Duisburg. Jörg Winke ist Bildhauer und Fan des MSV Duisburg. Seine neuste Arbeit ist eine Hommage an einen Duisburger Publikumsliebling.
Sein Opa war es, der ihn zum ersten Mal mit ins Wedaustadion nahm. Vor 58 Jahren war das. Seitdem hält Jörg Winke den Zebras die Treue. Jetzt bringt der gelernte Bildhauer erstmals Beruf und Leidenschaft zusammen.
In seinem Atelier hat der 64-Jährige eine Skulptur erschaffen, mit der er einen ganz besonderen MSV-Spieler ehren will: Michael Tönnies, den „Tornado“.
Erinnerungen an tolle Treffer für den MSV Duisburg
Der 2017 im Alter von 57 Jahren verstorbene Profi war (und ist) in Duisburg einer der ganz großen Publikumslieblinge. „Es gibt noch so viele Menschen, die an Michael denken“, sagt Jörg Winke. Auch seine Augen leuchten, wenn er von Tönnies spricht. Seine schönste Erinnerung – natürlich 1991: das Spiel MSV gegen den Karlsruher SC. Tönnies schoss damals innerhalb von fünf Minuten drei Tore. Es war der schnellste Hattrick der Bundesliga, ein Rekord, der den Kicker in ganz Fußball-Deutschland bekannt machte.
Doch das allein ist es nicht, was Winke an dem Stürmer schätzte. „Er war ein ausgesprochen guter Fußballer, immer geradlinig. Mein Lieblingskicker.“ Die Schautafel, die auf dem Michael-Tönnies-Platz vor der Schauinslandreisen-Arena an die Vereinslegende erinnert, sah der Bildhauer deswegen von Anfang an kritisch. „Tönnies ist mehr wert“, befand der 64-Jährige – und nahm sich vor, seinem Idol ein Denkmal zu setzen. „Denn was die Bayern mit Gerd Müller können, das können wir Zebras doch schon lange!“
Als wollte er sagen: „Schaut mal, so werden Tore geschossen“
Zunächst nahm sich Winke Tönnies‘ Kopf vor, modellierte Augen, Nase und das leicht verschmitzte Lächeln, das die Fans so sympathisch fanden. Als Vorlage verwendete er ein Porträtfoto des Kickers, das er im Internet gefunden hatte. „Das Bild zeigt ihn in seiner aktiven Zeit, so, wie wir ihn alle kennen, mit diesem Ausdruck, der sagt: Schaut mal, so werden Tore geschossen.“
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Tatsächlich hatten die Gesichtszüge, die Winke herausarbeitete, einen hohen Wiedererkennungswert – zumindest bei den MSV-Fans, die die Entstehung der Tönnies-Büste bei Facebook mitverfolgten. „Zuerst haben sie kommentiert, das sieht aus wie ein Dönerspieß“, lacht Winke.
Sogar Dirk Tönnies erkannte seinen Bruder Michael
Aber schnell wurde der Zebra-Community klar, wer da vor ihren Augen entstand. Sogar Dirk Tönnies erkannte seinen verstorbenen Bruder in Winkes Werk. „So etwas als Bildhauer zu erleben, einfach großartig, mehr geht gar nicht“, freut sich der Künstler über die Bestätigung.
Und dann rief auch noch der MSV bei ihm an. Der Verein hatte ebenfalls von der Tönnies-Büste gehört – und lud Jörg Winke in die Arena ein. Vor dem Heimspiel gegen den SC Freiburg II darf der 64-Jährige seine Figur nun offiziell den Zebra-Anhängern vorstellen. Die Partie findet am 20. Dezember statt. Einen Tag zuvor, am 19. Dezember, wäre Michael Tönnies 64 Jahre alt geworden.
Winke freut sich auf seinen Besuch an der Wedau. „Dass ich eingeladen bin, macht mich stolz“, sagt der Bildhauer. Er hofft, dass eine seiner Tönnies-Büsten vielleicht in Zukunft den Michael-Tönnies-Platz schmücken wird. Aus Künstlersicht wäre das kein Problem: Winkes Skulpturen können problemlos vervielfältigt werden. Denn der gebürtige Duisburger produziert zunächst Abdrücke und Formen aus Materialien wie Silikon und Wachs. Diese können dann beliebig oft in Bronze gegossen werden.
Ein fertiges Tönnies-Abbild soll 5200 Euro kosten. „Das kann sich der MSV wohl im Moment nicht leisten“, sieht Winke die Sache realistisch. „Aber vielleicht finden sich ja Fangruppen, die Geld sammeln. Ich wäre dann gerne bei allen Genehmigungen und dem Aufstellen behilflich.“
Michael Tönnies in Klein und Groß: Hier arbeitet Jörg Winke
- In Jörg Winkes Atelier im Kulturzentrum Schirrhof in Kamp-Lintfort, Friedrich-Heinrich-Allee 79b, kann aktuell nicht nur die Tönnies-Büste bewundert werden, sondern auch eine lebensgroße Michael-Tönnies-Figur. „Die ist für die Duisburger Akzente und wird im kommenden Jahr ausgestellt“, erklärt der Künstler. Sogar die Stollenschuhe des Kickers hat er so echt wie möglich nachempfunden: „Ein MSV-Fan hat mir ein Foto der Schuhe per WhatsApp geschickt, damit ich eine Vorlage habe.“
- Michael Tönnies kommt zwar aus Essen und wurde hauptsächlich beim FC Schalke ausgebildet. Ein besonderes herzliches Verhältnis hatte er aber zu den Duisburger Fans, die ihn in Zeiten schwerer Krankheit unterstützten und ihm neuen Lebensmut gaben. Für den MSV erzielte Tönnies zwischen 1987 und 1992 in 179 Ligaspielen 101 Tore.
- Wer Jörg Winke einmal über die Schulter schauen will, ist nach Absprache im Atelier herzlich willkommen. Alle Infos gibt es hier.