Duisburg-Altstadt. Der Goldene Anker war bundesweit berüchtigt, auch Schimanski wurde hier gedreht. Nun steht die frühere Bar zum Verkauf. Ein exklusiver Einblick.
Von außen sieht es eher unspektakulär aus. Doch das Eckhaus mit der Leuchtreklame „Downtown Piano Bar“, das gerade auf den bekannten Immobilienportalen zum Verkauf angeboten wird, ist ein Stück Duisburger Geschichte. Es diente nicht nur als Filmkulisse für den Tatort-Kommissar „Schimanski“. Sondern lockte seinerzeit auch (die vorwiegend männliche) Kundschaft aus der gesamten Region und sogar aus den Niederlanden.
Reisen wir zunächst zurück in die 1960er/70er Jahre und damit in eine Zeit, in der es noch keine sozialen Medien gab und Sexualität überwiegend im Geheimen und Verborgenen stattfand. Der „Goldene Anker“ – und damit ist nicht der gleichnamige Brunnen vor Hauptbahnhof und IHK in der Stadtmitte gemeint – war damals laut Eigenwerbung das „führende Nacht-Cabaret in der Duisburger Altstadt“.
„Goldener Anker“ in Duisburg: Sogar der „Spiegel“ berichtete
Das klingt natürlich besser als „Striptease-Bar“. Aber genau das war der „Anker“ – und genau deshalb war das Lokal bundesweit bekannt. Selbst das Magazin „Der Spiegel“ erwähnte die Kneipe auf der Unterstraße unter der Headline „Gesellschaft / Sex-Welle“: In Duisburg, so steht es im Artikel vom 2. August 1970, dürfe „das Publikum sogar mehr tun als auf St. Pauli“: Es dürfe den Damen nämlich „zur Hand gehen“. Auch das Männermagazin „Sankt Pauli Nachrichten“ soll über die Kneipe berichtet haben.
Denn hier trafen sich nicht nur die Berufsschiffer, die aus aller Welt über den Rhein ins Ruhrgebiet fuhren. Auch der eine oder andere Duisburger verirrte sich in den „Anker“. Ein Zeitzeuge, heute über 80, erinnert sich, als junger Mann habe er die Lokalität einst nach einer Feier mit seiner Fußballmannschaft aufgesucht. „Im Hintergrund liefen Porno-Filme, und dann kamen die Damen auf uns zu und sagten, sie könnten mit uns dasselbe anstellen.“ Natürlich habe man abgelehnt.
„Bekannteste Rotlichtbars in Duisburg“ durften bei Schimanski nicht fehlen
Etwas später, in den 1980er Jahren, wurden der „Goldene Anker“ und die benachbarte „Femina“-Bar dann durch den Duisburger TV-Kommissar Horst Schimanski auch bei den Fernsehzuschauern berühmt. Beide Lokalitäten gehörten zu den „bekanntesten Rotlichtbars in Duisburg“ und hätten deswegen auch bei Schimmi nicht fehlen dürfen, sagt Gilbert Götze, der den Blog „Schimanskis Drehorte“ betreibt.
Zu sehen sind die Kneipen laut Götze in den Folgen „Einzelhaft“ (Minute 34:34, Schimanski fährt nachts im Citroën vorbei), „Unter Brüdern“ (Minute 16:01, Thanner und Schimanski fahren im Saab vorbei) und „Spielverderber“ (ab Minute 8:45, Schimanski biegt um die Ecke, geht aber in ein Lokal weiter).
Zudem komme die junge Prostituierte Niki in der Episode „Kinder der Hölle“ aus dem Hinterhof zwischen Unterstraße 75 und Marientorstraße 45. Im Film „Zabou“ fahre außerdem in Minute 34:55 ein Lkw an der Bar vorbei, Schimanski liegt im Golf auf dem Anhänger.
Zum Dreh für die Folge „Kinder der Hölle“ war der Duisburger Schimmi-Fan Horst Schrapers vor Ort am „Goldenen Anker“. „Gerade mal drei Tage dauerten in Duisburg die Dreharbeiten“, erzählt der Journalist. Der Rest sei in Köln und Umgebung gedreht worden. Im „Anker“ hätten damals die Innenaufnahmen stattgefunden, die „Femina-Bar“ nebenan habe die äußere Fassade dargestellt.
Unterer Bereich noch eingerichtet mit Bühne und Pooldance-Stange
An all das erinnert heute nicht mehr viel. Das Gebäude an der Unterstraße Nummer 73 wird nun über das Maklerbüro „Selektive Immobilien“ zum Kauf angeboten. Für 349.000 Euro gibt‘s das „Haus mit Tanzlokal“, vier Wohnungen und der berühmt-berüchtigten Vergangenheit.
Die Bar im unteren Bereich ist noch eingerichtet mit Theke, Licht- und Schankanlage, zu sehen sind auch noch kleinere Tanzbereiche mit Pooldance-Stange. In einer Ecke steht ein Podest, das mit roten Vorhängen in zwei kleinere Separees abgetrennt werden konnte. Auf der Theke liegen Plakate mit freizügig gekleideten Frauen. An den Wänden kleben kleine Aufkleber in Herzform, auf denen „Bettina“ und andere Frauennamen zu lesen sind.
Was tatsächlich noch aus den Zeiten des „Ankers“ stammen könnte, kann Jörg Dagehus nicht genau sagen. Die Bar war für die Öffentlichkeit schon lange nicht mehr zugänglich. „In den vergangenen Jahren wurden hier private Feiern veranstaltet“, sagt der Makler und Duisburger Selektive-Geschäftsstellenleiter.
In Kürze würden die ersten Besichtigungen beginnen. Verschiedene Investoren hätten bereits Interesse an dem Gebäude geäußert – die Ideen reichten von einer Tabledance-Bar bis zu Studierendenwohnungen. Zum Verkauf steht auch das Nebenhaus, Hausnummer 71, hier warten drei Wohneinheiten mit 123 Quadratmetern auf Interessenten. Im unteren Bereich befindet sich eine weitere Gaststätte. Das Gebäude ist durch einen Flur mit dem Nachbarhaus verbunden.