Millingen/Empel. . Norbert Behrendt hat sich mit der Geschichte von Empel und Millingen befasst. Er fand heraus, dass es am Quirinus-Platz einen Rittersitz gab.
- Der Millinger Heimatforscher hat die Burg aus dem Dunkel der Geschichte geholt
- Von der Existenz des Rittersitzes weiß man erst seit Mitte März
- Entstanden ist eine historische Erkundungstour, die in Kürze publiziert wird
In Millingen hat es offenbar einmal zwei Burgen gegeben. Die erste Burg, Bruch Hueth, in anderen Quellen auch Rade genannt (und nicht zu verwechseln mit Schloss Hueth) war bereits bekannt. Der Archivar Hermann Terlinden (1907-1993) hat sie in seiner KAB-Broschüre „Millingen – eine Streifzug durch die Geschichte“ kurz erwähnt. Die Burg Bruch Hueth hatte ihren Sitz im Millinger Bruch. Von der Existenz des zweiten Rittersitzes weiß man erst seit Mitte vergangenen Monats. Der Millinger Heimatforscher Norbert Behrendt hat sie aus dem Dunkel der Geschichte geholt.
Fundamente liegen unter dem Quirinus-Platz
Die Fundamente und Keller dieser Burg liegen, von Gras und Erde bedeckt, unter dem heutigen Quirinus-Platz. „Das alte Pastorat, früher das „Haus Millingen“, war einst die Vorburg eines Burgkomplexes, die eigentliche Burg muss sich von der Hauptstraße aus gesehen, links davon befunden haben“, ist Norbert Behrendt sicher. Belegt wird die Existenz durch eine kürzlich ausgewertete Urkunde von 1542, die im Auftrag des Herzogs von Kleve die Amts-Grenzen der Hetter beschreibt.
Das Dokument ist verfasst vom Millinger Richter Johan Frederix und dem Schöffen van Baven. „In dieser Urkunde ist ein Satz enthalten, der sich nicht direkt mit der Beschreibung der Grenzen befasst, mir aber für die Herkunft des Quirinus-Platzes von äußerster Wichtigkeit schien“, ahnte Behrendt schon bei erster Sichtung der Urkunde. Und ließ sich den entscheidenden Satz von Dr. Volker Tschuschke, dem Leiter des Landeskundlichen Instituts Westmünsterland aus Borken/Vreden, übersetzen. Dessen Antwort bestätigte die Vermutung des Millingers. „Nach dem Aktenauszug war es tatsächlich so, dass die Vorburg von „Haus Millingen“ (ehemaliges Pastorat) zur dortigen Kirche gehörte und der Pfarrer deswegen dort jährlich zwei Fuder Holz bekam, damit die Burgleute in Millingen (ongekroent) unbesorgt zur Kirche gehen konnten“, schrieb Tschuschke. Was soviel hieß wie: Der Pfarrer bekam Holz für sein Privathaus, dafür reservierte er den Adeligen einen Platz in der Kirche.
Vom Burggraben umschlossen
Klar ist: Wo sich eine Vorburg, also ein Verwaltungs- und Wirtschaftsgebäude, befindet, existiert auch eine Hauptburg als Wohnung der Besitzer und ein Flucht- und Beobachtungsturm, ein sogenannter Bergfried. „Gebäude, die den größten Teil unseres heutigen Quirinus-Platzes – damals ein von einem Burggraben umschlossenes Gelände – einnahmen und von dem jetzt nur noch die Vorburg, also das ‘Haus Millingen’ steht“, resümiert Behrendt.
Der Heimatforscher weiß noch mehr: Dass das Haus Millingen zeitweise ein Altersheim für den Kleinadel war. Das hat er im Landesarchiv NRW in Düsseldorf herausgefunden. Dort ist nämlich ein Erbstreit dokumentiert. Einst lebten dort ein Herr von Schriek und eine Anna von Lackhausen. Als letztere starb, wollte deren Erbengemeinschaft von Schriek loswerden. Der aber prozessierte, weil ihm, wie er behauptete, ein Wohnrecht auf Lebenszeit zugebilligt worden war. Vermutlich nur mündlich. „Wie die Sache ausgegangen ist, ist nicht bekannt“, sagt Behrendt. Vermutlich nicht gut für von Schriek. Denn Behrendt hat ihn auf einem benachbarten Gut, dem Gut de Winge, später wieder „aufgespürt“.
Vorburg brannte 1936 ab
Zu der anderen, der schon von Herman Terlinden beschriebenen Burg, hat Norbert Behrendt weitere Einzelheiten herausgefunden. Er hat mit Georg van den Busch gesprochen, der seinen Hof in Sichtweite hat. „Er konnte sich noch an die Vorburg erinnern, die seinen Angaben zufolge 1936 abgebrannt ist“, so Behrendt. In den 20er Jahren waren bereits die Stallungen Opfer der Flammen geworden. Wie dort die Burganlage ausgesehen hat, hat Behrendt ebenfalls zu ermitteln versucht.
Im Reeser Stadtarchiv stieß er auf eine Katasterkarte mit dem Grundriss der Burg-Anlage. Allerdings fehlte ein Bergfried. Wo der stand, hat der Millinger inzwischen auch herausgefunden. Im Internet hat Norbert Behrendt einen Boden-Scan gemacht. Auf dem Bild aus der Vogelperspektive sind die Umrisse des Bergfrieds und sogar noch ein weiterer Turm deutlich als runde Erhebungen zu erkennen. Burgen-Zeichner Adi Kranz aus Anholt hat eine entsprechende Zeichnung gefertigt.
Historische Erkundungstouren
Übrigens: Beide Burgen werden in der neuen Publikation, einer Broschüre, von Norbert Behrendt Thema sein. Das Projekt lautet „Historische Erkundungstouren – 38 Punkte in Millingen und Empel“. Sie kann für Wanderungen genutzt werden.
Die Entstehungsgeschichte der Broschüre ist ungewöhnlich. Anfang des Jahres 2015 hatte der Millinger Karnevalsverein sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. Aus diesem Anlass hatte Sitzungspräsident Ludger Jordan einen karnevalistisch-lockeren Rückblick auf die letzten 50 Jahre der Millinger Hauptstraße gegeben. Was Monika Michelbrink-Roth, Vorsitzende des Heimatvereins, elektrisierte, weil sie auf diese Weise von den vielen dort ehemals ansässigen Geschäften und Gebäuden erfuhr, von deren Existenz sie nichts wusste. Sie bat Norbert Behrendt, sich des Themas anzunehmen. Der spontan zusagte. Sich aber nicht nur mit der Hauptstraße beschäftigte, sondern sich vornahm, die Orte Millingen und Empel insgesamt geschichtlich zu erfassen. Letztlich beschreibt die Broschüre 38 Orte – Burgen, Schlösser, Befestigungs-Anlagen, Grenzübergänge, geht auf Gewerbe, Handel ein, auf Kirchen, Schulen, Denkmäler und vieles mehr.
Ausstellung am 16. Juli
Die Begleitbroschüre für vier mögliche Rundgänge durch die beiden Ortsteile, an der auch Archivarin Tina Oostendorp (Liste der Gewerbetreibenden) und Gerd Sandtel aus Isselburg (Layout) beteiligt waren, erscheint im Rahmen einer Ausstellung des Heimatvereins Millingen-Empel im Millinger Heimathaus am 16. Juli.