Duisburg-Dellviertel. Noch gibt es keinen Käufer für das Gemeindehaus der Baptisten. Die Immobilie ist speziell: Die berüchtigte Vulkanstraße liegt direkt nebenan.
- 800.00 Euro soll das Gemeindehaus an der Juliusstraße kosten, das aktuell zum Verkauf steht.
- Hier ausziehen will die Evangelisch-Freikirchliche-Gemeinde Duisburg-Mitte.
- Die Glaubensgemeinschaft hat das Gebäude selbst gebaut, aber inzwischen ist ihr die Immobilie zu groß geworden.
- Doch das Gebäude ist nicht so leicht an den Mann zu bringen.
Es ist kein Haus für jedermann: Die Immobilie, die aktuell für knapp 800.000 Euro unter anderem bei Immobilienscout angeboten wird, befindet sich in unmittelbarer Nähe des Duisburger Rotlichtviertels. Die berüchtigte Vulkanstraße ist direkt nebenan. Aber mit dem Milieu haben die Besitzer nichts zu tun.
Baptisten Duisburg-Mitte: Heimat unter dem Stadtwerke-Turm
Im Gegenteil: In dem Gebäude, das 270 Quadratmeter Wohnfläche, 30 Zimmer und einen Aufzug bietet, ist seit 1959 die Evangelisch-Freikirchliche-Gemeinde Duisburg-Mitte beheimatet. Wobei der Begriff „Heimat“ durchaus wörtlich zu nehmen ist: Die Gemeinde hat das Haus selbst gebaut, und immer noch kommen die Mitglieder aus der gesamten Umgebung nach Duisburg. „Das Gebäude ist für uns ein Zuhause“, erklärt Pastor Viktor Petkau.
Duisburger Gemeinde will umziehen: Haus ist zu groß geworden
Trotzdem will die Gemeinde raus. Das Haus ist wie ein wertvoller, alter Mantel – ein Liebhaberstück, aber für den Alltag irgendwie unpraktisch und viel zu groß geworden.
Zwar trifft sich seit vergangenem Jahr auch eine bulgarische Community an der Juliusstraße, außerdem feiern und beten hier regelmäßig spanische Gläubige. Trotzdem ist bei den Duisburger Baptisten wie bei den meisten anderen Gemeinden: Sie schrumpfen. Längst füllt sich der Saal bei Gottesdiensten nicht mehr komplett, und auch die vielen Räume und Zimmer, in denen früher Kinder herumtobten oder Billard gespielt wurde, werden nicht mehr regelmäßig genutzt.
Doch das Gebäude ist nicht nur zu groß. Es ist vor allem zu teuer. „Allein die Energiekosten – wir schaffen das nicht mehr“, sagt Petkau. Gemeinsam mit den anderen Gemeindemitgliedern schaut er sich schon lange nach Alternativen um. „Den ersten Gedanken gab es bereits vor zehn Jahren“, erklärt der Pastor.
Etwas Kleineres soll her, gerne zur Miete, zum Beispiel als Teil der lebendigen Hochfelder Gemeinde St. Peter. Mit der habe man sich bereits vernetzt, sagt Petkau. Er ist erst vor wenigen Jahren nach Duisburg gekommen und liebt hier vor allem „die Offenheit der Menschen“. Für seine Gemeinde hält er auch andere, neue Standorte in in der Stadt für denkbar. Doch um langfristig Miete zahlen zu können, müsste zunächst das Gebäude an der Juliusstraße veräußert werden.
Makler: Gebäude biete „vielfältige Nutzungsmöglichkeiten“
Das Duisburger Maklerbüro Selektive Immobilien, das aktuell auch das Haus im Angebot hat, in dem sich früher die berühmte Strip-Bar und Schimmi-Kneipe „Goldener Anker“ befand, arbeitet mit Hochdruck am Verkauf der besonderen Immobilie. Laut Anzeige bei Immobilienscout biete das Gebäude „vielfältige Nutzungsmöglichkeiten“: Eine „Musik-Fabrik“ könnte hier einziehen oder Workspaces entstehen, werben die Makler.
Schwierige Finanzierung: Eigenkapital „in hohem sechsstelligen Bereich“ nötig
Doch das Gebäude ist nicht so leicht an den Mann zu bringen. Und das obwohl die Besitzer bereits mit dem Kaufpreis nach unten gegangen sind: Ende 2022 sollte das Haus noch knapp 1,2 Millionen Euro kosten, 400.00 Euro mehr als jetzt. Makler Klaus-Peter Lindenmann sieht‘s realistisch: „Man muss wissen, dass es sich um eine Gewerbeimmobilie mit spezieller Nutzung handelt, das heißt, es ist ohne Umbau mit neuer Nutzungsgenehmigung nur eine eingeschränkte Nutzung möglich.“
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Diese Besonderheit mache eine Finanzierung „gerade in der heutigen Zeit“ schwierig. Habe der Käufer kein passendes Nutzungskonzept und/oder keinen bonitätsstarken Mieter, werde es teuer. „Dann muss Eigenkapital in hohem sechsstelligen Bereich eingesetzt werden.“ Viele Glaubensgemeinschaften, die sich für diese Immobilie interessiert hätten, könnten so viel Geld aber nicht vorweisen. Auch die “besondere Lage“ mache die Sache nicht besser.
„Damen kommen vorbei, um Männer anzusprechen“
Die „besondere Lage“ kennt auch Viktor Petkau. Er selbst hat bereits Erfahrungen mit der speziellen Nachbarschaft gemacht: Es sei schon mal passiert, dass „Damen“ vorbeikämen, um vor dem Gemeindehaus „gezielt Männer anzusprechen“, sagt der Pastor achselzuckend. Er nimmt‘s gelassen. Warum seine Gemeinde Ende der 1950er Jahre ausgerechnet in der Juliusstraße gebaut hat, kann er aber nicht erklären. „Fest steht, dass sich das Rotlichtviertel damals lediglich in der Vulkanstraße befand und auch noch deutlich kleiner war.“
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Und so muss die Gemeinde weiterhin hoffen, bald einen Käufer zu finden. Makler Klaus-Peter Lindenmann jedenfalls lobt das Objekt „wegen der Nähe zur Innenstadt und zum Theater am Marientor“. Fest steht: Mit seinen 30 Zimmer, dem Festsaal und dem Aufzug ist das Gemeindehaus eine Immobilie der Extraklasse. Aber eben nicht für jedermann.