Emmerich. . Die Stadt Emmerich initiiert das Klimaanpassungskonzept. Dabei geht’s nicht um eine Reduzierung des Energieverbrauchs, denn der Klimawandel kommt so oder so.

Soll der Neumarkt wirklich noch überbaut werden oder braucht man die Fläche vielleicht anderweitig? Eines wurde bei der Auftaktveranstaltung zum Klimaanpassungskonzept zumindest mal deutlich: Auch eine 30 000-Einwohner-Stadt wie Emmerich braucht Belüftungsschneisen. Der Klimawandel kommt. So oder so. Hitzewellen werden dabei unter anderem die Folge sein, wie Dr. Monika Steinrücke von der Ruhr-Universität Bochum erklärte: „Lebenswichtige Frischluft-Versorgungsschneisen gilt es zu finden und zu schützen.“

Heller Straßenbelag, grüne Wände

Das Anpassungskonzept darf nicht mit den Bemühungen verwechselt werden, vorbeugend den Energieverbrauch zu senken. „Es ist die Fortsetzung des Klimaschutzkonzeptes“, sagt Jochen Kemkes, der Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung im Rathaus. Die Stadt hat die Ruhr-Uni mit der Erarbeitung des Konzepts beauftragt. Die Wissenschaft weiß es längst: „Der Klimawandel ist schon da. Aber er wird sich noch verstärken“, so Dr. Steinrücke.

Das Klimaanpassungskonzept befasse sich nicht mit den globalen Effekten wie etwa einer Erhöhung der Meeresspiegel, sondern konkret mit den Auswirkungen in den Kommunen. Außer den Hitzewellen, die der alternden Gesellschaft zu schaffen machen wird, ist mit Extremwetter zu rechnen: von Stürmen bis Überschwemmungen. Naturkatastrophen, die sich früher alle 100 Jahre ereigneten, kommen nun alle zehn bis 15 Jahre.

„Die Stadtplanung muss sich anpassen. Probleme sind zum Beispiel versiegelte Flächen oder über das Ufer tretende Bäche“, so Steinrücke. Bei jedem Projekt müsse die Klimaanpassung bedacht werden. Etwa indem man Grünzüge in der City erhält. Oder beim Straßenbelag überlegt: „Schwarzer Asphalt im Vergleich zu hellgrauem wird zwanzig Grad heißer“, hebt Dr. Steinrücke hervor.

Auch im Privaten wird sich das Anpassungskonzept auswirken. Zum Beispiel bei nötigen Fassaden- und Dachbegrünungen. Oder bei der Farbe einer Hauswand. Helle Töne nehmen weniger Hitze auf.

Moderator Dr. Ulrich Eimer (siehe unten) begrüßte am Dienstag rund 30 Zuhörer zur Auftaktveranstaltung im Willibrord-Gymnasium. „Es ist schwer, alle Einwohner von der Wichtigkeit zu überzeugen“, sagte Eimer, der auch keinen vollen Saal erwartet hatte. Er setze auf die Bürger-zu-Bürger-Kommunikation.

Im Anschluss an den Grundlagen-Vortrag nahmen die Besucher an einem Workshop teil. Eine Karte Emmerichs wurde aufgehängt, an dem die Bürger mit Pinnadeln und Karteikarten ihre Vorschläge zur Klimaanpassung einbrachten.

Rund 20 Anregungen wurden schon an die Karte gepinnt. Etwa, dass die Steinstraße weitere Luftschneisen zum Rhein hin bekommen könnte, um hier für frischere Luft zu sorgen. Andere Bürger schlugen eine Begrünung der Innenstadt mit hellen Farben vor. „Es ist wichtig, die Bürger anzuregen, ihre Ideen aufzunehmen und gemeinsam Maßnahmen für die Stadt zu finden“, so Eimer.

Unter den Besuchern waren auch Vertreter des Emmericher Klima-Tisches, Jens Niermann (Johnson Matthey) und Jens Pietsch (Hydronik). „Zuerst war ich skeptisch“, sagte Niermann zum Konzept, „aber ich erkenne die Notwendigkeit der Klimaanpassung.“ Er sei aus beruflichen Gründen erschienen, interessiere sich aber auch privat. „Es ist wichtig, Pufferflächen zwischen Industrie und Wohnraum zu schaffen.“

Ebenso denkt Jens Pietsch: „Das Klimaanpassungskonzept ist eine logische Folge des Klimawandels.“ Pietsch sehe die Wichtigkeit von wasserdurchlässigen Belägen. Die Ruhr-Uni habe gute Vorschläge gemacht. Manche seien schwer umzusetzen. Es lasse sich etwa nicht jedes Gebäude einfach beseitigen.

Das Moderationsbüro Eimer Projekt Consulting (EPC) begleitet den Prozess, der etwa ein Jahr bis zum fertigen Konzept dauern wird. Ziel ist es, so Chef Dr. Ulrich Eimer, private wie öffentliche Akteure zu identifizieren und in den Prozess einzubinden, um dann am Ende konkrete Maßnahmen zu entwickeln.

Im Sommer folgt ein weiterer Workshop mit Fachakteuren, in dem erste wissenschaftliche Daten für Emmerich auf den Tisch kommen.

Das Konzept wird von der Stadt Emmerich und vom Bundesumweltministerium finanziert.