Klein-Netterden. . Der Emmericher Landwirt Christian Scheers lässt 24 Stunden am Tag 140 Milchkühe melken. Mit Hilfe zweier Roboter. Macht 1,4 Millionen Liter Milch im Jahr. Das Geschäft läuft dennoch nicht rund.

140 Kühe und ein Mann. Macht schlanke 1,4 Millionen Ertragsliter Milch im Jahr. Christian Scheers muss dafür nicht 24 Stunden, sieben Tage die Woche im Stall zubringen. Nein, der Chef des Budberger Hofes hat in die Zukunft investiert. In schlaue Technologie, um zwei Familien vom Betrieb am Steinackerweg trotz sinkender Milchpreise und globaler Konkurrenz, sogar aus Neuseeland, davon zu ernähren. Früher habe einer auf seinem Hof 20 Kühe (meist von Hand) gemolken. Heute seien hundert Tiere nötig, um über die Runden zu kommen, so Scheers.

Bei der „Sommertour Landwirtschaft“ der Wirtschaftsförderung im Kreis Kleve beeindruckten vor allem die beiden Milchroboter im für rund 900 000 Euro neu erbauten Stall. „Mehr Platz, mehr Licht, mehr Luft – das sorgt bei den Kühen für Zufriedenheit“, so der Landwirt.

Die Roboter arbeiten rund um die Uhr, haben für ihre Kundschaft auf vier Beinen immer geöffnet. Wer keinen Warteschlagenstress mag, was auf die in der Gruppenrangordnung hinten stehende Tiere oft zutrifft, der kommt spätabends. Oder in der Nacht. Die Milchkühe trotten von allein zum Gitter, wenn sie den Euter entleeren wollen. Drei- bis fünfmal am Tag. Leckeres Futter hilft ein wenig nach. Ein am Hals befestigter Chip sagt der Melkmaschine, welche Liter-Leistung die nummerierte Kuh nun erbringen soll. Die Pumpfühler tasten sich automatisch an die Zitzen. Dann zeigt der Bildschirm an, wie zügig die gewünschte Litermenge „im Kasten“ ist. Der Gitterausgang öffnet sich, die erleichterte Kuh trabt von dannen. Am Eingang wartet der nächste Kunde. Fast wie im Supermarkt.

Christian Scheers kommt auf 210 Melkvorgänge pro Tag pro Roboter. Macht zweimal 2000 Liter. Dazu prüft der Herd Navigator, rund 60 000 Euro teuer, bei jedem Tier flott die Milchqualität. „So kann man eine erkrankte Kuh früh identifizieren“, hebt Scheers hervor, „ich kriege dann eine SMS geschickt.“

Das Futter holt der Landwirt zum großen Teil von der eigenen Nutzfläche, muss aber auch dazukaufen. Gutes Klima und gute Böden zeichnen den Niederrhein aus. Alles wäre in Butter, würde nicht ständig der Milchpreis fallen. 25 Prozent weniger Einnahme stehen im Vergleich zu 2014 für den Budberger Hof zu Buche. „Auch im vergangenen Jahr haben wir uns nicht in den Schlaf gelacht. Aber langsam wird es eng“, versichert Scheers.

Kreis-Landwirt Josef Peters glaubt, die Antwort zu kennen: „Die Kunden interessiert nur noch: billig. Alle wollen originale, gesunde Produkte, dafür aber den Preis nicht zahlen. Eine Folge des Kampfes von Lebensmittelgiganten.“

Sparen ist für Landwirt Scheers keine wirkliche Alternative. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Milchkühe älter werden, um weniger in neue Tiere investieren zu müssen.“ Denn: Erst nach 26 Monaten gibt ein Neugeborenes Milch ab.

Übrigens:

55 000 Milchkühe sind im Kreis verteilt. Dazu kommen 383 000 Schweine und 73 000 Rinder. Der Wert aller produzierten landwirtschaftlichen Güter im Kreis lag 2012 bei 284 Millionen Euro – höchster NRW-Bruttowert.

1875 Betriebe sind im Kreis der Landwirtschaft zuzuordnen, 9180 Menschen sind hier beschäftigt. Jeder 20. im Kreisgebiet lebt damit von und mit der Landwirtschaft.