Duisburg. Die Wartezeiten für bestimmte Facharzt-Termine sind lang, die Wege weit. Warum Duisburg aber laut Kassenärztlicher Vereinigung gut versorgt sei.

Wer einen Termin beim Kinder- oder Augen-Arzt, Urologen, Orthopäden oder Gastroenterologen benötigt, sollte es nicht eilig haben. Die Wartezeiten betragen oft Monate, manche Fachärzte lehnen die Aufnahme neuer Patienten ab. Dennoch ist Duisburg gut versorgt laut Statistik der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo), die in ärztlicher Selbstverwaltung die Verteilung der Sitze der Haus- und Fachärzte organisiert.

Junges Duisburg: Immer weniger Fachärzte in den Stadtbezirken

Eine „gefühlte Unterversorgung“ beschäftigte jetzt den Ausschuss für Arbeit, Soziales und Gesundheit des Stadtrates. Der Oberbürgermeister solle „Maßnahmen entwickeln und ergreifen könne, um die ungerechte Verteilung von Fachärzten in Duisburg zu beheben“, hatte die Fraktion Junges Duisburg dort beantragt.

Vor allem in manchen Bezirken herrsche ein „eklatanter Mangel“, begründete die Fraktion. Bürger aus medizinisch unterversorgten Stadtteilen müssten lange Anfahrten in Kauf nehmen. Es müssten Anreize geschaffen werden für Mediziner, sich dort niederzulassen, schlägt Junges Duisburg vor.

Die Stadt hat keinen Einfluss auf die Versorgung mit Fachärzten und deren Verteilung über das Stadtgebiet, erklärt Gesundheitsamtsleiter Ludwig Hoeren (Bild).
Die Stadt hat keinen Einfluss auf die Versorgung mit Fachärzten und deren Verteilung über das Stadtgebiet, erklärt Gesundheitsamtsleiter Ludwig Hoeren (Bild). © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Die Möglichkeit einer Einflussnahme auf die Verteilung gebe es nicht, erklärte Ludwig Hoeren. „Die Stadt ist da raus“, so der Leiter des Gesundheitsamtes. Der Verband der gesetzlichen Krankenkassen habe einen Sicherstellungsauftrag für die Versorgung, die von der KVNo organisiert werde.

Die Fachärzte, so Hoeren weiter, zählten nicht zur Basisversorgung: „Deshalb wird man längere Wege in Kauf nehmen müssen.“ Mit Blick auf die Statistik der KVNo gebe es zwar ein erhebliches Defizit bei den Hausärzten (wir berichteten), bei den Fachärzten seien aber alle Sitze besetzt.

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Patientenzahl pro Facharzt: Relation in einigen Disziplinen schlechter als in anderen Städten

Das ist in der Tat der Fall. Der Blick in die Zahlen zeigt aber auch: Die Zahl der rechnerisch zu versorgenden Bürger ist nicht nur ein vielfaches höher als bei einem Hausarzt, diese Relation ist bei einigen Fachärzten auch deutlich schlechter als in anderen Städten. Sie sei nicht willkürlich gewählt, erklärt KVNo-Sprecher Christopher Schneider: „Zugrunde liegt die Bedarfsplanung des gemeinsamen Bundesausschusses. Sie erfolgt nach verschiedenen Kriterien und wird bei Bedarf angepasst.“

So entfallen in Duisburg (502.000 Einwohner) auf jeden der 28,5 Augenärzte 19.413 Menschen. Der Versorgungsgrad liegt hier bei 110 Prozent, weitere Niederlassungsmöglichkeiten gibt es deshalb nicht. Deutlich besser ist die Relation etwa in Aachen mit 12.779 Einwohnern pro Arzt oder in der Nachbarstadt Krefeld mit 12.455 potenziellen Patienten pro Augen-Spezialisten. Dabei liegt der Duisburger Wert aber im Durchschnitt. Noch länger warten zum Beispiel Patienten in Düren, hier versorgt ein Augenarzt 22.823 Menschen.

Einen Versorgungsengpass bei den Kinder- und Jugendärzten erkennt deren Duisburger Obmann Dr. Markus Schäfer nicht. Gleichwohl sei die Arbeitsbelastung in den Praxen hoch, so der Rheinhauser Pädiater.
Einen Versorgungsengpass bei den Kinder- und Jugendärzten erkennt deren Duisburger Obmann Dr. Markus Schäfer nicht. Gleichwohl sei die Arbeitsbelastung in den Praxen hoch, so der Rheinhauser Pädiater. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Nur bei den Kinderärzten gibt es noch einen freien Sitz für Duisburg

Jeder niedergelassene Chirurg und Orthopäde – für sie gibt es 43,62 Sitze in Duisburg – versorgt rein rechnerisch 13.444 Duisburgerinnen und Duisburger. 55 Frauen-Ärztinnen und -Ärzte haben sich in der Stadt niedergelassen, auf jeden Gynäkologen entfallen damit 5593 Patientinnen. Deutlich größer ist mit 35.125 diese Gruppe bei den 17 Hautärzten. Jeweils einen der 26 Duisburger HNO-Fachmediziner teilen sich statistisch gesehen 24.690 Duisburger.

Traditionell groß ist der Andrang bei den Kinder- und Jugendärzten. Davon gibt es 34, jeder versorgt im Schnitt 2863 Mädchen und Jungen. Laut KVNo-Tabelle entspricht das einem Versorgungsgrad von 108 Prozent. Dennoch ist es die einzige Fach-Disziplin, in der sich in Duisburg noch ein weiterer Mediziner niederlassen darf.

Denn auch mit 27,5 Stellenanteilen für Nervenärzte (einer pro 20.116 Bürger) gilt die Stadt als ausreichend versorgt. Ähnlich ist es auch bei den 107,7 Psychotherapeuten: mit 5032 Bürgern betreut rein rechnerisch von ihnen jeder im Fachärzte-Vergleich die geringste Zahl von Patienten. Dennoch sind vor diesen Praxen die Warteschlangen besonders lang.

Für die Terminfindung bei einem Facharzt empfiehlt die KVNo ihrer Servicestelle. Sie ist telefonisch erreichbar unter: 116117

>> MEDIZINISCHE VERSORGUNGSZENTREN: EIN ERKENNBARER TREND

  • Die Verlagerung von Facharzt-Sitzen in oder an Kliniken sei ein bundesweit und auch in Duisburg „erkennbarer Trend“, sagt KVNo-Sprecher Christopher Schneider.
  • Dabei geben niedergelassene Ärzte ihren Sitz an eine Klinik ab, sie selbst oder ihre Praxis-Nachfolger sind fortan bei der jeweiligen Klinik angestellt, die auch die Verantwortung für Verwaltung und Personal übernimmt.
  • In anderen Fällen übernehmen Klinikärzte einen Kassensitz, über den sie zusätzlich zu ihren Aufgaben in der Klinik ambulante Leistungen ihres Fachgebietes für die Patienten erbringen.
  • Die KNVo bremse weder diesen Trend, noch fördere sie ihn, so ihr Sprecher. „Finanzinvestoren, die sich damit ein gutes Geschäft versprechen, stehen wir allerdings kritisch gegenüber. Manchmal sei es aber zu begrüßen, wenn ein Facharzt-Sitz von einer Klinik übernommen wird. Schneider: „Das ist besser, als wenn er ganz verschwindet, weil ein Arzt keinen Nachfolger für seine Praxis findet.“