Emmerich. . Vor 20 Jahren ist Konstantinos Andrikopoulos nach Deutschland gekommen. Die Traditionen seiner Heimat Griechenland hält er mit seiner Musik lebendig.

Die roten Bongos waren seine ersten Trommeln. Dann kamen Daouli, der König unter den Trommeln, Toubeleki und Daires, hinzu. „Getrommelt habe ich schon immer“, sagt Konstantinos Andrikopoulos. Und fügt hinzu: „Für mich.“ Über Trommeln weiß der 53-jährige Grieche alles, kennt sich mit der Bauweise, Herkunft und Namensgebung aus. Daires erinnern von der Form an Tamburine, Toubeleki sind aus rotem Ton, bespannt mit Ziegenleder - das alles weiß man nach einem Gespräch mit Andrikopoulos. Er ist Percussionist, Komponist und Gründer des Klangorchesters Paradoxon, das sich auf traditionelle griechische Musik spezialisiert hat.

Mit 30 ging er nach Deutschland

Vor 20 Jahren ist der Musiker nach Deutschland gekommen. Eigentlich ein Zufall. Andrikopoulos ist im griechischen Patras aufgewachsen und ist nach Athen gegangen, um BWL zu studieren. „Aber das war nicht mein Ding“, erzählt er. Stattdessen eröffnete er ein Geschäft, steckte all seine Ersparnisse hinein. Das lief nicht wie erwartet. „Ich habe alles verloren“, sagt der 53-Jährige. Der Verlust von damals schwingt auch heute noch in seiner Stimme. Zeit für einen Neuanfang. „Seit Odysseus sind wir neugierig“, sagt der Grieche verschmitzt lächelnd, die Traurigkeit ist verschwunden. Andrikopoulos erzählt, wie er einen deutschen Sozialarbeiter aus Witten kennenlernte, der in Griechenland Urlaub machte. Dieser brachte ihn auf die Idee, nach Deutschland zu kommen.

Paradoxon musiziert mit traditionellen Instrumenten wie Laute, Mandoline, Daouli, Daires oder Toubeleki.
Paradoxon musiziert mit traditionellen Instrumenten wie Laute, Mandoline, Daouli, Daires oder Toubeleki. © Thorsten Lindekamp

Von Anfang an stand für ihn fest, dass Deutschland seine neue Heimat werden würde. In Bochum ist er gelandet, fand dort einen Job in der Gastronomie. Deutsch lernte der damals 30-Jährige in einem Sprachkurs an der Uni Bochum. Doch wer zwölf Stunden Currywurst mit Pommes verkauft, kann sich auf das Deutschlernen nicht so richtig konzentrieren. „Ich dachte, erst verdienst du Geld, dann lernst du Deutsch. Das bereue ich jetzt.“ Ohne Familie, ohne Freunde - die erste Zeit in Deutschland sei schwierig gewesen. Der 53-Jährige lehnt sich zurück, trinkt einen Schluck des starken griechischen Kaffees.

Die Musik habe ihm Halt gegeben. „Ich habe das gebraucht.“ In dem Café im Karstadt - „dem inoffiziellen Treffpunkt der Griechen“ - suchte Andrikopoulos Anschluss, traf dort andere Musiker. „So hat alles angefangen.“ Im Keller der Uni Bochum kam man zusammen, trommelte, musizierte. Die Musik war die Verbindung zu seinem Heimatland. Als er eine Tanzgruppe für traditionelle griechische Tänze als Percussionist begleitete, lernte er die Geografiestudentin Danae kennen, seine heutige Frau. Ein Jahr später gründete Andrikopoulos das Klangorchester Paradoxon, in dem seine Frau singt. Seit der Grieche nach Deutschland gekommen ist, wurde die Musik immer wichtiger. Andrikopoulos brachte sich das Notenlesen selbst bei, begann zu komponieren. „Die ersten Lieder habe ich intuitiv geschrieben und konnte sie nur pfeifen.“ Für Andrikopoulos wird in der Musik Geschichte eingefangen. Paradoxons Spezialität ist die städtische und ländliche Musiktradition Griechenlands. „Anfang des 18. Jahrhunderts war Athen nicht viel größer als Emmerich“, erzählt er, „dann sind sehr viele Menschen vom Land in die Stadt gezogen.“

Vom Land in die Stadt

Die Musiktradition nahmen sie mit. Die neue Umgebung änderte irgendwann die Musik. Die Instrumente wurden kleiner, andere Themen wurden besungen. „Es geht nicht mehr um die Schönheit der Natur, sondern um Drogen, Armut, Polizeigewalt.“ Die Begeisterung für die Thematik überträgt sich in seine Gesten. Paradoxon spielt Liedgut aus beiden Welten - auf traditionellen Instrumenten. „Gesungen wird auf Griechisch, aber wir führen immer in das Thema ein und übersetzen die Texte.“ Aus einem Hobby wurde ein Beruf, mittlerweile konzentriert sich Andrikopoulos ganz auf die Musik. 2012 sind er und seine Frau nach Emmerich gezogen. „Emmerich gibt mir Ruhe.“ Griechenland wird der 53-Jährige jedoch immer vermissen. „Ich bin ein Kind der Sonne und des Meeres.“

Paradoxon live erleben

  • Zu einer Session im Schlösschen Borghees lädt Paradoxon am Samstag, 21. Mai, um 20 Uhr ein. Hobby- und Profimusiker sind eingeladen mitzumachen.
  • Am 11.September wird Paradoxon die Ausstellung der Künstlerin Hildegard Pütz musikalisch begleiten.
  • An der VHS Kleve gibt Konstantinos Andrikopoulos einen Percussionkurs.
  • Videos und Infos finden Interessierte unter http://www.paradoxon-klangorchester.de/