Emmerich. . Seit 50 Jahren gibt es schon die Ehe- und Familienberatung im Bistum Münster. Anni und Manfred Götzen zählten zu den Gründern der Beratungsstelle, die immer mehr auf Internet-Angebote setzt.
„Gut, dass ich das nicht mehr brauche“, sagt Manfred Görtzen (78), Gründervater der Katholischen Ehe-, Familien- und Lebenberatungsstelle (EFL) in Emmerich/Rees und meint die Onlineberatung. Dieses moderne Kommunikationsmittel erfreut sich aus den unterschiedlichsten Gründen großer Beliebtheit. Stephan Billen (53), seit 2005 Leiter der EFL-Beratungsstelle am Neuen Steinweg, illustriert das an Zahlen: „Die Onlineberatung ist im Bistum Münster mit 880 Beratungskontakten im Jahr inzwischen so groß wie die persönlichen Beratungskontakte in Emmerich mit rund 750.“
Der PC bietet einen großen Vorteil: Zu jeder Tages- und Nachtzeit kann man sich etwas von der Seele tippen – ein Akt, der von vielen Ratsuchenden selbst schon als sehr entlastend empfunden wird.
Eines hat sich in den 50 Jahren, in denen es die Ehe- und Familienberatung im Bistum Münster nun gibt und die kostenfrei und offen für jedermann ist, nicht geändert: Der psychologisch fundierte Beratungsdienst steht Partner und Familien in schwierigen Beziehungs- und Lebenslagen bei, möglichst ohne Partei für die eine oder andere Seite zu ergreifen. Gemeinsam werden am runden Tisch Auswege aus Krisensituationen gesucht. Wobei es kein Dogma ist, Ehe um jeden Preis zu retten: „Die Leute“, sagt Billen, „geben das Ziel selbst vor.“
Die Kirche von heute ist voll des Lobes über ihre EFL. Damit sei man ganz nah dran an der familiären Lebenswirklichkeit von heute, lobt Bischof Genn und beteuert, die EFL sei kein Vehikel, um durch die Hintertür verirrte Schäfchen wieder zurück zu gewinnen.
Abwehrhaltung der Pastöre
Doch die Anfänge der EFL vor Ort waren schwer. Manfred Görtzen erinnert sich gut: „Als wir 1969 eine Beratungsstelle einrichten wollten, haben die Pastöre gesagt: Das machen wir selbst.“ Auch vom Reeser Pastor bekamen er und Willi Böing das zu hören. Trotzdem durften sie dann im Piusheim einen Raum anmieten, freilich draußen an dem altehrwürdigen Gebäude kein Schild anbringen: „Nicht selten wurden die Beratungen von den Stimmen des probenden Kirchenchores positiv stimuliert.“
Die Kirchenoberen, das war jedenfalls der Eindruck von Görtzens Ehefrau Anni (74), der ersten EFL-Leiterin, wollten das nicht aus der Hand geben: „Sie befürchteten, wir könnten was machen, was nicht kirchenkonform ist.“
Die Klienten kamen zu Reeser Zeiten überwiegend aus Wesel und Emmerich. 1984 zog die EFL dann von Rees nach Emmerich um. „Die Anfangsängste, eine Beratungsstelle aufzusuchen und vielleicht von anderen dabei erkannt zu werden, waren schon lange nicht mehr geäußert worden“, so Manfred Görtzen. Und heute? Steigt die Zahl der Ratsuchenden weiter an. Auch in Emmerich. Die Beratungsstunden wurden ausgebaut. Pro Woche sind es 32, vor zehn Jahren waren es 20.
Das Emmericher Team setzt sich zusammen aus drei Beratern plus Sekretärin und arbeitet mit den EFL-Stellen in Goch und Kleve zusammen. Prophylaxe spielt eine immer größere Rolle. Deshalb kooperiert die EFL mit Familienzentren. Denn, sagt Billen, „die Leute sollen frühzeitig zu uns kommen“. Auch das Partnerverständnis hat sich geändert. Früher hatte der Mann das Sagen und die Frau zu schweigen. „Zu uns kamen anfangs häufig nur Frauen, die von ihren Männern tyrannisiert worden waren“, erinnert sich Manfred Görtzen.
Finanziert werden Personal- und Sachkosten von Bistum, Land, Kreis und Stadt, wobei die Stadt Emmerich im Kreisgebiet eine Vorreiterrolle bei der kommunalen Pauschale spielte.
Anni und Manfred Görtzen sowie Stephan Billen sind Eheberater aus Leidenschaft, weil sie schon immer an Menschen interessiert waren. Selbst um den Preis, die Probleme anderer mit nach Hause zu nehmen. „Ich lerne ganz viel von anderen Leuten“, sagt Billen, „es ist toll, zu sehen, wie breit gefächert das Leben ist“.
EFL: Neuer Steinweg 22, Emmerich, 02822/4344, Bürozeiten: mo.-do., 8.30-11.30 Uhr.