Duisburg. Angelika Grefer hat die Leitung der JVA Hamborn übernommen. Ein herausfordernder Job. Mit diesen Problemen kämpfen Chefin und Mitarbeiter.
Die JVA Hamborn hat eine neue Chefin: Angelika Grefer hat die Leitung der Justizvollzugsanstalt von ihrem Vorgänger Stefan Cassone übernommen. Die 58-Jährige sagt von sich selbst: „Ich habe ein Vollzugsherz“ und zeigt sich mehr als zufrieden damit, was sie in ihrem neuen Job vorgefunden hat.
Dabei sah es erst gar nicht so aus, dass die gebürtige Schermbeckerin im Knast Karriere machen wird: „Nach dem Abitur wollte ich etwas Handfestes machen, also habe ich Speditionskauffrau gelernt.“ Dass sie direkt nach der Ausbildung umgesattelt hat, verdankt sie einer Schulfreundin: „Sie hat mir einen Zeitungsartikel gegeben, dass in der JVA Dinslaken Bedienstete gesucht werden.“
Die neue Chefin der JVA in Duisburg-Hamborn hat zunächst Speditionskauffrau gelernt
Eine rechte Ahnung, was da auf einen zukommt, hatte Grefer nicht. Trotzdem bewirbt sie sich, besteht den Test und bekommt einen Job in der Verwaltung. Seitdem hat sie in vielen JVAs in verschiedenen Positionen gearbeitet und auch ein Studium an der Fachhochschule für Rechtspflege absolviert. Die Geldernerin trägt inzwischen den wohlklingenden Titel Oberregierungsrätin.
Bevor die 58-Jährige Anfang März nach Duisburg gekommen ist, hat sie viele Jahre als stellvertretende Leiterin in der JVA Moers-Kapellen gearbeitet. Warum der Wechsel? „Ich hatte zwar eigentlich keinen Veränderungswunsch.“ Sie habe jedoch dann entschieden, sich noch mal einer neuen Herausforderung zu stellen und ist mit ihrer Entscheidung glücklich.
„Die JVA Hamborn scheint sehr gut aufgestellt zu sein“, so ihr erstes Fazit. „Die Mitarbeitenden sind echt engagiert.“ Darauf kommt es an, denn ihr Job ist „viel mehr als Gefangene wegschließen“. Rund 215 Menschen arbeiten hier an der Goethestraße und in der Zweiganstalt Dinslaken, davon 150 im Vollzugsdienst, der Rest im Fachdienst (zum Beispiel Sozialarbeiter und Psychologen) und als Verwaltungsbedienstete.
Momentan sei sie noch in der Phase, viele Fragen zu stellen. Aber die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen haben ihr schon gespiegelt, ihre „offene und ehrliche Art sehr zu schätzen“. Freundlich wünscht Grefer jedem, dem sie auf dem Verwaltungsflur begegnet, einen schönen Feierabend. Gerne würde sie alle mit Namen ansprechen, aber das gelingt natürlich noch nicht ganz.
Immer mehr Insassen sind süchtig oder haben psychische Probleme
Die Chefin ist die einzige, die mit einem Namensschild herumläuft. Das hat sie aus Moers-Kapellen mitgebracht. „Ich würde mir wünschen, dass wir diese Schildchen auch in Hamborn einführen. Es kommen ja immer wieder neue Kollegen und Kolleginnen dazu.“
Aber Angelika Grefer weiß, dass sie bei diesem Wunsch vermutlich auch auf Skepsis treffen wird. „Bedienstete, die täglich unmittelbar mit den Gefangenen arbeiten, sind manchmal besorgt, wenn Inhaftierte die Namen kennen.“ Das Verständnis dafür ist durchaus da.
Grefer muss bisweilen weitreichende Entscheidungen treffen
Auch der persönliche Kontakt zu den Gefangenen ist ihr wichtig. Schließlich hat sie über viele Dinge zu entscheiden, die ins Leben der Betroffenen eingreifen. Dürfen sie in Begleitung eines Beamten vor die Tür? Müssen sie in den sogenannten Krisenraum, weil sie selbstmordgefährdet sind? Oder können sie wieder raus, weil die Gefahr gebannt ist?
Und dann steht am Ende das Ziel, dass „die Gefangenen hier besser rausgehen als sie reingekommen sind“. Das ist in Hamborn nicht ganz einfach, denn länger als drei Monate sitzt niemand ein – da bleibt nicht viel Zeit, etwa für eine Ausbildung oder Therapie. Hinzu kommt, dass immer mehr Gefangene mit einer Suchtgeschichte oder psychischen Problemen im Knast einsitzen. „Das ist für uns eine Herausforderung, die sich in den letzten Jahren potenziert hat.“
Ihre Freizeit verbringt die JVA-Chefin am liebsten draußen – dann werkelt sie im Garten, geht mit ihrem Lebensgefährten wandern oder kümmert sich um ihr Pferd „Foli“. Reiten kann sie nicht mehr, dafür ist Foli inzwischen zu alt.
>> Die JVA Hamborn hat noch eine Zweigstelle in Dinslaken
- In der Justizvollzugsanstalt Hamborn gibt es Platz für maximal 243 Gefangene. Momentan sitzen 227 Männer ein. Circa zwei Drittel von ihnen befinden sich in U-Haft und warten auf ihren Prozess. Die Delikte, derer sie beschuldigt werden, decken die ganze Palette des Strafrechts ab.
- Der Rest der Gefangenen wurde zu Kurzstrafen von bis zu drei Monaten verurteilt. Die Männer haben zum Beispiel Diebstähle begangen oder zum wiederholten Male Geldstrafen nicht bezahlt.
- Zur JVA Hamborn gehört die Zweigstelle in Dinslaken. Hier sitzen ausschließlich Frauen, es können bis zu 70 sein, ein. Angelika Grefer möchte an beiden Standorten präsent sein.