Emmerich. . SPD-Bürgermeisterkandidat Peter Hinze lud zur Veranstaltung „Strukturwandel im Einzelhandel – Chancen und Gefahren für Emmerich am Rhein“. Rund 40 Gäste.
Ein bisschen Magengrummeln hat Peter Hinze schon. Der SPD-Bürgermeisterkandidat ist aufgeregt, ob des unmittelbar bevorstehenden Wahlsonntages. Am Montagabend lockte er zum dritten Mal zu einem Diskussionsabend. Nach Demografie und Armut stand diesmal „Strukturwandel im Einzelhandel – Chancen und Gefahren für Emmerich am Rhein“ an. Rund 40 Gäste kamen ins PAN-Forum, einige aus den SPD-Reihen.
Aber der Besuch war lohnenswert. Besonders der Vortrag von Prof. Dr. Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein war beeindruckend. Der BWLer zeigte auf, dass der Trend zum Online-Handel nicht aufzuhalten sei. „Die einzige Möglichkeit um Kunden in die City zu holen, ist die Digitalisierung“, schilderte der einstige Kaufhof-Warenhaus-Geschäftsführer.
Deutschland hinke online hinterher. US-Riesen wie Amazon und Ebay dominierten das Geschäft. Außerdem sei Deutschland mit zukunftsfähiger Internet-Technologie (z.B. Glasfaser) schwach ausgestattet. „Da muss etwas passieren. Der Kunde wird das Internet nicht mehr zur Seite legen. Bis 2018 wird 20 Prozent des Online-Handels importiert. Der Einzelhandel der Städte wandert online ins Ausland ab“, so Prof. Dr. Heinemann.
Der stationäre Handel müsse auf das veränderte Kaufverhalten reagieren. „Die Kunden erwarten in der Stadt, im Laden ihr Smartphone nutzen zu können“, erklärt Heinemann. 47 % erwarten eine mobile Verkaufsseite des Ladens. „Eine Steilvorlage“, so der Experte.
Verfügbarkeit kompensiert Preis
Dabei, und das missverstehen viele Händler, geht es nicht um den Preis: „Verfügbarkeit kompensiert Preis!“, unterstreicht Prof. Dr. Heinemann. Der Kunde suche online, wo das Produkt verfügbar sei, gucke wie viel Zeit er hat und suche danach das Geschäft aus. Diese Kunden seien keine „Beratungsdiebe“, die sich im Laden beraten ließen, um dann online zu bestellen. Der Online-Shop müsse als Service gesehen werden, nicht als Konkurrenz. Immer häufiger kämen Kunden ins Geschäft, um sich das anzusehen, was sie online vorher entdeckt haben. Die Einrichtung eines elektronischen Warenwirtschaftssystem würde für 20 Euro im Monat plus Schulungen durch Dritte angeboten. Machbar.
Die Stadt könne die Rahmenbedingungen verbessern: flexiblere Öffnungszeiten, vereinfachte Baunutzungsänderung, Händler-Kooperation bei der Belieferung der Kunden anregen, ein Profi-City-Management wie bei Einkaufszentren einrichten sowie eine bessere Koordination, so dass Städte der Region sich nicht gegenseitig ausstechen. Parkgebühren zu streichen sei ein Gedanke wert.
Trennen müsse man zwischen der Erlebnis- und der Versorgungsfunktion der Innenstadt. Zweiteres sei gefährdet. Dazu Rolf Junker vom Stadtplaner Junker & Kruse: „Lebensmittel und Drogerie-Produkte sind entscheidend für den kurzfristigen Bedarf.“ Peter Hinze bekräftigte, dass er erst den Neumarkt entwickelt sehen möchte, bevor er überlegen möchte, ob das Emmericher Einzelhandelskonzept noch zeitgemäß sei. Den Handel gar nicht zu regulieren, halte er für verkehrt. Als abschreckendes Beispiel nennt er den neuen Hagebau-Markt in Kleve, der am Stadtrand liegt: „Warum gibt es da auch Haushaltswaren? Dafür geht dann keiner mehr in die Stadt.“ Leonie Pawlak, Vorsitzende der Seniorenvertretung, zeigte sich entsetzt ob des Online-Trends: „Wir Alten haben kein Smartphone!“
Ein Vermieter der Kaßstraße bemängelte, dass er für 5100 Euro einen Parkplatz zur Verfügung stellen müsse für ein 60-qm-Geschäft. Ein Hemmnis in Emmerich. Hinze räumte ein: „Darüber müssen wir nachdenken.“ Ferner sieht Hinze die Notwendigkeit eines hauptamtlichen Wirtschaftsförderers. Und ein City-Outlet für Emmerich sehe er kritisch, weil in Zevenaar das Outlet-Center entstehe.
Dipl.-Ing. Rolf Junker von Junker & Kruse sprach über „Einzelhandel und Stadtplanung – welche Aufgaben hat die Stadt“. Er wies auf einige Chancen und Risiken des Emmericher Innenstadthandels hin, die zum größten Teil schon mal vorgestellt wurden.
Die City, erinnerte Junker, bestehe aber nicht nur aus Handel, auch Wohnen, Gastronomie und Aufenthaltsqualität spielten eine Rolle. Er regte eine stärkerer Kooperation von Händlern und Vermietern an. Stichworte: Umsatzmiete, Marketingabgabe.