, dies aber im Einzelfall zu untersuchen sei. Das Problem sei, dass auch eine moderne Umgestaltung eines Lebensmittelmarktes zur Attraktivitätssteigerung führe und somit mehr Kunden anziehe.
Kaum Chancen bei den Einzelfallprüfungen
Was die Politiker im Pressegespräch vor der Sitzung nicht hörten: Jens Bartel, bei der Stadt für die Bauleitplanung zuständig, sieht für die Einzelfallprüfungen wenig Aussichten auf Erfolg, weil „Emmerich eine unheimlich gute Flächenversorgung“ vorweise.
Auf dem Wemmer & Janssen-Areal an der Mennonitenstraße, findet Johannes ten Brink (CDU), gäbe es doch die Chance für ein Bekleidungsgeschäft, die immer wieder gewünschte Fläche von über 800 Quadratmetern zu genehmigen. Wenn nicht hier, so sonst? Nußbaum räumt ein, dass ein gewisses Entwicklungspotenzial vorhanden sei, erinnerte aber an die Konkurrenzwirkung für die Innenstadt-Geschäfte. Diese zu schützen sei ein wesentliches Ziel des EHK.
Warum Aldi die Nahversorgungslücke allein nicht deckt
An der Kaserne darf Aldi ja bereits einen Markt bauen, sobald der Gesundheitswohnpark mit Leben gefüllt wird. Maik Leypoldt (BGE) wollte wissen, wieso an der Kaserne dann nicht der Discounter allein ausreiche, um die Nahversorgungslücke für dieses Gebiet in Emmerich zu schließen. Denn mit einem weiteren Vollsortimenter – etwa Edeka – könnte doch erst recht eine Schwächung der Innenstadt die Folge sein.
Nußbaum widersprach: „Aldi würde die räumliche Nahversorgungslücke schließen, nicht die qualitative.“ Die Analysen hätten wie berichtet ergeben, dass Emmerich zu wenig Vollsortimenter, also große Supermärkte, habe. Ferner habe die Untersuchung ergeben, dass Aldi und zum Beispiel Edeka zusammen an der Kaserne keine Gefährdung für den Innenstadthandel bedeuten würde.
Bloß keine falschen Hoffnungen machen
Christoph Kukulies (AfD) warb dafür, trotz rechtlicher Probleme ein positives politisches Signal im EHK zu übermitteln, dass man Erweiterungsbemühungen begrüßen würde. Joachim Kemkes, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung, warnte davor, den Handelsketten so zu übermitteln, die Vergrößerung der Märkte sei für alle möglich. Es gehe auch um Planungskosten, die dann womöglich umsonst ausgegeben würden.
Einen Prüfauftrag bekam Nußbaum dann auf Antrag der BGE noch mit auf den Weg. Kann der Rat im EHK eine Erweiterung der Discounter im Sinne einer Qualitätssteigerung mit Blick auf die Barrierefreiheit billigen und zugleich eine Sortimentsvergrößerung verhindern? Dies soll bis zu einer Sondersitzung – womöglich am 21. September – geklärt werden. Der Rat soll das neue EHK am 26. September final eintüten.