Duisburg. Im Streit um das Bauprojekt Rahmerbuschfeld fallen in einer Sitzung der Duisburger Politik Beleidigungen. Beinahe kommt es zum Rauswurf.

Der Streit ums Rahmerbuschfeld beschäftigte am Dienstagabend die Bezirksvertretung Süd: Mit knapper Mehrheit hat das Gremium die Pläne für das Neubaugebiet direkt am Naturschutzgebiet abgelehnt. Der Diskussion folgten rund 20 Bürger, die Beiträge aus der Sitzung teils mit Beifall bedachten – und teils mit Beschimpfungen, so dass die Sitzungsleiterin damit drohen musste, den Zuhörerraum zu räumen.

Beleidigung gegen Duisburgs Artenschutzbeauftragten: Politische Sitzung kurz vor der Räumung

„Dummheit!“, schimpft lautstark und wiederholt ein Zuhörer. „Der ist doch dumm!“ Die stellvertretende Bezirksbürgermeisterin Angelika Kleinefeldt (CDU) bittet um Ruhe, droht schließlich: „Sonst muss ich den Zuhörerraum räumen lassen.“

Der Mann, auf den sich die Beschimpfung bezieht, ist Duisburgs Artenschutzbeauftragter und Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, Randolph Kricke. Den Unmut des Zuhörers hatte seine Äußerung auf sich gezogen, das Rahmerbuschfeld sei im Hinblick auf Starkregenereignisse nach einer Bebauung womöglich „resilienter“ als zuvor – trotz Versiegelung, dank gezielterer und langsamerer Versickerung von Regenwasser unter anderem über begrünte Dächer.

Bis auf den „Dummheit“-Zwischenruf verläuft die Diskussion in der BV-Sitzung engagiert, aber besonnen; weitere Reaktionen aus den Reihen der etwa 20 Zuhörer gibt es nur in Form von Beifall für jeden Beitrag, der das Bauprojekt kritisiert.

Grüne: Auch am Rahmerbuschfeld in Duisburg entscheidet sich die Klimakrise

So wie der von Ingrid Fitzek (Grüne). Sie stimmt der Verwaltung zwar in der Hinsicht zu, dass „Duisburg Wohnraum schaffen muss, auch hochwertigen Wohnraum“. Aber: „Nicht zwangsläufig muss deshalb an einem der wenigen FFH-Gebiete (ein besonders wertvolles Naturschutzgebiet, Flora-Fauna-Habitat, Anm. d. Red.) gebaut werden.“

In den Jahren seit den ersten Plänen fürs Neubaugebiet Rahmerbuschfeld habe die Welt sich verändert: „Wir haben einen Flutsommer hinter uns, Duisburg ist mittlerweile eine der heißesten Städte in Deutschland.“ Da sei es umso wichtiger, eine solche grüne Fläche zu erhalten: „Auch die einzelne Entscheidung in einer Bezirksvertretung über eine Fläche ist ein Puzzlestein, der zur Verschärfung oder zur Abmilderung der Klimakrise beiträgt.“

Ihre Fraktionsvorsitzende Heide Apel kritisiert den Umgang der Duisburger Verwaltung mit den Bürgereinwänden gegen das geplante Bauvorhaben: „Es steht immer daneben: ‚nicht gefolgt‘. ‚Nicht gefolgt.‘“ Die Widersprüche der Bürger seien nicht ernst genommen worden. „Die Verwaltung kommt immer zu dem Schluss: Die Gründe sind nicht wichtig genug. Das macht mich hilflos.“

Junges Duisburg: Für den neuen Supermarkt, gegen Häuser am Naturschutzgebiet

Gegen die Wohnbebauung spricht sich auch Christian Aps (Junges Duisburg) aus. Allerdings nicht grundsätzlich: Eine „aufgelockerte“ Bebauung sei angekündigt gewesen, „für uns sieht aufgelockert anders aus als 80 Wohneinheiten“. Auch würden ihm die neuen Häuser mit teilweise nur 80 Meter Abstand zu nah an das angrenzende Naturschutzgebiet heranrücken. „Die Pufferzone (300 Meter gibt die EU vor, Anm. d. Red.) existiert nicht umsonst.“

Auch wenn Aps schließlich gegen die Vorlage stimmt: Der Bau eines neuen Supermarkts am Rahmerbuschfeld findet seine Zustimmung. Seine Befürchtung: „Wenn Edeka mal schließt, guckt Rahm in die Röhre.“

2023 wurde der Edeka in Duisburg-Rahm modernisiert. Wachsen kann der kleine Supermarkt an diesem Standort nicht.
2023 wurde der Edeka in Duisburg-Rahm modernisiert. Wachsen kann der kleine Supermarkt an diesem Standort nicht. © FUNKE Foto Services | Rainer Hoheisel

SPD und CDU stimmen für das Bauprojekt Rahmerbuschfeld

Positiv betrachtet die SPD das Bauvorhaben. Fraktionsvorsitzender Jannik Neuhaus wendet ein: Auch unter den Anwohnern gebe es „Leute, die das befürworten“. Zudem seien dort auch seniorengerechte und barrierefreie Wohnungen geplant. Und: „Wir möchten, dass in Rahm weiter eingekauft werden kann.“

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Bei der CDU teilt man die Argumente für eine Bebauung des Rahmerbuschfelds. „Wir verstehen total, dass den Bürgern das am Herzen liegt, das nicht zu bebauen“, sagt der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Wolfgang Schwertner. Aber: „Das Thema haben wir auf der ganzen Welt, und in Duisburg in jedem Stadtteil. Man möchte immer, dass man woanders baut, aber nicht vor meinem Küchenfenster.“ Er findet: „Diese Diskussion sollten wir nicht führen.“ Der CDU-Politiker führt aus: „Wir brauchen auch einkommensstarke Einwohner.“ Und: „Das ist ein kleiner Meilenstein, um an das Ziel vom RVR ranzukommen.“

Rahmerbuschfeld abgelehnt – jetzt kommt es auf die Ratsentscheidung an

In der Abstimmung setzen sich die Gegner des Bauprojekts knapp durch: Das Vorhaben Rahmerbuschfeld wird mit sieben Stimmen von Grünen, Junges Duisburg, Linken und AfD abgelehnt; dafür sind sechs Stimmen von SPD und CDU. Das Votum ist allerdings nicht bindend: Die Entscheidung trifft am 10. Juni der Rat.