Rees. . Laut NRZ-Bürgerbarometer sind 42 Prozent der Befragten mit dem ÖPNV in Rees unzufrieden. Alle Ortsteile sind an das NIAG-Busnetz angeschlossen
- Wer kein Auto fährt, ist auf dem Land benachteiligt, denn die Busse fahren nicht häufig genug
- Nur mit einem besseren Netz bleiben die Ortschaften attraktiv, was auch für Senioren wichtig wäre
- Bei einer höheren Frequenz an Busfahrten müsste die Stadt die Mehrkosten tragen.
Die Frau hat echt ein Problem. „Ich habe kein Auto, und die Busverbindungen sind schlecht.“ So wie Erika Bathe (79) schauen viele Reeser beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in die Röhre, sind unzufrieden mit dem Angebot. Dafür liefert das Reeser Bürgerbarometer 2016 klare Belege. Auf die Frage, was Ihrer Meinung am ehesten getan werden müsste, damit das Leben in den Reeser Dörfern attraktiv bleibt, antworteten 42 Prozent: die Anbindung durch den ÖPNV. Abgeschlagen folgten die medizinische Versorgung (22 %) und Einkaufen (12 %).
Die kritischsten Stimmen zum Nahverkehr kommen dabei aus Haffen-Mehr und Rees-Zentrum, wo auch Erika Bathe wohnt. Sie würde am Wochenende gerne öfter mal nach Bocholt fahren: „Der Bus fährt aber samstags aber nur alle zwei Stunden und sonntags alle drei Stunden, das ist zu wenig“, findet sie. Wenn man den Bus verpasse, müsse man lange warten.
Alle Ortsteile sind angebunden
Positiv ist, dass alle Reeser Ortsteile ans ÖPNV-Netz angebunden sind. Im VGN-Fahrplan Kreis Kleve 2015/2016 sind die Linien aufgeführt. L 61 Bocholt-Rees-Busbahnhof (über Millingen und Empel), L 63 Rees-Wesel (Bahnbus, nur einmal über Empel), L 86 Wittenberg-Wesel-Rees (über Haffen und Mehr), L 88 Rees-Emmerich (über Bienen, Esserden), L 95 Rees-Bocholt (über Haldern, Groin, Aspel), L 97 Berufsschulbus nach Kleve zum Weißen Tor (fährt aber nicht in die Klever Innenstadt), L 47 Goch-Kalkar-Rees (unregelmäßig). Komplettiert wird die Versorgung durch den TaxiBus, das Schoko Ticket für Schüler und zumindest der Ortsteil Mehr wird durch den Bürgerbus Mehr-Hamminkeln-Brünen angesteuert.
Der Zug ist nur bedingt eine Alternative
Ist der Zug eine Alternative? Nur, wenn das auch mit dem Anschluss funktioniert und der Busfahrer am Empeler Bahnhof wartet und nicht stur losfährt. „Das habe ich selbst erlebt, das ist doch nicht in Ordnung“, schimpft Erika Bathe Die Busfahrer bräuchten einfach etwas mehr Zeit: „Das ist zu knapp. Man könnte den Puffer doch einkalkulieren. Am Emmericher Bahnhof klappt das besser, da haben die Busfahrer acht bis zehn Minuten Zeit.“
Busse auf dem Land rollen defizitär
Es verwundert nicht, dass sich bei der repräsentativen Befragung der Uni Duisburg-Essen mehr Frauen als Männer eine bessere Anbindung an den ÖPNV wünschen (ca. 50 Prozent). Auch überrascht nicht, dass ca. 50 % der über 70-Jährigen sagen, dass ein verbessertes ÖPNV-Angebot notwendig ist, damit die Ortsteile attraktiv bleiben. Bei den telefonischen Interviews waren Stimmen zu hören wie: „Der Nahverkehr ist äußerst schlecht.“
Jüngst hat Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel im Bundestag mehr Einsatz für die ländlichen Regionen versprochen: „Nicht nur die Kirche, auch die Grundschule muss im Dorf bleiben.“ Gut gesprochen. Man könnte anfügen: Auch der ÖPNV muss besser werden. Er ist ein Pfeiler der grundgesetzlich verbrieften Daseinsvorsorge. Das Regionalisierungsgesetz soll die ausreichende Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sicherstellen. Doch alles ist auch immer eine Frage des Geldes. Auf dem platten Land, wo nur wenige Menschen leben, haben die meisten Familien ein, zwei Autos. Die meisten Buslinien fahren tiefrote Zahlen ein. Auch im Kreis Kleve. Die Stadt Rees bezahlt über die Kreisumlage ihr ÖPNV-Angebot. 2016 waren das 229 382 Euro.
Stadt müsste Kosten übernehmen
Wenn die Stadt mehr anbieten möchte, beispielsweise die halbstündige Taktung irgendeiner Niag-Linie, müsste sie die Mehrkosten übernehmen nach dem Motto „Wer die Musik bestellt, der muss sie auch bezahlen." Das überlegt sich jeder Bürgermeister zweimal. „Das Ganze muss finanzierbar sein und bleiben“, sagt denn auch der Reeser Stadtsprecher Jörn Franken: „Man muss sich immer fragen: Können wir uns das erlauben? Das ist jetzt eher nicht der Fall.“
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