Duisburg. Nach 23 Jahren verabschiedet sich Karin Weyers als Vorsitzende der Hamborner Jecken. Die KG geht mit neuem Vorstand in eine schwierige Zukunft.
Ihren letzten Jahresbericht als Vorsitzende der 1. Großen Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß Hamborn-Marxloh hat Karin Weyers gewohnt professionell vorgetragen. Doch als sie sich am Ende für 23 Jahre Vertrauen bedankt, ist es vorbei: Die 77-Jährige stockt, ihr schießen die Tränen in die Augen. Die Mitgliederversammlung überbrückt die Pause mit langem, stehendem Applaus. Mit einem neugewählten Vorstand geht eine der größten Duisburger Karnevalsgesellschaften in die nächsten Jahre. Leicht wird es nicht.
Aktuell hat der Verein 258 Mitglieder. Rund 40 davon sind minderjährig. Nachdem es während Corona bröckelte, haben sich Kindertanzgarde und Tanzgarde personell wieder erholt. Das Offizierskorps der Hamborner Stadtwache ist sogar auf 30 Uniformierte angewachsen.
Herausforderung für die Hamborner Jecken: Vereinskasse ist stark strapaziert
Weniger erfreulich sieht es bei den Finanzen aus. Während man die Pandemie selbst einigermaßen unbeschadet überstand, ließ die Session 2022/23 den Kassenbestand der Rot-Weißen deutlich schmelzen. Die Kosten für Veranstaltungen und Umzüge, allen voran der Hamborner Kinderkarnevalszug, sind um mehr als ein Drittel gestiegen.
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Gleichzeitig ging der Kartenverkauf zurück. Zwar sind die Hallenveranstaltungen der Rot-Weißen immer noch gut besucht, aber nicht mehr ausverkauft. Rund ein Viertel der Plätze blieb zuletzt leer. Der Verein will künftig auf stärkere Mund-zu-Mund-Werbung durch die Mitglieder setzen. Diese beschlossen auf der Jahreshauptversammlung zudem eine deutliche Anhebung des Mitgliedsbeitrages, der mit 70 Euro im Jahr aber immer noch vergleichsweise moderat ist.
Björn Kowalski steht nun als Vorsitzender an der Spitze des Hamborner Karnevalsvereins. Der 36-Jährige ist Filialleiter eines Hydraulikunternehmens, seit 2011 im Karneval aktiv und war bislang als stellvertretender Schriftführer im Vereinsvorstand. Marten Ballauf ist neuer Geschäftsführer, zuvor war er Stellvertreter. Sein Vorgänger Axel Koch ist nun Vizepräsident der jecken Gesellschaft. Der Präsident bleibt Wolfgang Swakowski. Zumindest noch für ein Jahr, dann soll ihn Udo Arbes ablösen. Nur zwei Positionen im Vorstand bleiben unverändert: Sabine Koch ist als Schriftführerin wiedergewählt und Matthias Ufermann als Schatzmeister.
Mit ein wenig Besorgnis blicken einige Mitglieder allerdings auf den Umstand, dass gleich drei Männer der Führungsriege – Ufermann, Ballauf und Kowalski – in der kommenden Session eine andere Hauptaufgabe haben werden: Als Prinz und Hofmarschälle vertreten sie die Duisburger Stadtfarben.
Emotionale Verabschiedung bei den Hamborner Karnevalisten
Für die Verabschiedung von Karin Weyers haben sich die Mitglieder auf der dreistündigen Versammlung am meisten Zeit genommen. Da gab es Geschenke und viele gute Wünsche, und die Jecken sangen sogar für ihre scheidende Vorsitzende. Klar, dass weitere Tränen flossen.
Weyers kam vor genau 50 Jahren zum Karneval: Sie sprang bei Rot-Weiß als Pagin ein. Danach betreute sie mit viel Engagement und Fachwissen – sie war eine Zeitlang Jurorin bei Tanzturnieren des Bundes Deutscher Karneval – bis zuletzt die Tanzgarden.
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Zur Vereinsvorsitzenden wurde Karin Weyers vor 23 Jahren auf ebenso tragische wie höchst ungewöhnliche Weise. Das Amt hatte nämlich zuvor Ehemann Horst innegehabt, der überraschend verstarb. Da Karin ohnehin über alle Vereinsangelegenheiten Bescheid wusste, trat sie auf Drängen des Vereins kurzerhand die Nachfolge an. Dieter Seedorfer, seit einem halben Jahrhundert ein Wegbegleiter im Karneval, brachte ihre Amtsführung auf den Punkt: „Sie war nicht immer pflegeleicht. Aber Rot-Weiß steht bei ihr immer im Mittelpunkt. Davor müssen wir uns verbeugen.“
>> Gleich zwei Jubeltage in der nächsten Karnevalssession
● In der kommenden Session feiert Rot-Weiß Hamborn-Marxloh gleich zwei Jubeltage: Die Gesellschaft begeht 2023/24 ein närrisches Jubiläum. Sie wird sechs mal elf Jahre alt. Der Hamborner Kinderkarnevalszug hat dagegen einen runden Geburtstag. Motto: „60 Jahre sind nicht genug. Er lebe weiter, unser Kinderzug.“
● Der beliebte Umzug soll 2024 auf Wunsch des Hamborner Vereins übrigens auf eine historische Strecke zurückkehren. Er wird nicht mehr nach Marxloh hinein führen, sondern vorher von der Duisburger Straße nach links in die Buschstraße abbiegen – sofern die Stadt Duisburg zustimmt.