Duisburg. Ein Mann (35) soll Ehefrau und vier Kinder misshandelt haben. Der Ausschluss der Öffentlichkeit beim Prozess irritiert. Das Urteil ist gefallen.

Wegen Misshandlung Schutzbefohlener und Vergewaltigung stand seit Ende Oktober ein 35-Jähriger aus Duisburg vor dem Landgericht am König-Heinrich-Platz. Die Anklage warf dem Mann vor, zwischen 2019 und 2022 in Hamborn seine Ehefrau vergewaltigt und sie und seine vier Kinder misshandelt zu haben. Doch der Prozess nahm einen ungewöhnlichen Verlauf.

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Dem Angeklagten wurde vorgeworfen, mit Gewalt über seine Familie geherrscht zu haben. Seine Kinder soll er misshandelt, seine Ehefrau soll er vergewaltigt haben, auch noch, nachdem das Paar bereits getrennt lebte und obwohl er die gerichtliche Auflage hatte, sich der Familie nicht mehr zu nähern.

Ungewöhnlich: Kammer schloss Öffentlichkeit für das komplette Verfahren aus

Doch das Verfahren kam nicht einmal zur öffentlichen Verlesung der Anklage. Überraschend stellte der Anwalt der als Nebenklägerin auftretenden Hauptbelastungszeugin unmittelbar nach Aufruf der Sache den Antrag, die Öffentlichkeit für die gesamte Dauer des Verfahrens auszuschließen. Auch die Erörterung dieses Antrags wurde nicht öffentlich geführt.

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Noch überraschender war, dass die Kammer dem Antrag folgte. Üblich ist es in solchen Fällen, die Öffentlichkeit nur bei der Vernehmung insbesondere minderjähriger Geschädigter vor die Türe zu schicken und dann, das schreibt das Gesetz zwingend vor, auch die Schlussvorträge ohne Öffentlichkeit zu halten. Der große Rest wird öffentlich erörtert. Die Kammer führte das Verfahren jedoch komplett ohne Öffentlichkeit. Etwas, das sogar den Verteidiger etwas ratlos zurück ließ.

Nur der Urteilstenor wurde verlesen

Das Einzige, was nach einer ganzen Reihe von Verhandlungstagen nun öffentlich verkündet wurde, war das schiere Urteil:

Der Angeklagte muss wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz 18 Monate hinter Gitter. Damit konnte offenbar der größte Teil der Anklage nicht bewiesen werden.

Das Vorgehen der Kammer irritiert Juristen. Zwar sei es schwierig, die Entscheidung des Gerichts nachzuvollziehen, ohne die genauen Gründe zu kennen. Aber so mancher will auch nicht ausschließen, dass die Kammer den Paragrafen 171 b) des Gerichtsverfassungsgesetzes schlicht falsch interpretiert hat.

Denn konsequent zu Ende gedacht, könnte auf diese Weise ein kompletter Straftatbestand, noch dazu einer, der in der öffentlichen Diskussion immer wieder breiten Raum einnimmt, der Kontrolle der Gerichte durch die Öffentlichkeit entzogen werden.