Duisburg. In Duisburg sucht eine prachtvolle Villa mit viel Geschichte einen neuen Eigentümer. Ein Rundgang mit exklusiven Einblicken und vielen Bildern.

So ein Haus steht nicht jeden Tag in Duisburg zum Verkauf: Die Maklerin Susanne Hempel sucht momentan einen neuen Eigentümer für ein reich verziertes Schätzchen an der Hedwigstraße in Duissern.

Interessenten müssten die historische Stadtvilla allerdings erst einmal aus dem Dornröschen-Schlaf wachküssen. Dafür bietet das Gebäude viel Platz und repräsentative Räume.

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„Das ist ein absolutes Highlight“, gerät Susanne Hempel ins Schwärmen, als sie durch das Haus führt. Die hohen Decken sind stuck verziert. Im Keller befindet sich eine Weinbar und ein Speiseaufzug. Acht Zimmer verteilen sich auf 260 Quadratmeter Wohnfläche.

Villa in Duisburg-Duissern hat eine lange Geschicht

Die hohen Decken im Flur und in den Zimmern sind mit Stuck verziert.
Die hohen Decken im Flur und in den Zimmern sind mit Stuck verziert. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Das Ambiente ist freilich noch etwas verstaubt, aber Besucher können erahnen, wie prunkvoll es hier einmal ausgesehen haben muss. „Herrschaftlich“ findet die Maklerin. Errichtet wurde das Gebäude 1898 vom Bauunternehmer Otto Pferdekämper als Teil eines Villen-Ensembles. „Ehemals fungierte das Haus vermutlich als Direktorenwohnsitz“, erklärt Susanne Hempel.

Dr. Marius Lange, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stadtarchiv Duisburg, hat recherchiert: „Bezüglich der Eigentümer lässt sich ein recht klassischer Wechsel nachzeichnen.“ Zunächst gehörte es Otto Pferdekämper, der für wenige Jahre nebenan im Haus Numero 26 wohnte. Doch schon Ende 1900 wurden die Häuser zwangsversteigert.

Zunächst erwarb die Baufirma Gebrüder Kiefer die Nummer 28 und vermietete sie. Ab 1908 gehörte es dann der Duisburg-Ruhrorter Bank. Zwischen 1915 und 1920 wurde es privatisiert und vom Kohlenhändler Ludwig Franzen gekauft. Dieser vermietete es – er lässt sich 1935 sogar als Wohnungsvermittler finden. „Typisch daran ist, dass seinerzeit viele Duisburger Bauunternehmer Grundstücke erwarben, dort Häuser errichteten, diese vermieteten und nach einigen Jahren an eine Privatperson verkauften. Das bedeutet eben, dass das Haus nicht im direkten Auftrage für eine Privatperson errichtet wurde, wie zum Beispiel eine klassische Fabrikantenvilla“, ordnet Lange die wechselnden Besitzer ein.

Das Haus an der Hedwigstraße wurde 1898 gebaut. Seitdem hatte es einige Eigentümer und noch mehr Mieter.
Das Haus an der Hedwigstraße wurde 1898 gebaut. Seitdem hatte es einige Eigentümer und noch mehr Mieter. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Auch über manche Mieter findet sich etwas im Stadtarchiv: 1899 wohnte in der Hedwigstraße 28 eine kinderlose „Frau Carl Goebel“. „Sie muss sehr religiös gewesen sein, denn sie suchte ein ,braves, sauberes Dienstmädchen‘ und betonte, einen ,evang.[elischen] Haushalt‘ zu führen. Ob ihr Mann derjenige Kaufmann Carl Goebel war, der an der 1899 gegründeten ,Duisburger Lackfabrik Goldberg & Goebel‘ beteiligt war, vermag ich mit Gewissheit nicht zu sagen“, beschreibt Historiker Lange, was er in alten Akten gefunden hat.

Viele Details lassen ahnen, wie prachtvoll es hier früher aussah.
Viele Details lassen ahnen, wie prachtvoll es hier früher aussah. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

1902/03 ist unter dieser Adresse das „Special-Effecten-Geschäft“ von Peter Leininger registriert. Der Begriff „Effecten“ stammt dabei aus dem militärischen Bereich und bezeichnet aufnähbare Applikationen für Uniformen, etwa Knöpfe oder Schulterklappen. Leininger, so lässt sich nachvollziehen, hatte sich im Mai 1901 verlobt und war möglicherweise zur Hedwigstraße gezogen, weil er wegen der Familiengründung eine größere Wohnung benötigte. „Immer wieder diente das Haus nicht nur reinen Wohn-, sondern auch geschäftlichen Zwecken, wie hier zum ersten Mal deutlich wird“, so Lange.

Zur damaligen Zeit herrschte in der aufstrebenden Stadt Duisburg Wohnungsnot. Es war üblich, dass sich beispielsweise Witwen oder kinderlose Ehepaare ein zusätzliches Einkommen verdienten, indem sie Zimmer unterm Dach an andere Personen vermieteten. „Der Komfort der Zimmer war unterschiedlich“, kann Lange anhand alter Wohnungsanzeigen rekonstruieren. Es wurden angeboten: „freundliche Schlafstelle“, „einfaches Zimmer“ oder „hübsch möblierte Wohn- und Schlafzimmer“. Die Vermieter boten ihre Zimmer „mit oder ohne Pension“ beziehungsweise „mit Kaffee“ an. Eine Küche gehörte in der Regel nämlich nicht zum Raum. Diese waren mit Waschgelegenheit, Kommode, Bett oder eventuell Kleiderschrank ausgestattet. Als Mieter kamen einzelne Herren oder Damen in Frage, am liebsten alleinstehende Lehrer, Musiker, Studenten oder Personen, die sich nur für eine gewisse Zeit in Duisburg aufhielten.

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Zudem legten die Anbieter Wert auf den guten Ruf des Hauses. So wurde betont, dass ein „sauberes“ Zimmer zu vermieten sei, also keinesfalls stundenweise. Gern gesehen waren offenbar musisch begabte Untermieter. 1906 bot jemand in dem Haus Klavierunterricht für 75 Pfennig pro Stunde an. 1910 wohnte ein gewisser Jakob M. Heukeroth in der Stadtvilla. Er inserierte damals, dass er als „Solo-Bratscher b. Städt. Orchester“ Unterricht unter anderem „für Geige, Bratsche, Klavier“ gab. Kurioser mutet indes das Angebot von A. Jotzo an. Sie offerierte 1911 an der Hedwigstraße 28, „unter Garantie und ohne Gefahr“ das Entfernen von Tätowierungen.

Im Keller befindet sich eine Weinbar.
Im Keller befindet sich eine Weinbar. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Ich könnte mir gut vorstellen, dass man auch heute wieder Arbeiten und Wohnen gut miteinander verbinden kann“, schwebt Maklerin Susanne Hempel vor. Die repräsentativen Räume im Erdgeschoss samt abgeteilter Küche, könnten beispielsweise Büros werden. In den oberen Etagen lässt sich ruhig wohnen.

„Wir haben es geliebt, dass wir so viel Platz hatten“, erinnert sich David Demers. Seine Familie hat zuletzt in der Stadtvilla gewohnt.
„Wir haben es geliebt, dass wir so viel Platz hatten“, erinnert sich David Demers. Seine Familie hat zuletzt in der Stadtvilla gewohnt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Ich habe es geliebt, dass wir so viel Platz hatten“, erklärt David Demers, der zuletzt mit seinem Bruder und den Eltern dort gewohnt hat. Das Firmenschild seines Vaters, der eine Metall-Handelsagentur betrieb, hängt noch neben der Klingel. Während die Kinder oben spielten, konnten die Eltern in der unteren Etage arbeiten. Der Speiseaufzug sei aber seit Jahren nicht mehr in Betrieb gewesen, versichert Demers lächelnd. Als Junge war er gerne im Goerdeler Park auf dem Verkehrsspielplatz unterwegs. Heute gehört die Deutsche Bahn mit ihrem Bürohaus an der Hansastraße zu den größeren Nachbarn. Abends ist es dort deshalb recht ruhig. Demers lebt mittlerweile mit seiner Familie in Frankfurt, sonst würde er vielleicht selbst noch drin wohnen.

Ein bisschen Kleingeld sollten die neuen Eigentümer mitbringen. Es muss ziemlich viel modernisiert werden.
Ein bisschen Kleingeld sollten die neuen Eigentümer mitbringen. Es muss ziemlich viel modernisiert werden. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

„Wenn man Ideen hat und die alten Elemente erhält, bekommt man ein einzigartiges Haus in einer Top-Stadt-Lage, das seinesgleichen sucht“, ist sich Maklerin Susanne Hempel sicher. 478.000 Euro kostet die Villa. Käufer sollten allerdings das nötige Kleingeld mitbringen, um alles zu modernisieren.

>>Kontakt zur Maklerin

Weitere Informationen zu der Stadt-Villa gibt es über Marklerin Susanne Hempel.

Der Kontakt: 0203 357275; hempel@immobilienhempel.de