KONTROVERS. Krieg wütete so fürchterlich wie in kaum einer anderen Stadt. Hein Driessen möchten den Opfern ein Denkmal setzen.
EMMERICH. Der von Hitler entfesselte Zweite Weltkrieg beutelte Emmerich wie kaum eine andere deutsche Stadt. Bei dem Bombenangriff vom 7. Oktober 1944, dessen Wunden sich bis heute tief ins Bewusstsein der Emmericher eingegraben haben, wurde die Rheinstadt zu 97 Prozent zerstört. In den Trümmern lagen 600 Tote, 1 000 Personen wurden verwundet, 26 vermisst. Zu Erinnerung an den 7. Oktober stiftete der Bürgerverein vor einem Jahr die Christophorus-Stele im Christoffeltor. Sie mahnt - außer dem großen Kreuz auf dem Ehrenfriedhof, wo morgen um 12 Uhr die Feierstunde zum Volkstrauertag stattfindet, an die Schrecken der Vergangenheit.
Pathos der Kaiserzeit
Noch aus grauer Kaiserzeit stammt das pompöse, "den gefallenen Söhnen der Stadt Emmerich" gewidmete Kriegerdenkmal, das 1913 - gut ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges, im Rheinpark enthüllt wurde. Kaum jemand würde heute noch so eine schwülstige Inschrift in die Steinblöcke hauen wie den Ausspruch E. M. Arndts: "Der ist ein Mann, der sterben kann für Gott und Vaterland."
Einige Buchstaben sind kaum noch entzifferbar. Auch an der reichen Ornamentik - Adler und Löwe - hat der Zahn der Zeit ganz kräftig genagt. Restaurieren oder abreißen?
Der Emmericher Kunstmaler Hein Driessen wäre für Letzteres: "Die Steine könnte man für die Neugestaltung des Rheinparks verwenden." Hein Driessen, vor kurzem 75 geworden, steckt immer noch voller Tatendrang. Er verfolgt für den Rheinpark seit längerem eigene Pläne. Er möchte dort den Emmericher Opfern des Zweiten Weltkrieges ein Mahnmal aus hellem Marmorgranit errichten. "Das Kriegerdenkmal ist etwas ganz anderes, das ist schon antik." Ihm schwebt eine Begegnungsstätte vor, wo Menschen sich niederlassen und ihre Ansichten, Ängste und Erinnerungen austauschen können: "Ich habe", sagt Driessen, "für diese Idee schon viel Zuspruch erfahren".
Einen Entwurf hat Hein Driessen, der bei aller Weltoffenheit seiner Vaterstadt eng verbunden blieb, schon in der "Schublade". Auch ein Modell existiert längst. In die vier Meter hohe Säule sollen die Familiennamen der 600 Toten eingemeißelt werden, und über die Gravuren soll Wasser - als Symbol des Lebens rinnen.
So ungefähr also hat sich Driessen die Sache vorgestellt. Damit ist er - Sympathiebekundungen hin oder her - bisher noch nicht so recht weitergekommen. Gleichwohl habe er bei einigen Industriellen angeklopft, die dieses Projekt fördern wollten. 50- bis 100 000 Euro könnten zusammenkommen, schätzt Driessen. Aus dem Steuersäckel müsste sein Mahnmal jedenfalls nicht finanziert werden. Er erinnert in diesem Zusammenhang nicht ohne Stolz an die Bronzeweide vor seiner Galerie an der Rheinpromenade. Durch die Unterstützung von 120 Spendern seien 40 000 Euro zusammengekommen.
Dieses Driessensche Lebenswerk bleibt - vorerst (?) - noch ein Lebenstraum, wobei Driessen dieses Mahnmal gerade heute für wichtig hält: "Es verbindet mit der Nachwelt. Nachher spricht man nicht mehr drüber." Hein Driessen sieht auch aktuelle Bezüge: "Die ganz Welt ist doch voller Kriege, der Krieg rückt immer näher."
Es lohne sich, über seine Idee nachzudenken: "90 Prozent der Bevölkerung würden meine Idee befürworten", ist Driessen felsenfest überzeugt.
Ist das so? Was halten die NRZ-Leser davon? Soll im Rheinpark ein neues Mahnmal für die Opfer des Zweiten Weltkrieges errichtet werden oder haben wir schon genug Denkmäler? Diskutieren Sie in unserem Forum (www.derwesten.de), rufen Sie uns von montags bis freitags an (Tel: 02822/9249-22) oder Mail lok.emmerich@nrz.de). VOLKSTRAUERTAG Der Volkstrauertag ist ein staatlicher Gedenktag. Er wird seit 1952 zwei Sonntage vor dem Ersten Advent begangen und erinnert an die Kriegstoten und Opfer der Gewaltherrschaft aller Nationen.
Vorgeschlagen worden war der Volkstrauertag schon 1919 vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge.ser Christophorus an die Schrekken des 7. Oktober 1944.