Duisburg. Eine Straße in Duisburg ist seit fast zwei Jahren gesperrt. Grund ist ein marodes Haus. Das führt zu Verkehrschaos. Was für die Freigabe fehlt.
Die Grillostraße ist seit exakt 9. März 2022 für den Verkehr gesperrt. Nur Fußgänger können die Seitenstraße der Weseler Straße passieren. Grund ist ein marodes Haus, dessen Giebel auf die Straße zu stürzen droht (wir berichteten). Für Marxloh bedeutet das: ein weiterer Müll-Hotspot, regelmäßiges Verkehrschaos und zunehmend gereizte Anwohner und Geschäftsleute.
Viele Monate haben erzürnte Bürger den von der Stadt errichteten Sicherheitszaun immer wieder beiseite geräumt, um die Straße mit dem Auto passieren zu können. Das ist inzwischen nicht mehr möglich. Die Stadt hat den Zaun so befestigt, dass alles Rütteln und Schieben nichts mehr bewirkt.
Straßensperrung in Duisburg: „Zumutung für uns Bürger“
„Für uns Bürger ist die Straßensperrung einfach eine Zumutung“, beklagt sich Jochen Merz. Sein Unmut richtet sich vor allem gegen die Stadt: „Ich glaube nicht, dass man als Stadt nicht anders agieren kann.“ So habe er in Polen gesehen, dass baufällige Häuser mit Netzen gesichert würden. Und er kenne einen Neumühler, dessen Kamin nicht mehr ganz standsicher war: „Die Stadt hat ihm drei Wochen gegeben, den Mangel zu beseitigen.“
Neulich hat der Marxloher den Stadtentwicklungsdezernenten Martin Linne auf einer Veranstaltung zum geplanten Umbau der Weseler Straße getroffen. „Ich habe ihn gefragt, ob er auch die Kaiser-Wilhelm-Straße samt der Straßenbahnschienen zwei Jahre sperren würde, wenn dort ein Haus marode wäre. Er hat vor 50 Anwesenden mit ,Ja‘ geantwortet, aber wer glaubt ihm das allen Ernstes? Da kommt mir echt die Galle hoch.“ Im Vorfeld dieser Frage hat Linne den Besuchern der Veranstaltung erklärt, auf welcher gesetzlichen Grundlage die Grillostraße gesperrt ist.
Was Merz so in Rage bringt: „Das Wirrwarr an Einbahnstraßen und Sackgassen überfordert vor allem Autofahrer, die nicht aus dem Stadtteil kommen.“ Also zum Beispiel am Wochenenden die Kunden der Brautmodenmeile. „Es passiert immer wieder, dass jemand falsch rum in einer Einbahnstraße unterwegs ist. Mir ist selbst schon jemand Am Grillopark entgegengekommen.“
Das Problem: „Google Maps navigiert Autofahrer immer wieder in die Grillostraße hinein. Ich habe das schon dreimal gemeldet. Dann ist es für ein paar Tage wieder richtig, bis wohl irgendein Spaßvogel was anderes meldet. Jetzt reicht es mir“, erklärt der IT-Spezialist. Ein aktueller Blick auf Google Maps zeigt: Momentan ist die Grillostraße dort als gesperrt markiert.
Die Marxloherin Mechthild Christ parkt mit ihrem Mann auf einem Hof an der Grillostraße. „Vor allem am Wochenende ist auf der Straße ganz schön Chaos. Die Leute machen abenteuerliche Wendemanöver. Das Auto meines Schwagers ist dabei schon beschädigt worden.“ Auch von Unfällen berichten die Anwohner.
Stadt Duisburg sagt: „Uns sind die Hände gebunden“
Bereits im Juli 2023 hat die Stadt auf Anfrage der Redaktion erklärt, warum die Grillostraße nicht für den Verkehr freigegeben werden kann: „Der Eigentümer hat begonnen, Maßnahmen zur Sicherung des Zwerchgiebels umzusetzen. Allerdings fehlt momentan noch der Nachweis, dass diese Arbeiten abgeschlossen wurden und ausreichend effektiv sind.“ Das müsse ein Statiker nachweisen. „Der Nachweis liegt weiterhin nicht vor“, erläutert Sprecherin Gabi Prien den aktuellen Stand.
Für den Hausbesitzer bedeutet das: Er muss Sondernutzungsgebühren zahlen. Nach Angaben der Stadt sind bisher etwa 47.000 Euro aufgelaufen, von denen bereits ein Großteil bezahlt worden sei. Der Sondernutzungssatzung kann jeder entnehmen, was die Sperrung einer Straße kostet: „An der Grillostraße fallen 150 Euro pro Tag an“, rechnet Priem vor.
Sie ergänzt: „Auch wenn wir den Ärger der Anwohner nachvollziehen können, möchten wir verdeutlichen, dass die Entscheidung der Straßensperrung auf dem Gutachten eines externen Tragwerksplaners beruht. Es handelt sich nicht um willkürliche Entscheidung unsererseits.“ Und solange der Eigentümer mitwirke, könne auch keine Ersatzvornahme durchgeführt werden. „Die Bauordnung ist mit dem Eigentümer in Kontakt.“
Die Stadt habe keine rechtliche Handhabe, anders zu handeln: „Wir können nur sicherstellen, dass durch die Immobilie keine Gefahren für Be- und Anwohner entstehen und mögliche Kosten dafür dem Eigentümer auferlegen. Ansonsten sind uns bei Privateigentum und dem derzeitigen Sachstand leider die Hände gebunden.“ Der Besitzer des Hauses teilte auf Anfrage der Redaktion mit, sich nicht öffentlich äußern zu wollen.
Nicht wenige in Marxloh unterstellen der Stadt Absicht
So mancher im Stadtteil bezweifelt das, unterstellt der Stadt sogar Absicht. „Böse Zungen behaupten das und sagen, die Stadt verdient mit der Sperrung ja Geld“, bringt Selgün Calisir, Chef des Marxloher Werberings, die Stimmung unter Anwohnern und Kaufleuten auf den Punkt. „Uns so zu drangsalieren, zeugt von zumindest von der Unfähigkeit der Verwaltung. Man muss doch in der Lage sein, die Straße nur punktuell und nicht komplett abzusperren.“ Bei anderen Immobilien im Norden, die deutlich maroder gewesen seien, habe man das doch auch so gemacht.
„Die Stadt soll sich nicht wundern, wenn das Vertrauen der Menschen im Norden in die Verwaltung langsam schwindet. Man fühlt sich wie ein Stiefkind behandelt“, klagt Calisir. Das sieht auch Mechthild Christ so: „Wir haben einfach das Gefühl, die Stadt will nicht, dass hier im Norden etwas Positives passiert.“ Was die Grillostraße angeht, schwebt die eine Frage über allem: Wie lange geht das noch so?