Duisburg. Den ersten Gin aus Duisburg gibt es seit fünf Jahren. Warum die Macher trotz großer Erfolge mit ihrer Schnapsidee bisher nichts verdient haben.
Sie sitzen am Tresen und trinken, bis der Arzt kommt. Der Wirt hat sich bereits aufs Ohr gehauen. Auch die anderen Kumpels sind längst weg. Dann kommt den zwei Männern eine folgenschwere Schnapsidee: „Lass uns Gin machen.“ Und zwar mit Hopfen, damit es richtig knallt, und hochwertig, und natürlich alles in Handarbeit, versteht sich.
Gesagt, getan. Zwei Jahre lang probieren der Ex-Karnevalsprinz von Alt-Walsum und der ehemalige Gardetänzer in einer Küche alle möglichen Rezepturen aus. Sie schälen Zitronen und Orangen, mischen Beeren und Gewürze. Entwickeln Rezepte, die natürlich geheim bleiben. Finden eine Destillerie in Kevelaer, die aus dem Gemisch in Wasser und Alkohol schön langsam Gin in alten Kupferkesseln brennt.
Nationale und internationale Auszeichnungen für Gin aus Duisburg-Walsum
Und dann, genau vor fünf Jahren, bringen Stephan Schetter und Jan Krott ihren selbst kreierten Gin auf den Markt. Den ersten Duisburger Gin. Sie heimsen nationale und internationale Auszeichnungen für ihren Schnaps ein, obwohl das Projekt für die beiden Karnevalsjecken eigentlich nur ein Hobby bleibt. Denn sie erwirtschaften ihr Einkommen woanders.
Wie geht es weiter? Ist aus dem Start-up ein großes Geschäft geworden? Träumen die beiden von der Übernahme durch einen Luxuskonzern? „Wenn jemand 60 Millionen bietet, werden wir schwach“, sagt Schetter und lacht.
Die Geschichte mutet auch außergewöhnlich an, weil die beiden Schnapserzeuger bis vor wenigen Jahren noch keinen blassen Schimmer von der Materie hatten. „Wir haben uns alles angelesen und viel ausprobiert“, sagt Bauunternehmer Schetter in der Zentrale der „JaGie’s Gin-Manufaktur“, der Küche seines privaten Wohnhauses in Walsum.
Nicht nur die Herstellung des Duisburger Gins ist außergewöhnlich, auch seine Flaschen sind es
Der 57-Jährige referiert im Höllentempo über Gin, die Geschichte des ursprünglich aus Deutschland und den Niederlanden stammenden Wachholder-Schnaps, die verschiedenen Arten, die Herstellungsmethoden. Und Krott, studierter Diplom-Medienwirt, erklärt einmal mehr, woher der Markenname „Humulupu“ kommt: „Er leitet sich von der lateinischen Bezeichnung für Hopfen ab, nämlich von Humulus Lupulus.“ Latein können beide nicht.
Dafür eint die Freunde aus alten Tagen der Ehrgeiz und der Wille, aus ihrer Idee ein besonderes Produkt zu machen. Beide haben bisher rund 30.000 Euro investiert. Ihr Gin soll langsam gebrannt werden, um ein gutes Aroma zu entwickeln. „Und wir wollen nicht die tausendste Apotheker-Flasche mit Stopfen ins Regal stellen, sondern eine eckige Flasche mit Bügelverschluss“, sagt Schetter. Das passt zum Hopfen, aus dem auch Bier gebraut wird.
Aber die Extrawurst kostet natürlich. Das größte Problem: Es gibt keine marktüblichen Maschinen, mit denen eckige Flaschen beklebt werden. „Die Maschinen verarbeiten nur runde Flaschen. Das haben wir unterwegs gelernt“, sagt der 40-jährige Krott. Also wird jede Flasche von Hand etikettiert. Und zwar von beiden Inhabern und ihren Ehefrauen. Das kleine Team macht alles allein: vom Ausprobieren neuer Rezepturen bis zum Vertrieb der mittlerweile sieben verschiedenen Gin-Sorten an 40 Verkaufsstellen in der Umgebung und über den eigenen Onlineshop.
Di beiden Schnapsproduzenten haben hohe Ansprüche an ihre Produkte
Mittlerweile produziert die Walsumer Manufaktur drei Gin-Sorten, die im Fass reifen: im früheren Sherry-Fass aus Südspanien, im sizilianischen Marsala-Fass und im Fass, in dem zuerst süßer ecuadorianischer Rum und danach herbes Stout-Bier produziert wurden. „Das ist eine Rarität, die ich im Internet gefunden haben“, sagt Schetter. Auch diese Extrawurst hat ihren Preis: Gebrauchte Eichenfässer mit frischen Aromen sind wertvoller als neue. Wenn darin vorher ein besonderer Sherry gereift ist, wird’s richtig teuer: „Die kosten schon mal 2000 bis 3000 Euro.“
Die beiden Firmengründer, die als Inhaber einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) das volle wirtschaftliche Risiko auch mit privatem Vermögen tragen, haben mit ihrer Firma nach eigenen Angaben bisher nichts verdient. „Alle Einnahmen wurden reinvestiert“, sagt Krott. In den vergangenen fünf Jahren waren das rund 300.000 Euro.
Wie hat sich das Geschäft entwickelt? „Im ersten Jahr 2019 verkauften wir 4000 Flaschen, was unsere Erwartungen deutlich übertraf“, so Schetter. Dann kam Corona, wodurch vor allem das Anwerben neuer Kunden schwer wurde. „Es gab schlicht keine Ortstermine mehr, um unser Produkt vorzustellen“, sagt Krott.
Früheres Start-up schreibt langsam eine schwarze Null
In diesem Jahr verkaufte die Duisburger Gin-Manufaktur 5000 Flaschen. „Wir fangen langsam an, eine schwarze Null zu schreiben“, sagt Geschäftsmann Schetter. Dabei hilft auch ihr neuer Shop „Spiritus Sanctus“, den die Walsumer Freunde vor knapp einem Jahr in Dinslaken-Hiesfeld übernommen haben.
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Das Wachstum solle langsam gehen. Sonst ließe sich die Qualität nicht halten, sagen die Inhaber. Ein Gehalt hätten sie sich bisher nicht ausgezahlt. Außer insgesamt vier Weihnachtsfeiern zu viert in fünf Jahren, zuletzt beim Duisburger Edel-Italiener „Villa Patrizia“. Das Restaurant bietet den Gin wie andere Gastronomen auch auf dem Servierwagen als Verdauungsschnaps an.