Haldern. . Carolin und Barbara Jansen haben ihr Jurastudium an den Nagel gehängt und sich entschlossen, den Familienbetrieb weiterzuführen.
- Die Töchter Carolin und Barbara wollen den Betrieb übernehmen und in dritter Generation fortführen
- Derzeit absolvieren sie eine Lehre in Köln. Folgen sollen weitere Lehre, Meisterschule und Studium
- Das Handwerkliche soll weiterhin gepflegt werden. „Das ist hip“, weiß Barbara, die jüngst in London war
Muttertag 2015 saß Bäckerfamilie Jansen aus Haldern gemütlich beim Brunch zusammen. „Wir müssen mal mit euch reden“, hob eine der beiden Töchter irgendwann an. Wortwahl, Ton und Mimik der Tochter versetzten Mutter Eva Jansen augenblicklich in Unruhe. Wollen Carolin und Barbara auswandern? Nach Australien oder sonstwo hin?, ging es Eva Jansen spontan durch den Kopf. „’Travel and work’ steht doch heutzutage bei den jungen Leuten ganz hoch im Kurs“, erklärt sie. Doch die jungen Damen ließen, wie Barbara Jansen es umschreibt, „eine Bombe“ ganz anderer Art „platzen“. Die beiden angehenden Juristinnen hatten ihr Studium geschmissen und sich entschieden, den elterlichen Betrieb zu übernehmen. Eine Ausbildungsstelle hatten beide auch schon angetreten. Heimlich, versteht sich.
Erst Schock, jetzt Freude
„Wir waren anfänglich schon geschockt“, gibt deren Mutter zu. Doch der Schock wich allmählich der Freude. „Wir hatten uns eigentlich schon damit abgefunden, den Betrieb bis zu unserem Rentenalter zu führen, um ihn dann in fremde Hände abzugeben“, sagt Eva Jansen. Doch nun bleibt Jansen ein Familienbetrieb. „Wir führen das Unternehmen in der dritten Generation weiter“, sagt Barbara Jansen und man hört ihrer Stimme an, dass sie Traditionsbewusstsein hat. Trotz ihrer erst 20 Jahre. Was auf sie zukommt, ahnen die Schwestern: Viel Arbeit, viel Verantwortung!
Darauf wollen die beiden bestmöglichst vorbereitet sein. Im Sommer nächsten Jahres werden beide ihre Bäckerlehre abschließen, dann wollen sie den Beruf der Konditorin erlernen. Dann soll sich die Meisterprüfung im Bäckerhandwerk anschließen. Ein Studium wollen sie auch noch nachlegen. „Wirtschaft, Handwerksmanagement, mal sehen“, sagt Barbara Jansen.
Carolin Jansen hat nach ihrem Abi zunächst eine Bank-Lehre abgeschlossen, bevor sie das Jura-Studium in Köln antrat. „Es macht einen Riesenunterschied, ob man am Ende des Tages einen Sparvertrag abgeschlossen hat oder ein Brot in der Hand hält“, sagt sie. „Hier in der Bäckerei sieht man, was man geschafft hat“, fügt sie hinzu. Derzeit ist sie Azubi in einer Bäckerei, die ausschließlich Voll- und Biokornprodukte herstellt. „Sicher wird das auch hier später seinen Niederschlag finden“, sagt sie. Der Chef ihrer Schwester ist ein Brotspezialist, der 90 Sorten im Programm und täglich 60 im Verkauf hat. „Mal mit Anis und Kümmel, mal mit Möhre und Linse, Brötchen mit Erdnüssen“, verrät Barbara Jansen. Ob das auch an ihren fünf Standorten in Haldern, Rees und Mehr Abnehmer findet, wollen die beiden später austesten. Kreativität ist aber nur die eine Seite der Medaille, handwerklich hergestellte Brote mit wenig Maschineneinsatz, keine Convenience-Produkte die weitaus wichtigere für die zwei Haldernerinnen. „Ich denke, das hat Zukunft“, sagt Carolin Jansen. Was ihre Schwester bestätigt, die jüngst ein dreiwöchiges Praktikum in der Bäckerei der Food-Abteilung des Nobelkaufhauses Harrods in London absolviert hat. Wie hoch dort der Stellenwert handwerklich hergestellter Produkte ist, hat sie erstaunt. „Die Kunden haben sich nicht gescheut, acht Pfund (ca. 11.20 Euro) für ein Stück Torte auszugeben“, sagt sie.
Straßenmärkte in London
Auch die Straßenmärkte in der britischen Metropole haben sie fasziniert. „Viele Brotstände, alles total hip“, sagt sie. Nicht nur kaufen will man dort das Brot, sondern auch wieder wissen, wie man ein gutes Brot selbst herstellt.