Duisburg. Wichtige Entscheidungen für den Stahlstandort Duisburg stehen an. Wie geht es weiter mit Thyssenkrupp Steel und Hüttenwerken Krupp-Mannesmann?

Für die Zukunft der größten Unternehmen am Stahlstandort Duisburg, Thyssenkrupp Steel (TKS) und die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann (HKM) könnten im April wichtige Entscheidungen fallen. Steht Duisburg vor einem heißen Frühjahr?

Angesichts schwacher Nachfrage, sinkender Preise und hoher Energiekosten steht die gesamte Branche unter Druck. Der Preis für eine Tonne warmgewalzten Stahls, im Jahr 2021 noch bei knapp 1400 Euro, ist Ende 2023 auf rund 650 Euro gesunken. Die Produktion in Deutschland sei mit 35,43 Millionen Jahrestonnen im Jahr 2023 auf ein historisch niedriges Niveau gesunken, berichtete die Wirtschaftsvereinigung Stahl.

Stahlbranche im Absatz-Tief: Thyssenkrupp-Vorstand unter Druck

Trotz steigender Preise im ersten Quartal 2024 leidet Thyssenkrupp Steel (TKS) unter der schwachen Nachfrage der Autobranche, ihrem wichtigsten Kunden. Der Aufsichtsratsvorsitzende Sigmar Gabriel warf in einem Interview mit dieser Zeitung im Februar den Stein ins Wasser. TKS könnte fast zwölf Millionen Tonnen Stahl produzieren, verkaufe aber nur neun Millionen: „Wir können so nicht weitermachen.“

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Auch Konzernchef Miguel López steht angesichts schlechter Zahlen unter dem Druck von Börsianern und Anteilseignern. Thyssenkrupp fehle „eine Story“, sei „Ankündigungsweltmeister“, so der Tenor. Gemeint ist: Einen Investor für einen möglichen Teilverkauf seiner Stahlsparte, etwa den tschechischen Milliardär Daniel Křetínský, konnte der Vorstand nicht präsentieren.

Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel um den Vorstandsvorsitzenden Bernhard Osburg soll im April ein Zukunftskonzept vorlegen.
Der Vorstand von Thyssenkrupp Steel um den Vorstandsvorsitzenden Bernhard Osburg soll im April ein Zukunftskonzept vorlegen. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Stilllegung von Hochöfen und Jobabbau: TKS dementiert Medienbericht

Einen Handelsblatt-Bericht über die geplante Stilllegung von Hochöfen und Walzwerken, die Reduzierung der Produktion auf 6,5 Millionen Jahrestonnen und den Abbau von 5000 Jobs wies Thyssenkrupp im Februar als falsch zurück.

Bis Mitte April, so hatte Aufsichtsratschef Gabriel gleichwohl angekündigt, werde TKS ein Konzept vorlegen, das dann von den Mitbestimmungsgremien beraten werde. Bei Betriebsräten und IG Metall wächst die Spannung: Auffällig oft verweisen Ali Güzel, Betriebsratsvorsitzender am Standort Beeckerwerth und der Konzernbetriebsratschef Tekin Nasikkol auf die Beschäftigungsgarantie bis 2026, die vor vier Jahren in der „Strategie 20/30“ vereinbart wurde.

Wohin geht die Reise für TKS: Die Betriebsratsvorsitzenden Tekin Nasikkol (rechts, Konzern) und Ali Güzel (links, Hamborn/Beeckerwerth) verweisen auf eine bis 2026 vereinbarte Beschäftigungsgarantie.
Wohin geht die Reise für TKS: Die Betriebsratsvorsitzenden Tekin Nasikkol (rechts, Konzern) und Ali Güzel (links, Hamborn/Beeckerwerth) verweisen auf eine bis 2026 vereinbarte Beschäftigungsgarantie. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Mit oder ohne Investor, selbständig oder als Teil des Konzerns: Die Stahlsparte braucht ein industrielles Zukunftskonzept. Auch Arbeitsdirektor Markus Grolms weist darauf hin, dass der Bau der ersten Direktreduktionsanlage gerade für ein Viertel der 13.500 Beschäftigten in Duisburg eine Perspektive biete. Deshalb müsse bereits in diesem Jahr der Förderantrag für eine zweite DRI-Anlage gestellt werden, fordert Betriebsratschef Ali Güzel. Wohin die Reise geht, wird eventuell am 30. April klar sein: Da versammeln sich die Belegschaften zur Betriebsversammlung.

Direktreduktionsanlage für HKM: Warten auf eine Entscheidung

Beim nächsten Schritt in den Technologie-Wechsel richten sich die Blicke zunächst auf die Hüttenwerke Krupp-Mannesmann. Dort warten 3100 Beschäftigte auf eine Entscheidung zum Bau einer Direktreduktionsanlage. Die Frage dabei: Wie und von wem wird der zwei bis drei Milliarden Euro teure Bau finanziert?

Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin stellt dem Hüttenwerk im Süden eine Förderung über die Klimaschutz-Verträge in Aussicht. Das Bewerbungsverfahren hat Minister Robert Habeck im März eröffnet, in der ersten Runde sollen aber mittelständische Unternehmen zum Zuge kommen. Ob es, wie bei der ersten Anlage von TKS, einen Scheck für den Bau einer DRI-Anlage geben wird, ist noch ungewiss.

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TKS: Bau unter Vorbehalt von Wirtschaftlichkeit und Finanzierbarkeit

Derzeit halten sich noch alle Beteiligten bedeckt. „Wir stehen zu dem Teil des Salzgitter-Konzerns“, sagte Salzgitter-Chef Gunnar Groebler im März im Gespräch mit dieser Zeitung. Salzgitter hält 20 Prozent an HKM. Eine Führungsrolle, so Groebler, erwarte er von Hauptanteilseigner Thyssenkrupp Steel (hält 50 %).

Doch auch der macht noch keine klare Ansage. „Für die HKM gilt weiterhin, dass vor dem Hintergrund der Kündigung von Vallourec zum 31. Dezember 2028 die verbleibenden Gesellschafter übereinstimmen, ihre Pläne für eine Zukunft der HKM weiterzuentwickeln und zu konkretisieren. Beide Gesellschafter stimmen überein, dass die mögliche Umsetzung einer Dekarbonisierungsstrategie unter den Vorbehalten von Finanzierbarkeit und Wirtschaftlichkeit steht“, erklärt ein TKS-Sprecher.

Standort für DRI-Anlage: Brennstoffzellen-Forschung muss umziehen

Die planerischen Hausaufgaben werden in einer gemeinsamen Gesellschaft von HKM, Salzgitter und TKS gemacht. Ein Standort für eine DRI-Anlage im nördlichen Teil des Betriebsgeländes ist bereits ausgewählt. Weichen soll dort eine Industriehalle, die eigentlich Standort eines Innovations- und Technologiezentrums Wasserstoff (ITZ) werden sollte.

Das Zentrum für Brennstoffzellentechnik (ZBT) der Uni Duisburg-Essen (UDE), das den Aufbau des Leuchtturms der Duisburger Wasserstoff-Wirtschaft vorantreibt, hat dafür bereits eine Alternative gefunden. Neuer Standort der „TrHy – The Hydrogen Proving Area“ soll nach Informationen dieser Zeitung eine Halle des vor vier Jahren geschlossenen Grobblech-Werks von Thyssenkrupp-Süd werden.