Emmerich. . Im Martini-Pfarrheim haben Flüchtlingsfamilien Weihnachten gefeiert. Eine deutsche Nachspeise durfte dabei nicht fehlen.

  • Seit Oktober 2015 gibt es die Gruppe „Let’s play“, in der Flüchtlingsfamilien zusammenkommen können
  • Organisiert wird das Angebot von der Katholischen Waisenhaus Stiftung und dem Netzwerk „Pro Kids“
  • Speisen unter anderem aus Afghanistan, Albanien, Syrien oder dem Irak wurden im Martini-Pfarrheim gekocht

Die Tische sind bereits gedeckt, aus der Küche strömt ein herrlicher Duft, überall toben und krabbeln kleine Mädchen und Jungs umher: Alles ist vorbereitet für die gemeinsame Weihnachtsfeier von Flüchtlingsfamilien im Martini-Pfarrheim.

„Let’s play! – Spiel mit!“, so nennt sich die Gruppe, in der Menschen aus Aserbaidschan, der Mongolei, Syrien, Afghanistan, Albanien oder dem Irak zusammenkommen, die in Deutschland Zuflucht gefunden haben. Auf Plov, ein Reisgericht aus Aserbaidschan, einen russischen Salat und weitere Köstlichkeiten aus nah und fern dürfen sich die Gäste freuen. Und auf einen deutschen Nachtisch.

Familien nehmen Angebot eifrig an

Organisiert wird „Let’s play“, das ein Brückenangebot für Familien mit Kindern ist, denen noch kein Kindergartenplatz angeboten wurde, von der Katholischen Waisenhaus-Stiftung und dem Netzwerk Kinderförderung „Pro Kids“.

Anne Boß, die Leiterin der Gruppe, freut sich darüber, wie gut das seit Oktober 2015 bestehende Angebot von den Familien angenommen wird. „Zuerst haben wir uns zwei Mal in der Woche getroffen. Die Nachfrage war aber so groß, dass wir uns inzwischen doppelt so oft treffen.“

Dem Alltag eine feste Struktur geben

Das Projekt auf einen einzigen Zweck herunterzubrechen, das ist für Anne Boß gar nicht so einfach. Zwar steht die Förderung der Kinder im Mittelpunkt, die noch auf einen Kindergartenplatz warten, doch leistet „Let’s play“ noch viel mehr. „Es geht nämlich auch darum, dem Alltag dieser Kinder und Frauen eine Struktur zu geben.“ So können die Mütter ihren Nachwuchs in die Obhut von Boß geben, um in dieser Zeit selbst einen Deutschkurs zu besuchen. „Ihre Kinder können sie ja ansonsten nirgendwo hinbringen.“

Für die Kleinen – im Alter bis sechs Jahren – ist die Gruppe zudem ein Weg, um sich auf den Kindergarten oder die Schule vorzubereiten. „Es kommt nicht gerade selten vor, dass Flüchtlingskinder direkt in die Schule kommen, ohne vorher jemals einen Kindergarten besucht zu haben.“ So können sie bei „Let’s play“ schon einmal Regeln für den Umgang miteinander lernen und zudem etwas für ihre Deutschkenntnisse tun. Da die Mütter und Kinder nämlich aus so vielen unterschiedlichen Ländern kommen, ist die gemeinsame Sprache Deutsch.

Nicht ganz so deutsch kommt die Speisekarte für die Weihnachtsfeier daher, werden Gans oder Braten vergebens gesucht. „Wir haben lange überlegt, ob wir traditionelle deutsche Speisen kochen sollen, haben uns dann am Ende aber dagegen entschieden“, sagt Boß.

Variante eines Reisgerichts zubereitet

Die geflüchteten Frauen geben dafür eine Kostprobe der Esskultur ihrer jeweiligen Heimatländer. In der Küche wird darum in allen Ecken am Menü gewerkelt. Unter anderem eine Portion russischer Salat, der dem deutschen Heringssalat nicht ganz unähnlich sein soll, steht auf dem Plan. Nebenan wird Plov zubereitet, eine aserbaidschanische Variante eines Reisgerichts, das in vielen Ländern der muslimischen Welt verbreitet ist. Anstatt Hammelfleisch kommt in dieser Variation jedoch Hühnerfleisch zum Einsatz.

Untereinander tauschen die Frauen fleißig Rezepte. Demnächst dürfte darum bei einer afghanischen Familie ein Gericht aus der Mongolei auf dem Mittagstisch stehen. „Das ist schön zu sehen, wie auch die Frauen sich untereinander anfreunden“, sagt Boß. Nicht mehr nur in der Gruppe würden sie sich treffen. „Auch außerhalb kommen sie zusammen, haben etwa gemeinsam den Weihnachtsmarkt besucht.“

Eine heimische Delikatesse gibt es dann aber doch noch beim gemeinsamen Weihnachtsessen, verrät Anne Boß: „Als Nachtisch haben wir Herrencreme.“