Duisburg-Rheinhausen. . Seit 2001 gilt die Cölve-Brücke als marode. Heute ist sie völlig baufällig, ein Ersatz ist nicht in Sicht. Chronik eines kommunalen Versagens.
Seit Mitte des Jahres ist sie wieder gesperrt, jetzt womöglich für immer. Die Brücke An der Cölve, sie verbindet Rheinhausen-Trompet mit Moers-Schwafheim, hat sich längst den Spitznamen „Ruine An der Cölve“ verdient. Wie geht es weiter, kommt eine Behelfsbrücke, wann wird saniert oder neu gebaut? Fragen, auf deren Antworten die Menschen rund um die viel befahrenen Umleitungsstrecken warten. In einer umfangreichen Dokumentation blickt der Rheinhauser Manfred Schweres zurück auf immense Versäumnisse.
Schweres setzt mit seiner Betrachtung im Jahr 2001 ein, damals war das 1910 errichtete Bauwerk bereits nicht mehr taufrisch. Der Stadt Moers gehört die Brücke seit Mitte der 1990er, im Zuge der Privatisierung hatte die Deutsche Bahn so manche Brücke aus bilanztechnischen Gründen verschenkt. Um die Folgekosten hatten sich dann Städte wie Moers zu kümmern. Oder eben auch nicht. Hier die Dokumentation in Auszügen:
Städte sollen sich „zeitnah“ einigen
2001: Die Brücke An der Cölve wird als baufällig eingestuft. Es kommt zur einspurigen Einengung mit Lastenbeschränkung - die auch, soviel vorab, sechs Jahre später noch nicht aufgehoben ist. Die Stadt Moers kündigt an, sich um Fördermittel kümmern zu wollen.
2005: In der Rheinhauser Bezirksvertretung steht das technische Konzept für den Brückenneubau vor dem Abschluss. 2007 soll es umgesetzt werden. Ein Vertreter der Stadt Moers versichert dem Gremium, ein entsprechender Antrag auf Fördermittel werde im Herbst desselben Jahres gestellt.
2006: „Moers erarbeitet den Förderantrag“, titelt diese Zeitung im November. Dazu wird das Moerser Baudezernat zitiert: „Der Baubeginn kann 2007 erfolgen - eine zeitnahe Einigung der Städte Duisburg und Moers vorausgesetzt.“
2007: Moers fordert die Übernahme der Hälfte der anteiligen städtischen Baukosten (rund 80 Prozent fördert das Land NRW). In verschiedenen Presseorganen wird immer wieder an die Zusage erinnert, den Bau 2007 umsetzen zu wollen.
Wo bleibt der Antrag auf finanzielle Förderung?
2008: Die Cölve-Brücke ist immer noch nur einspurig befahrbar. Als Grund wird angegeben „dass sich Duisburg und Moers nicht einigen können.“ So steht es am 10. April in dieser Zeitung.
2009: Ein gemeinsamer Förderantrag soll bis Februar eingereicht werden. Pikant: Laut Berichten soll der Stadt Duisburg ein Vertragsentwurf bereits seit einem halben Jahr vorliegen. Dies stehe in einem Brief aus dem Moerser Rathaus. Der Vorwurf der Untätigkeit steht im Raum. „Warum der Ende Juli zugesandte Vertragsentwurf vier Monate im Duisburger Rathaus reifen musste, bleibt unbeantwortet“, heißt es am 20. Februar in dieser Zeitung.
Im März wird der Förderantrag für den Straßen- und Brückenbau An der Cölve an die zuständige Stelle der Bezirksregierung geschickt. Leider wurde er so spät eingereicht, dass er „in diesem Jahr nicht mehr zum Tragen kommt, da er erstens für die Berücksichtigung zur Förderung in 2009 zu spät eingereicht wurde und (zweitens) auch für 2010 nicht klar ist, ob er gefördert wird, da sehr viele Anträge vorliegen“. So steht es in Berichten Mitte Juni.
2010: Es dürfen nur noch Fahrzeuge bis zwölf Tonnen Gesamtgewicht über die Cölve-Brücke fahren. Im Juni stellt die Stadt Moers entsprechende Schilder auf. Bislang waren Fahrzeug bis 16 Tonnen erlaubt. An den Brückeneinfahrten soll ein so genannter „Portalrahmen“ errichtet werden. Er verhindert, dass Laster unbefugt über die Brücke fahren.
Die Planung des Neubaus stagniert
Der Förderantrag liegt indes offenbar noch in Düsseldorf. Laut Zeitungsberichten wurde noch nicht positiv entschieden - einen Zeitrahmen gibt es nicht. Die nächsten zwei, drei Jahre würde man wohl mit dem jetzigen Zustand leben müssen, zitieren Zeitungen einen Sprecher der Stadt Moers.
2011: Zehn Monate später als angekündigt werden die Portalrahmen vor den Brückeneinfahrten eingebaut. Für Lkw-Schwerlaster ist nun kein Durchkommen mehr.
2012: Im November liegen der Bezirksvertretung Rheinhausen noch immer keine Informationen vor, wann die Planungen beginnen und in wann die Umsetzung erfolgen soll. Als Baubeginn steht nun 2013 im Raum. Aber daraus werde wohl nichts, teilt ein Sprecher der Stadt Moers auf Anfrage mit. Die Planung umfasse weit mehr als nur den Neubau. Vielmehr müsse man auch den Straßen- und Kanalbau an angrenzenden Straßen und einen Radweg planen. Dies alles, so der Sprecher, führe dazu, dass die Brücke in der Planung für 2013 noch nicht vorkommt. Jetzt ist von 2014 die Rede.
Bis dahin könne man die derzeitige Übergangslösung weiter laufen lassen. Unterdessen ergibt ein neues Gutachten, dass sich die Brückenfestigkeit weiter verschlechtert hat. Folge: Die Höchstgeschwindigkeit wird auf 10 km/h beschränkt. Der Moerser Stadtsprecher räumt das „Worst-Case-Szenario“ ein, die vollständige Sperrung. Die verantwortlichen Städte schieben sich weiter die finanziellen Forderungen zu.
Ende September liegt der ausstehende politische Beschluss der Stadt Moers für den Brückenneubau vor. Stadtplaner aus Moers und Duisburg wollen sich treffen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Im Oktober rammt wieder mal ein Lkw die Cölve-Brücke. Es ist der dritte Unfall im laufenden Jahr. Daraufhin wird die Durchfahrt für Busse und Lkw komplett gesperrt.
2014: Die Brücke bleibt teilgesperrt. Für den privaten und öffentlichen Verkehr ergeben sich weite Umwege; auch Jeeps, SUV und Vans haben Probleme mit der verengten Durchfahrt. Derweil stagniert die Neubauplanung. Moers habe nun für eine Reparatur der maroden Brücke votiert, heißt es in Zeitungsberichten. Stimme die Duisburger Politik zu, könne das Bauwerk für 140 000 Euro saniert werden. Ein Neubau sei erst 2017 geplant.
2015: Im Sommer sind die Sanierungsarbeiten beendet. Die Städte Moers und Duisburg haben die Brücke erstmal hergerichtet, damit wieder Autos und Linienbusse fahren können. Zwei Jahre lang ist Ruhe.
Auf unbestimmte Zeit gesperrt
2017: „Brücke An der Cölve auf unbestimmte Zeit gesperrt“, titelt diese Zeitung am 19. Juli. Durch neue Schäden am ohnehin maroden Bauwerk sei die Stadt Moers umgehend zum Handeln gezwungen. Jetzt erst wird bekannt, dass noch immer keine fertigen, durchfinanzierten Baupläne für den Neubau vorliegen. Seither drehen sich Verwaltung und Politik wieder im Kreis. „Die ‚Ruine an der Cölve‘, „Umleitungen und schnelles Handeln gefordert“, „Eine Sperrung und die weitreichenden Folgen“ lauten Schlagzeilen des Sommers. Im Juli schreiben Anwohner der Umleitungsstrecke einen offenen Brief an OB Sören Link und beschweren sich über die Raser. Das Problem wird allerorts diskutiert. Die Crux: Die Brücke liegt zwar auf Moerser Stadtgebiet, dient aber vor allem der Verbindung von Duisburger Stadtteilen: im Norden Bergheim und Trompet, im Süden Rumeln. Aktuell ist eine Gebietsübertragung an Duisburg im Gespräch, zuletzt regte die SPD eine Ersatzbrücke an.
Ende offen.