Duisburg-Baerl. Seit zehn Jahren planen Investoren ein Wohnquartier auf dem Gelände einer maroden Fabrik in Baerl. Vor Gericht wehren sie sich gegen Auflagen.
Im Herzen des Stadtteils Baerl, einem beliebten Zuzugsgebiet von Duisburg, gibt es einen Ort, an dem Platz für Häuser und Wohnungen wäre: 25.000 Quadratmeter. Und es gibt Investoren, die diese in Zeiten von knappem Bauland attraktive Fläche vermarkten möchten. Gekauft hat die Wuppertaler Firma „Reale Werte“ das Gelände an der Jakob-Schroer-Straße schon vor zehn Jahren. Aber sichtbar passiert ist seitdem nichts. Die alte Rhein-Emscher-Armaturenfabrik, wo einst Zubehör für die Hochöfen der Stahlindustrie produziert wurde, steht seit 2006 leer und gammelt vor sich hin. Freuen tut das nur die Liebhaber von „Lost Places“, die nach Baerl pilgern, um die Abbruchkulisse für nächtliche Partys und Fotoshootings zu nutzen. Warum tut sich hier nichts?
Ortswechsel: Wir sitzen in Wuppertal in einem schmucken Altbau aus dem Jahr 1890 am Konferenztisch, um über das Baerler Projekt zu sprechen. „Wir möchten, dass endlich mal öffentlich wird, wie die Stadt Duisburg uns als Investoren seit Jahren Steine in den Weg legt.“ Diesen Satz sagt Rechtsanwalt Jochen Dreibholz, der gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Aribert Watzlawik das Projekt Rhein-Emscher-Armaturenfabrik im Jahr 2014 gewagt hat.
Der Duisburger „Lost Place“ gehört Investoren aus Wuppertal
Mit ihrer Immobilienfirma haben die Wuppertaler das Gelände in Duisburg-Baerl samt der alten Fabrik damals aus einer Zwangsversteigerung für 400 000 Euro erworben und seitdem, wie sie sagen, 600 000 Euro in Vorarbeiten wie Gutachten und Bodenproben investiert. Mit dem Plan, auf der Industriebrache „etwas Schönes“ zu bauen. Anfangs waren sie voller Tatendrang und optimistisch. „Die Stadt Duisburg hatte uns signalisiert, dass sie die Umnutzung zum Wohnraum wohlwollend begleiten würde“, schildert Aribert Watzlawik den positiven ersten Kontakt mit der Verwaltung.
Was dann folgte, war Ernüchterung. Statt der erhofften Zusammenarbeit begann aus ihrer Sicht ein Krampf und Kampf mit den Behörden. Diesen in allen Einzelheiten darzulegen, würde hier den Rahmen sprengen. Bricht man das Ganze auf ein Hauptproblem herunter, so geht es vor allem um Auflagen der Denkmalbehörde. Im Jahr 2009 ist die alte Fabrik, die aus vielen einzelnen Gebäuden besteht, unter Denkmalschutz gestellt worden. Eine Entscheidung, die aus Sicht der Investoren „absurd“ ist. Die ursprüngliche Gebäudestruktur sei durch viele Anbauten heute gar nicht mehr erkennbar. Lediglich zwei schneckenförmige Ornamente am Giebel einer Fassade seien als Zeugnis der historischen Bauweise sichtbar.
Für Jochen Dreibholz und Aribert Watzlawick ist die Baerler Bauruine ein völlig heruntergekommener Gebäudekomplex, dessen Erhaltung auch für sie als Liebhaber historischer Architektur absolut nicht lohnenswert sei. Erschwerend kommt für die Projektentwickler hinzu, dass dieses Denkmal auf einem verseuchten Boden steht. Gutachten haben ergeben, dass das Fabrikgrundstück hochgradig belastet ist. Alles abreißen und den Boden vernünftig sanieren – das ist für sie die einzig machbare Option.
Aber die Stadt will es anders. Auch wenn die vier Hallen, die hier vor 110 Jahren gebaut wurden, in dieser Form gar nicht mehr zu erkennen sind, sollen sie bestehen bleiben. „Wir halten das für unmöglich, diese Gebäude zu erhalten“, so Dreibholz. Und noch ein weiteres Problem kommt hinzu: Eine Baugenehmigung gibt es nur für den Gebäudekomplex. Auf dem Rest des riesigen Geländes darf nicht gebaut werden. „Wir haben hier eine solide, harmonische Bebauung vorgeschlagen, aber das ist nicht gewollt.“
All das war für die Wuppertaler schon eine riesige Enttäuschung. „Wir werden dargestellt wie Investoren, die bloß spekulieren wollen, aber wir möchten hier guten Wohnraum schaffen“, sagt Jochen Dreibholz. „Wir haben viel Geld investiert und werden in den Mühlen der Verwaltung zerrieben.“ Aber es kommt noch schlimmer für sie: Der Ärger um die Armaturenfabrik gipfelt jetzt in einem Rechtsstreit.
Es geht um die zerstörten Dächer der Fabrik. „Die Stadt hat uns ein Zwangsgeld von 24 000 Euro angedroht, wenn wir die total maroden Glasdächer nicht reparieren.“ Zum Schutz des Denkmals sollen jetzt, noch bevor klar ist, was aus den völlig kaputten Gebäuden wird, laut Aribert Watzlawik die Dächer mit Planen verschlossen werden, damit es in das alte Gemäuer nicht mehr hineinregnet. „Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Wir dürfen wegen der Einsturzgefahr ja gar nicht mit schwerem Gerät auf das Gelände.“ Die Eigentümer sind fassungslos, dass diese für sie „absurde Verfügung des Denkmalamtes“ zu einem Zeitpunkt kommt, wo sie als Investoren nach Abschluss der jahrelangen Bodenuntersuchung die konkreten Pläne für ihr Projekt endlich vorantreiben wollten.
Die Eigentümer wehren sich vor Gericht gegen ein Zwangsgeld der Stadt Duisburg
Für Watzlawik und Dreibholz ist das eine „Unverschämtheit“. Die Fabrikhallen seien schon beim Kauf im Jahr 2014 total kaputt gewesen. Hunderte von Fotos hätten sie damals gemacht. Diese würden belegen, dass sie verwüstete Bauruinen mit zersplitterten Glasdächern und Scheiben übernommen hätten. „Was hat die Stadt denn bis 2014 getan, um das von ihr unter Denkmalschutz gestellte Ensemble zu schützen?“, fragt Jochen Dreibholz.
Eine Antwort auf diese Frage gibt es von der Verwaltung nicht. Wegen des laufenden Verfahrens will sich die Stadt nicht äußern. „Das öffentliche Interesse steht offenbar hintenan“, kommentiert Aribert Watzlawik das Schweigen der Behörde. Die Eigentümer der Rhein-Emscher-Fabrik wehren sich nun vor Gericht gegen das Zwangsgeld und die Auflage, Dächer einer Bauruine zu reparieren. „Durch diesen Rechtsstreit verlieren wir jetzt schon wieder Zeit.“
Wünschen würden sie sich etwas ganz anderes: „Dass sich die Stadt Duisburg mit uns an einen Tisch setzt, um gemeinsam das Bauprojekt zu entwickeln, anstatt uns mit Verfügungen und Zwangsgeldern zu blockieren.“ Hoffnung macht den Investoren aktuell die Beschäftigung mit dem Denkmalschutzgesetz für NRW. Die Neufassung aus dem Jahr 2022, so sagen sie, könnte ihnen in der Auseinandersetzung mit der Stadt Duisburg helfen.