Duisburg. Im Duisburger Norden gibt es ein Juwel zu entdecken. Hier ist ein neuer Wald entstanden. Wie es dazu gekommen ist und was er Besuchern bietet.
Im Duisburger Norden gibt es einen verwilderten Friedhof? Zumindest bezeichnet Google Maps ein Areal zwischen A42, Lierheggenstraße und Ostackerweg so. Was etwas geheimnisvoll klingt, entpuppt sich als eine der größten Aufforstungsaktionen, die jemals in Duisburg stattgefunden haben. Hier, an der Grenze zwischen Beeck und Bruckhausen, ist ein neuer Wald entstanden.
Stefan Jeschke, Leiter der städtischen Forstverwaltung in Duisburg, hat das Projekt federführend vorangetrieben. „Auf einer Fläche, die so groß ist wie etwa zehn Fußballfelder, haben wir 21.000 Bäume und Sträucher gepflanzt“, sagt er. Früher wurde das Gelände als Friedhof genutzt. Doch der war irgendwann viel zu groß. Denn immer mehr Menschen lassen sich nach ihrem Tod einäschern, zunehmend weniger entscheiden sich für ein klassisches Grab.
Der neue Wald im Duisburger Norden ist ein noch weitgehend unentdecktes Juwel
Das ist nicht nur hier am Ostacker so. Nach 20 Jahren läuft die Nutzungszeit für alte Gräber ab, sie können eingeebnet werden. In einem Teil des städtischen Friedhofs Ostacker waren schließlich bis auf vier alle Grabstätten weg. „Die vier befinden sich jetzt mitten in dem neuen Wald und bleiben da auch bis zum Ende der Laufzeit“, so Jeschke. Der andere Teil des Friedhofs wird immer noch als solcher genutzt.
Gleichzeitig musste eine Ausgleichsfläche für die neue Rheinbrücke Neuenkamp und den Ausbau der A40 zwischen Neuenkamp und Homberg her. Denn für dieses Projekt sind Grünflächen abgeholzt worden, die an anderer Stelle neu gepflanzt werden müssen. Das Gesetz fordert dabei eine Fläche, die doppelt so groß ist wie die verschwundene. Für Stefan Jeschke hat sich das Areal am Ostacker sofort angeboten: „Doch die Projektgesellschaft Deges, die für die Autobahnarbeiten zuständig war, wollte die Fläche nicht und war der Meinung, sie sei ungeeignet.“ Das habe er nicht akzeptiert, so der Stadtförster. „Mithilfe der Bezirksregierung in Düsseldorf habe ich das Projekt durchgesetzt.“
Seine Motivation: „Der Norden ist nicht so super mit Wald versorgt. Während im Schnitt 10,6 Prozent der Stadtfläche bewaldet ist, kommt der Norden gerade einmal auf ein Prozent. Offizielle Empfehlungen geben als Richtwert 100 Quadratmeter Waldfläche pro Einwohner an. Ist es weniger, sollte neuer Wald gepflanzt werden. „Wir kommen in Duisburg auf 50 Quadratmeter pro Bürger. Selbst davon ist der Norden weit entfernt.“
Deshalb sei der neue Wald nicht nur für die Naherholung ein Juwel, sondern auch für das Stadtklima. Er spendet Schatten, hält Wasser und Luft sauberer, schluckt Schall und ist Lebensraum für viele Pflanzen und Tiere. „Allein durch die Verdunstungskälte ist es an heißen Tagen im Wald viel angenehmer.“
Die neuen Bäume und Sträucher sollen mit dem Klimawandel klarkommen
Bei der Auswahl der Bäume und Sträucher wurde dem veränderten Klima Rechnung getragen. „Wir haben möglichst viele Arten gepflanzt, die mit Trockenheit und Hitze gut klarkommen“, erklärt Jeschke. Der Mix ist bunt: Traubeneichen, Buchen, Spitzahorn, Wildbirne und -apfel, Vogelkirchen oder Schwarznüsse – es gibt einiges zu entdecken. Ein Highlight für den Förster: die Urweltmammutbäume. Die ist 50 Jahre alt und standen schon auf dem Friedhof. „Diese Bäume sind eine Rarität. Das erste lebende Exemplar wurde erst vor 70 Jahren in China gefunden. Vorher kannte man ihn nur als Fossil.“
Heimische Sträucher sollen dafür sorgen, dass Insekten, Bienen und Vögel reichlich Nahrung finden und Vögel Nester bauen können. „Besonders viel Wert haben wir auf die Waldränder gelegt, denn die sind wegen der Artenvielfalt fast das Wertvollste an einem Wald. Hier treffen sich die Waldbewohner und die, die außerhalb leben.“
Nicht ganz ohne Stolz sagt Jeschke: „Es macht Spaß, durch den Wald zu laufen. Wir haben ein tolles Biotop geschaffen.“ Und zwar eins, das die Anwohner immer mehr für sich entdecken. Hundebesitzer, Spaziergänger, Radler und immer öfter auch Jogger trifft man hier. Mit etwas Glück läuft ihnen ein Fuchs, Igel, Iltis, Marder oder Kaninchen über den Weg. Denn die haben sich laut Stadtförster schon im neuen Wald angesiedelt.
>> Noch braucht der neue Wald in Bruckhausen intensive Pflege
- Die Bäume wurden 2021 gepflanzt. Noch müssen sich der Förster und sein Team intensiv darum kümmern. So werden zum Beispiel die Brombeeren zurückgeschnitten, die die Bäumchen ersticken würden. „Wenn die Bäume erst zwei bis drei Meter hoch sind, kann nichts mehr passieren“, erklärt Jeschke. Dann kann man den Wald weitestgehend sich selbst überlassen. Das wird wahrscheinlich nächstes Jahr der Fall sein.
- Besucher werden an der einen oder anderen Stelle noch einen Zaun entdecken. Wenn die Pflanzen groß genug sind, werden diese entfernt. In etwa zwei bis drei Jahren wird der Wald komplett begehbar sein.
- Die Hauptwege des alten Friedhofs sind erhalten geblieben, neue Wege wurden angelegt. Auf Wunsch der Bürger wurde auch eine Bank aufgestellt.
- Das Projekt hat rund 240.000 Euro gekostet und war für die Stadt laut Jeschke kostenneutral: „Es wurde von der Deges bezahlt.“