Emmerich. . 147 Personen haben in der Notunterkunft Hansahalle eine erste Bleibe gefunden. Damit leben aktuell 534 Flüchtlinge in Emmerich. Busse waren überfüllt.
Die ersten Flüchtlinge kamen in der Dunkelheit. Um 0.10 Uhr Donnerstagfrüh fuhr der Reisebus, der um 15 Uhr Passau verlassen hatte, an der Hansahalle vor und lieferte 47 Flüchtlinge ab. Dann lief alles wie geplant. Biertischgarnituren und 150 Betten waren aufgebaut. Nach einer ersten Stärkung mit Kaffee, Tee, Toastbrot mit Käse und Schinken wurden die Personalien erfasst. Die Dolmetscher mussten ganze Arbeit leisten, einige städtische Bedienstete reaktivierten ihr Schul-Englisch und -Französisch. Dann erhielten die Ankömmlinge die Hygienepakete.
Plan B im Kopf
Die meisten Flüchtlinge waren Männer. Meist junge Leute aus Afghanistan. Aber auch sechs, sieben Frauen und eben so viele Kinder hatten sich, warm eingepackt, auf die 740 Kilometer lange Reise in eine ihnen völlig fremde Stadt begeben. Erschöpft fielen die Neuankömmlinge in ihre Betten. Keine Feldbetten, denn die Stadt hatte beim Möbeldiscounter Poco in Goch noch ausreichend Federbetten ordern können, die aus Sicherheitsgründen ohne Trennwände aufgestellt wurden. Vielen Asylbewerbern sah man die Strapazen einer langen Odyssee aus ihren von Krieg und Terror zerstörten Herkunftsstaaten an. Als sie hörten, dass es freies W-LAN gab, holten sie sofort ihre Handys hervor und telefonierten mit ihrer Heimat.
Eine Mutter (36) erzählte, wie sie sich vor sieben Tagen mit ihren elfjährigen Zwillingen in Syrien aufgemacht hatte. Wie das Schiff bedenklich hin und her schaukelte. Wie sie Türkei, Mazedonien und Serbien durchquerte. Ihren Mann musste sie zurücklassen, weil das Geld nicht reichte. „Da sieht man, wie groß die Not ist“, sagte Bürgermeister Peter Hinze. Kurz vor der Ankunft des ersten Busses hatte er in der Hansahalle allen anwesenden Mitarbeitern und Helfern gedankt für die „Mammutaufgabe“ in den letzten drei Tagen, die sie mit vielen Überstunden bewältigt hätten. Er habe ein gutes Gefühl: „Ohne die ehrenamtliche Bereitschaft der Emmericher wäre das nicht zu stemmen gewesen.“
Am anderen Morgen dann trafen die nächsten beiden Busse vor der für 150 Personen ausgelegten Notunterkunft ein. Da stellte sich heraus, dass die Doppelstockbusse völlig überfüllt waren. Und so musste ein Bus nach allerlei Telefonaten 32 Flüchtlinge wieder mitnehmen, nach Hilden, 100 blieben. Die Notunterkunft ist aktuell mit 147 Personen belegt. Insgesamt leben damit in Emmerich aktuell 534 Flüchtlinge.
Gestern kam erstmals die gut bestückte Kleiderausgabe der Stadtwerkstatt des TBH zum Einsatz. Dringend benötigt wird noch Männerbekleidung in kleinen Größen. Die Flüchtlinge wurden mittags von einem Ärzteteam aus Goch untersucht. Das Willibrord-Spital stellte für den Medizin-Check u.a. zwei Liegen zur Verfügung. Offenbar sind keine gravierenderen Krankheiten diagnostiziert worden. Ab heute werden die Flüchtlinge im Krankenhaus auf TBC geröntgt. Das Spital hat mit den vorgeschriebenen Untersuchungen bei laufendem Betrieb bereits Erfahrungen sammeln können und schon Flüchtlinge aus der Weezer Unterkunft untersucht.
„Wir rechnen damit, dass die Flüchtlinge und Asylbewerber vier Tage hier sind, sie können aber auch zwei, drei Wochen hier sein“, sagte Hinze: „Wir müssen der Bezirksregierung jeden Tag melden, wie viele Betten frei sind.“ Wie lange die Halle belegt sein wird, weiß auch Hinze nicht: „Das wäre Kaffeesatzleserei, wir müssen uns auf ein halbes Jahr einstellen.“ Für den Fall, dass Emmerich eine zweite Notunterkunft einrichten muss, habe er schon Plan B im Kopf ...