Duisburg. Sana bestätigt: Der Konzern will Teile des Duisburger Klinikums verkaufen. Die Belegschaft verfolgt die Verhandlungen mit großer Sorge.

Die Sana Kliniken Duisburg werden möglicherweise schon bald einen neuen Mehrheitsgesellschafter bekommen. Der Münchener Konzern verhandelt seit dem Frühjahr mit den Johannitern über einen Einstieg am Kalkweg. In zwei Belegschaftsversammlungen am Hauptstandort und im Bertha-Krankenhaus Rheinhausen informierte Jasmin Schmelmer, seit einigen Monaten Geschäftsführerin, gemeinsam mit der medizinischen Leitung über den aktuellen Stand.

„Beide Seiten möchten diese Gespräche in Bälde zu einem erfolgreichen Abschluss bringen“, so Sana-Sprecherin Katharina Stratos am Mittwoch auf Anfrage. Auch die Johanniter-Zentrale in Berlin bestätigte Verhandlungen über eine „strategische Partnerschaft“.

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„Es ist gut, dass die Geschäftsführung der Sana Klinik nach den Monaten unbeantworteter Nachfragen zu den kursierenden Gerüchten die Verhandlungen nun endlich bestätigt hat“, sagt Verdi-Gewerkschaftssekretär Frowin Jaspers. „Doch es bleiben noch unendlich viele Fragen offen.“ Ob Arbeitsverträge, Tarifbindung und betriebliche Mitbestimmung Bestand haben oder durch das kirchliche Arbeitsrecht ersetzt werden, sei nicht beantwortet worden.

Duisburger Betriebsräte: Forderungskatalog an die Sana-Führung

„Ihre Arbeitsverträge bleiben erstmal unverändert“, habe es geheißen, berichtet Helmut Böckeler, der langjährige Betriebsratsvorsitzende am Sana Klinikum. „Da fragten die Kolleginnen und Kollegen nach: Was bedeutet ‚erstmal‘? Und was bedeutet das für künftige Neueinstellungen? Welche Verträge werden die bekommen? Auch darauf haben wir keine Antwort erhalten.“

Die Vertrauensleute richten deshalb an die Geschäftsführung einen Forderungskatalog, der auch den Ausschluss von betriebsbedingten Kündigungen beinhaltet.

Hohe Erwartungen richten sich auch an die Stadt Duisburg, die noch mit einem Prozent am einst städtischen Klinikum beteiligt ist. „Sie hat bei dem erstmaligen Verkauf der Klinik 1999 an die Sana AG den Beschäftigten und der Bevölkerung Versprechen gegeben, die auch heute noch einzuhalten sind“, betont Frowin Jaspers. Die Stadt bestätigte am Mittwoch „vertrauliche Gespräche, die wir öffentlich nicht kommentieren“.

Die Sana Kliniken Duisburg sind laut eigenem Anspruch ein Maximalversorger. In die medizinische Ausstattung seien Millionen geflossen, betont der Konzern. Das Bild zeigt Dr. Martin Schlunz-Hendann, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie.
Die Sana Kliniken Duisburg sind laut eigenem Anspruch ein Maximalversorger. In die medizinische Ausstattung seien Millionen geflossen, betont der Konzern. Das Bild zeigt Dr. Martin Schlunz-Hendann, Chefarzt der Klinik für Radiologie und Neuroradiologie. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Klinik am Kalkweg: Verlust in zweistelliger Millionenhöhe in 2023

Über die Verhandlungen mit den Johannitern seien Belegschaft und Betriebsrat bereits im Februar per Mitarbeiter-Info unterrichtet worden, betont die Sana-Sprecherin Katharina Stratos. Seither nahmen die Beschäftigten zwar die Besuche von Delegationen der Johanniter wahr, vermissten aber weitere Informationen.

Der Betriebsrat fordert deshalb Beteiligung und die Offenlegung der künftigen medizinischen Strategie. Dabei ist die Zusammenarbeit mit den Johannitern in Rheinhausen kein Neuland: Seit fast drei Jahren teilen sich beide Häuser zur Leitung ihrer onkologischen Kliniken den Chefarzt Dr. Jan Sebastian Balleisen.

Die angestrebte Partnerschaft mit den Johannitern erfolgt offenbar aus großer wirtschaftlicher Not. Seit der Übernahme sei das Haus nicht aus den roten Zahlen gekommen, heißt es. Nach Informationen dieser Redaktion wird die Klinik das laufende Jahr voraussichtlich mit einem Verlust zwischen 17 und 18 Millionen Euro abschließen wird. Drei zugehörige Seniorenzentren in Duisburg hatte Sana bereits 2021 verkauft.

Neu gebaut wurde seit der Übernahme der städtischen Anteile am Kalkweg nur das Parkhaus. Für den baulichen Zustand des Hauses gibt es immer wieder Kritik am Klinik-Konzern aus München.
Neu gebaut wurde seit der Übernahme der städtischen Anteile am Kalkweg nur das Parkhaus. Für den baulichen Zustand des Hauses gibt es immer wieder Kritik am Klinik-Konzern aus München. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Johanniter: Keine Begründung für Interesse am Einstieg in Duisburg

Sana begründet die Probleme mit einem tiefgreifenden Strukturwandel in der Klinik-Landschaft. „Reformen, Fachkräftemangel, Digitalisierung und verändertes Patientenverhalten sind nur einige der wesentlichen Stichworte für diese Entwicklung.“ Hinzu kommen Anpassungen der Versorgungsstrukturen, die NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) über den neuen Krankenhausplan von allen Trägern einfordert.

Die betreffen auch die Johanniter, die das Krankenhaus in Rheinhausen betreiben – als einziges in Duisburg gehört es weder einem Konzern noch einem regionalen Verbund an. Eine Zusammenarbeit mit dem ebenfalls protestantischen Träger Bethesda wurde nach kurzer Zeit aufgekündigt, das Hochfelder Haus begab sich danach in den Verbund mit dem Ev. Klinikum Niederrhein (EVKLN).

Ihr Interesse an einem Einstieg bei Sana begründeten die Johanniter auf Anfrage nicht. Zu Inhalten einer möglichen künftigen Zusammenarbeit werde man sich erst nach Abschluss der Gespräche äußern, so eine Sprecherin am Mittwoch.

>> GUTACHTEN: SANA HAT INVESTITIONSVERPFLICHTUNGEN ERFÜLLT

Die Stadt hatte vor fast 25 Jahren zunächst 49 Prozent der Anteile an Sana veräußert, 2015 dann weitere 50 Prozent. Im Gegenzug hatte sich der Klinik-Konzern zu Investitionen in Höhe von insgesamt 105 Millionen Euro bis Ende 2021 an den Standorten am Kalkweg (Wanheimerort, 100 Millionen Euro) und Rheinhausen (Bertha-Krankenhaus, 5 Millionen Euro) verpflichtet. Eine nicht rechtzeitige Erfüllung löste eine zusätzliche Investitionsverpflichtung von zehn Prozent der Summe aus.

Weil ein Bauprogramm am Kalkweg nicht sichtbar umgesetzt wurde, bis heute nur ein neues Parkhaus gebaut wurde, gab es immer wieder Kritik an Sana. Der Konzern beteuerte, Millionen seien in den Brandschutz und in medizinisches Gerät geflossen. In einem Parteitagsbeschluss forderte die Duisburger SPD Anfang 2022 gar den Rückkauf der städtischen Anteile.

Prüfer: Letzte Rate wurde im März 2023 überwiesen

Die Umsetzung des „baulich-funktionalen Masterplans“ wurde Ende 2021 durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young untersucht. Der Rat der Stadt wurde darüber in einer nicht öffentlichen Vorlage informiert, die der Redaktion vorliegt. Danach hat Sana bis zum Stichtag lediglich 87,1 Millionen Euro investiert.

Unter Berücksichtigung der zusätzlich fälligen zehn Prozent standen damit noch rund 19,73 Millionen Euro aus. Sie wurden gedeckt durch den Sana-Beitrag zur Kapitalrücklage in Höhe von rund 13,67 Millionen Euro. Die ausstehenden 6,2 Millionen Euro, heißt es im Bericht für den Rat, habe Sana ebenfalls in die Rücklage eingezahlt. Die Überweisung erfolgte im März 2023 – da liefen bereits die Gespräche mit den Johannitern.