Emmerich. . Die Emmericher CDU feiert am 16. August ihr 70-jähriges Jubiläum. Partei gestaltete Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich mit – und regiert seit den 60er-Jahren meist mit absoluter Mehrheit

Es war eine gute Idee des damaligen Bürgermeisters Franz Wolters, als er seinem Vorvorgänger Paul Maria van Aaken zum 75. Geburtstag 1975 einen Riesenbleistift schenkte. Verbunden mit der Bitte, über die Gründung der CDU in Emmerich 1945 eine Niederschrift anzufertigen. P. M. van Aaken kam dem Wunsch nach, musste aber gehörig sein Gedächtnis strapazieren, weil in der Notzeit 1945/46 Papier, Bleistifte und Zeit knapp waren und die CDU keine Protokolle geführt hatte.

Und so wissen wir auch dank van Aaken einiges Bruchstückhaftes über die unmittelbare Nachkriegzeit, als das öffentliche und private Leben und die Demokratisierung inmitten von Trümmern, Not und Besatzung allmählich wieder in Gang kam. Besonders die Parteien hatten es schwer, weil viele Menschen die Nase voll hatten von der Politik. Zudem lebten in Emmerich bei Kriegsende mal gerade noch 440 Menschen. Trotzdem krempelten einige die Ärmel hoch und packten an. Die ersten Treffen der CDU fanden meistens am Sonntag im früheren Haus des Majors Weidt an der 's-Heerenberger Straße statt.

Die Gründungsversammlung der CDU stieg vor 70 Jahren, im Juli 1945, in einem Klassenzimmer der unzerstörten Speelberger Schule. Die Gründerväter – keine Frau war dabei – waren außer P. M. van Aaken noch Willi Giesbers, Willi May, Carl Evers, Johann Ising, Johann Geerling, Franz Kowal, Ernst Kowal, Alex Tenhaeff und Josef Thies (später Zentrumspartei und Bürgermeister). Sie waren von Beruf Architekt, Küster, Kaufmann, Landwirt, Schuhmachermeister, Schlosser, Maler, Lehrer, Installateur, Oberpostmeister und Bauunternehmer.

Damit erfüllten die Männer der ersten Stunde das Anforderungsprofil, das Adenauer an die Partei neuen Typs stellte. Im Rückblick schrieb er: „Nur eine sehr große Partei, die alle Schichten unseres Volkes umfasste, konnte das am Boden liegende, zerbrochene Deutschland wieder gestalten.“

Adenauer wollte unbedingt eine neue weltanschauliche Partei für Katholiken wie Protestanten. Damit war der Bruch mit der alten Zentrumspartei unvermeidlich. Auch in Emmerich, wo Konflikte zwischen CDU und Zentrum das christliche Lager für einige Jahre spalteten und schwächten.

Hilfe vom Ministerpräsidenten

Die CDU hielt ihre Versammlungen meist in einem notdürftig hergerichteten Saal, dem sogenannten Kaiserhof, an der Steinstraße ab. Beim Aufbau der Partei vor Ort leisteten unter anderem Leo Schwering, Mitgründer der CDU-Rheinland, Landtagspräsident Josef Gockeln und Ministerpräsident Karl Arnold Schützenhilfe.

Bei den ersten freien Gemeindewahlen nach der Nazi-Diktatur errang die CDU am 15. September 1946 mit 15 Sitzen die absolute Mehrheit, die SPD kam auf drei Mandate. Viele hatten bereits dem Vertrauensausschuss (1945) und dem ersten Stadtrat (1946) angehört. Deren Mitglieder mussten noch von der britischen Militärregierung bestätigt werden. Auch der Standesbeamte Hubert Fink war am 3. April 1945 noch von Major Norton, Kommandant des Military Government 629 Detachment, zum Bürgermeister ernannt worden.

Die CDU avancierte seit den 50er-Jahren zur stärksten Kraft und stellte mehrere ehrenamtliche Bürgermeister. Das bleibende Verdienst der CDU bestand vor allem darin, die Anfangs- und Aufbaujahre aktiv mitgestaltet und dabei tüchtig zupackende Stadtdirektoren an ihrer Seite gewusst zu haben. Von großem Nutzen für Emmerich waren später auch die engen Kontakte, die Willi Pieper in Düsseldorf zu Ministerien und Behörden pflegte. Vor allem die Bürgermeister van Aaken und Pieper trugen mit Gestaltungswillen, rhetorischem Talent und Durchsetzungsstärke zum Erfolg der CDU bei, die seit den 60ern oft mit absoluter Mehrheit regierte.

Eine bittere Pille musste die sieggewohnte CDU schlucken, als die SPD mit ihrem Zugpferd Willi Heering die Kommunalwahl 1989 gewann; Heering wurde erster SPD-Bürgermeister im Kreis Kleve überhaupt. 1994 stellte dann die CDU mit Dr. Klaus Krebber wieder den Ersten Bürger. Sie tut es bis heute. Nach Abschaffung der Doppelspitze Bürgermeister/Stadtdirektor ist das frühere Bürgermeister-Ehrenamt ein Fulltime-Job geworden.

Die Emmericher CDU feiert ihr 70-jähriges Jubiläum mit einer Geburtstagsmatinee am Sonntag, 16. August, ab 11 Uhr im Stadttheater.

Erster CDU-Vorsitzender in Emmerich war von 1946 bis Ende 1948 ein Studiendirektor namens Dr. Lips, der bescheiden im beschädigten Mädchengymnasium Hinter dem Schinken wohnte.

Seine Nachfolger waren Paul Maria van Aaken (1948 bis 1965), Joachim von Bargen (1965 bis 1969), Willi Pieper (1969 bis 1977), Margarethe Verstegen (1977 bis 1979), Herbert Ulrich (1979 bis 2000), Birgit Sloot (2000 bis 2010) und Markus Elbers (seit 2010). Die Christdemokraten haben in Emmerich aktuell annähernd 300 Mitglieder.