Duisburg. In Duisburg eröffnen zwei WGs für 20 Demenz-Patienten. Die Plätze sind heiß begehrt, weil es zu wenige gibt. Was die neuen WGs besonders macht.
Menschen, die unter einer Demenz-Erkrankung leiden, haben ganz eigene Bedürfnisse. Ist es dunkel, kann das bei ihnen Angstzustände auslösen. Wenn sie sich in ihrer Umgebung nicht mehr zurechtfinden und ihrem Alltag die richtige Struktur fehlt, können sie aggressiv werden. All dem tragen die Mitarbeiter von Awocura Rechnung, die momentan in Laar an der Friesenstraße zwei neue Demenz-Wohngemeinschaften einrichten.
Ab Anfang Februar 2024 sollen 20 Patienten im Awo-Friesenhof ein adäquates Zuhause finden. Das neue Gebäude ist Teil des Wohndorfs Laar, in dem es schon seit 1998 seniorengerechte Wohnungen und ein Pflegeheim gibt. „Viele Angehörige und von Demenz betroffene Menschen suchen händeringend nach einem Platz“, sagt Beatrice Kallisch, stellvertretende Geschäftsbereichsleiterin Ambulante Dienste. Kein Wunder also, dass sich schon 35 Interessenten gemeldet haben.
Neue Demenz-WGs in Duisburg-Laar: Entscheidend ist, dass die Mieter zusammenpassen
Gemeinsam mit Pflegedienstleiterin Michaela Müntjes führt Kallisch die Gespräche. Sie wollen vor allem herausfinden, ob die zukünftigen Mieter zusammenpassen. Ziel ist, unnötiges Konfliktpotenzial von vorneherein zu vermeiden. Wie machen die beiden Frauen das? „Gefühlssache“, sagt Müntjes. „Aufgrund unserer Erfahrung haben wir einen Blick dafür“, meint Kallisch.
Natürlich wird es früher oder später in beiden WGs zu Streitereien kommen. „So eine Demenz-WG ist schließlich nicht viel anders als eine Studenten-WG“, sagt Geschäftsbereichsleiter Jens Rockhoff. „Wenn es zofft, müssen wir vermitteln. Das kennen wir aus jedem Pflegeheim.“
Viel Licht und warme Farben sorgen für Ambiente, das Demenz-Patienten brauchen
Was macht die neuen Demenz-WGs aus? Die Bewohner haben ein 23 bis 27 Quadratmeter großes Zimmer mit eigenem Bad. Hier können sie schalten und walten, wie sie wollen. Sie bringen ihre eigenen Möbel mit. Morgendliches Wecken wie in einem Heim gibt es zum Beispiel nicht.
Die Zimmer haben große Fenster, in den großzügigen Gemeinschaftsräumen sind sie bodentief. Viel Licht ist wichtig, damit Demenz-Patienten sich wohlfühlen. Die Farben Grün beziehungsweise Gelb dominieren – warme, freundliche Töne, die sich positiv auf die Psyche auswirken.
Die Angehörigen bekommen einen Schlüssel und können kommen und gehen, wann sie wollen. Alltagsbetreuer erledigen gemeinsam mit den Mietern die Einkäufe, man wird gemeinsam kochen. Alles passiert auf freiwilliger Basis. Wer keine Lust hat, muss sich nicht beteiligen. „Aber wenn zum Beispiel die Frau eines Mieters kochen möchte, kann sie das tun“, so Müntjes. Der Sinn steht nach Pizza vom Lieferdienst? Auch das wird möglich sein.
Ein innovatives Assistenzsystem bringt mehr Sicherheit im Alltag
„Etwas ganz Besonderes ist unser digitales Assistenzsystem“, erklärt Beatrice Kallisch. Es soll für mehr Sicherheit und Selbstbestimmung sorgen. So sind die Zimmer mit zahlreichen Sensoren ausgestattet. Steht jemand nachts auf und geht zur Toilette, sorgt das System für Beleuchtung. Es merkt sich, wie lang der Mieter gewöhnlich für einen Toilettengang benötigt. Wird diese Zeit um einige Minuten überschritten, bekommt der Alltagsbetreuer, der gerade Dienst hat, eine Warnung aufs Handy – der Patient könnte gestürzt sein.
„Wir brauchen ein System, dass die Mieter nicht selbst bedienen müssen, denn dazu sind sie irgendwann nicht mehr in der Lage“, erklärt Rockhoff. Menschen mit Demenz neigen außerdem schon einmal dazu, einfach wegzulaufen. „Hinlauftendenz“ heißt das im Fachjargon. Auch hier hilft das System: Verlässt jemand nachts die WG, sendet die Tür ein Signal an das Personal. Dass der Herd der WGs sich von selbst ausstellt, versteht sich.
Übrigens: Auch wer noch keine Demenz-Diagnose hat, kann sich um einen Platz bewerben. Bei Awocura wissen sie um die typischen Anzeichen der Krankheit und dass es oft acht Monate braucht, bis die Patienten endlich einen Termin beim Neurologen bekommen.
>> Monatliche Kosten werden für jeden Mieter errechnet
- Interessenten können sich bei Beatrice Kallisch (Telefon 0203 3095618) oder Michaela Müntjes (Telefon 0203 39200678) melden.
- Voraussetzung für den Einzug in eine der WGs ist der Pflegegrad 2. „Wenn man den noch nicht hat, helfen wir gerne beim Antrag“, verspricht Kallisch.
- Die Kosten setzen sich aus Miete und Betriebsnebenkosten, Haushaltsgeld für Lebensmittel und kleine Anschaffungen sowie Pflege- und Betreuungskosten zusammen. Sie können individuell sehr unterschiedlich sein, werden daher für jeden Mieter errechnet.
- Neben den WGs wird es in dem Neubau noch 19 Seniorenwohnungen, eine U3-Betreuung für neun Kinder und die Büroräume des Pflegedienstes Nord geben.