Emmerich. . In Oberhausen war jetzt symbolischer Start des ersten Bauabschnitts an der umstrittenen Betuwe-Trasse. Für Emmerich „kein Tag zum Feiern“.
- Immobilien-Makler beobachtet einen drastischen Preisverfall an der Strecke
- Die Bahn kommt in punkto Sicherheit auf die Feuerwehren zu
- Eine Betuwe-Gegnerin aus Vrasselt übt sich in zivilem Ungehorsam
Zahlen sprechen manchmal eine deutliche Sprache: 125 Güterzüge pro Tag sind vor knapp zehn Jahren auf der Strecke zwischen Emmerich und Wesel prognostiziert worden – für das Jahr 2015. Tatsächlich waren es laut Deutscher Bahn dann 83 am Tag – ohne den Personenverkehr.
Mit dem symbolischen Startschuss für den Ausbau des ersten Streckenabschnitts der Betuwe-Linie am gestrigen Freitag in Oberhausen, werden die Prognosen für die kommenden Jahre für den Bereich Emmerich und Rees womöglich wahrscheinlicher. Und die Zahlen sind deutlich gestiegen.
Die Betuwe sorgt für einen Preisverfall bei Immobilien
Mit Prognosen zur Betuwe ist das so eine Sache, sagt Tim Terhorst, Sprecher der Stadt Emmerich: „Wir geben keine mehr ab.“ Grund zum Feiern sieht man in Emmerich jedenfalls nicht. An den 73 Betuwe-Kilometern von der Landesgrenze bei Elten bis Oberhausen sind sonst noch nirgends die Bauverfahren so weit, dass konkrete Bautermine genannt werden könnten. Hinter den Kulissen wird nach wie vor verhandelt.
„Die aktuelle Unsicherheit ist katastrophal“, sagt Albert Mosterts: „Es weiß noch keiner, was konkret kommt.“ Der geplante Betuwe-Ausbau hat zu einem „kräftigen Preisverfall“ geführt, sagt der Immobilienmakler – bei Häusern in Streckennähe.
20 bis 30 Prozent Abschlag müssten Hauseigentümer dort hinnehmen, mitunter bis 500 Meter von den Bahnschienen entfernt. „Interessenten schauen heute doch alle bei Google-Maps und entdecken: Da ist eine Bahnlinie“, meint Mosterts.
Die Deutsche Bahn erwartet 183 Güterzüge pro Tag im Jahr 2025
Und nicht irgendeine. Bis 2025 soll sich der Güterzugverkehr in Emmerich verdoppeln, heißt es bei der Deutschen Bahn. Von 183 Güterzügen am Tag ist inzwischen die Rede, davon 79 nachts. Das wären knapp acht Güterzüge pro Stunde, also alle sieben Minuten einer.
Es ist durchaus noch neu gebaut worden an der Strecke, als der Betuwe-Ausbau konkreter wurde in den 1990er-Jahren. 15 bis 20 Wohnhäuser, schätzt man in Rees, „höchstens fünf“ in Emmerich. Regine Heyer lebt seit 1986 am Bahnweg in Vrasselt unmittelbar an der Strecke. „Die schlagenden Geräusche von alten Waggons“, die raubten ihr immer wieder den Schlaf, beklagt die 60-Jährige, die im Vorstand der IG Biss ist: „Da wackeln die Gläser im Schrank“.
Regine Heyer übt sich im zivilen Ungehorsam
Die Interessengemeinschaft hatte für eine „siedlungsferne“ Betuwe-Trasse gekämpft – und verloren. Die Folge sei ein „drastischer Mitgliederschwund“. Heyer will jedoch weiter Biss zeigen – durch zivilen Ungehorsam.
„Die Bahn will vier Meter meines Vorgartens.“ Weil für das geplante dritte Gleis der Strecke der parallel laufende Bahnweg verlegt werden soll. Kaufangebote hat Heyer abgelehnt, auch weil die Bahn deutlich unter Bodenrichtwert zahlen will, so auch bei den Nachbarn. Konsequenz für Heyer: „Dann müssen die mich enteignen.“
Der Stadtbrandmeister sieht eine Annäherung bei der Sicherheit
Martin Bettray, Chef der Feuerwehr Emmerich, berichtet indes von positiven Signalen. Von einem „hohen Ross“ aus hätte die Bahn anfangs mit dem Arbeitskreis Streckensicherheit der Feuerwehren in den Städten an der Trasse verhandelt. Das sei nun anders.
So fordern die Feuerwehren an den Lärmwand-Abschnitten alle 200 Meter eine Zugangstür zur Strecke. Die Bahn hatte ursprünglich nur alle 1000 Meter eine Tür geplant. Jetzt sei man nur noch 28 Türen auseinander zwischen Elten und Praest, sagt Bettray.
Zudem habe die Bahn angeboten, Feuerwehren drei Spezialpumpen zu finanzieren. Ausgerichtet auf das Szenario „Brennender Kesselwagen muss vor Explosion geschützt werden“ hat die Feuerwehr eine klare Forderung: „6000 Liter Löschwasser pro Minute für einen Zeitraum von zwei Stunden“ müssen an der Strecke verfügbar sein. (dae)
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