Duisburg. Immer wieder werden in Duisburg sogenannte Schrotthäuser geräumt. Ein neues Gesetz soll skrupellose Immobilienkäufer in die Schranken weisen.
Der Kampf gegen sogenannte Schrotthäuser zieht sich in Duisburg über Jahre. Seit 2014 stuft eine Taskforce Gebäude als nicht mehr bewohnbar ein und lässt sie räumen. Zudem hat die Stadt einige dieser Immobilien selbst gekauft und abgerissen. Geht es nach Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP), verfügen die Kommunen bald über ein weiteres Instrument, um den Missbrauch maroder Wohnhäuser zu erschweren. Kann das auch für Duisburg eine Hilfe sein?
Der Minister aus Gelsenkirchen setzt mit seinem Vorhaben bei Zwangsversteigerungen an. Immer wieder erwerben skrupellose Geschäftemacher auf diese Weise Schrottimmobilien im Ruhrgebiet – zu mitunter völlig überzogenen Preisen, bei denen auch die Städte nicht mithalten können. Die Neueigentümer nutzen Leid und Unwissenheit wohnungssuchender Menschen aus und machen große Gewinne, ohne in die heruntergekommenen Gebäude zu investieren.
Schrottimmobilien sind in Duisburg weiter ein Problem
Dabei profitieren sie von einer Regelung: bei Zwangsversteigerungen sind nur zehn Prozent des Verkehrswertes als Sicherheitsleistung sofort zu bezahlen, der Rest bis Ablauf einer Frist. Und bevor der komplette Kaufpreis für ein Haus fällig wird, gehen die neuen Immobilieneigentümer schon wieder in die Insolvenz und verschwinden von der Bildfläche. In der Zwischenzeit können sie durch oft unangemessen hohe Mieteinnahmen die gezahlte Sicherheitsleistung deutlich übertreffen.
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Buschmann will nun, dass Kommunen, die den dringenden Verdacht haben, dass es sich bei den Meistbietenden um Personen mit unseriösen Interessen handelt, bei Gericht die Verwaltung des Gebäudes durch einen unabhängigen Verwalter beantragen können. Das könnte etwa der Fall sein, wenn für eine Immobilie „Mondpreise geboten werden“, erklärte der Minister jüngst in einem Gespräch mit dieser Zeitung.
Dass der Missbrauch maroder Wohnhäuser in Duisburg ein Problem ist, zeigen allein 474 Kontrollen durch die städtische Taskforce zwischen 2018 und 2022 – wenngleich diese Kontrollen oft umstritten sind. Die letzte bekannt gewordene Räumung fand Ende März in Hochfeld statt.
Auch in Duisburg wurden Immobilien über Wert ersteigert
Buschmanns Gesetzesvorhaben wollen weder die Stadt noch das Amtsgericht zum jetzigen Zeitpunkt kommentieren – zu wenige Details seien dazu noch bekannt, heißt es unter anderem.
Laut Amtsgericht wurden im Jahr 2022 in Duisburg 256 Zwangsversteigerungsverfahren durchgeführt. Nicht bei in allen Verfahren komme es tatsächlich zu einem Termin, da sich in vielen Fällen Schuldner und Gläubiger doch noch einigen. Oft gelingt das aber auch nicht: „Nach Schätzung der zuständigen Dezernenten dürfte dies etwa in 50 Prozent der Fälle der Fall sein“, erklärt Gerichtssprecher Rolf Rausch.
Handfeste Anhaltspunkte für eine bewusst missbräuchliche Ersteigerung von Immobilien gebe es zwar nicht. „Allerdings war im Jahr 2022 noch festzustellen, dass Immobilien zu einem über dem geschätzten Verkehrswert liegenden Kaufpreis ersteigert wurden“, so Rausch. Im Jahr 2023 sei dieses Phänomen kaum noch festzustellen gewesen – „möglicherweise bedingt durch eine Veränderung der wirtschaftlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen“.
Die Stadt Duisburg habe 2022 an keiner Zwangsversteigerung teilgenommen, erklärt Sprecher Malte Werning. Auch von ihrem Vorkaufsrecht hat sie schon länger keinen Gebrauch mehr gemacht – die 14. und bislang letzte Immobilie wurde im Jahr 2021 auf diese Weise erworben. Weitere Häuser könnten aber folgen, etwa im Rahmen des 50-Millionen-Förderprojekts „Stark im Norden“ in Marxloh und Alt-Hamborn.
Bei Zwangsversteigerungen spielt dieses Vorkaufsrecht keine Rolle, da es einen Kaufvertrag voraussetzt – wird eine Immobilie zwangsversteigert, gibt es aber keinen Kaufvertrag, sondern lediglich einen Zuschlag. (mit sat)
>> GESETZ KÖNNTE IM FRÜHJAHR VERABSCHIEDET WERDEN
Bereits nach jetziger Rechtslage besteht für Gläubiger eines Zwangsversteigerungsverfahrens die Möglichkeit, das zu ersteigernde Grundstück bis zur vollständigen Zahlung des Bargebots in gerichtliche Verwaltung zu nehmen. Diese Verwaltung muss auf Antrag des Gläubigers durch das Gericht angeordnet werden.
Denkbar sei, dass dieses Antragsrecht der Gläubiger unter bestimmten Voraussetzungen auf Kommunen erweitert werden soll, ordnet Gerichtssprecher Rolf Rausch die Ankündigung des Bundesjustizministers in die juristischen Rahmenbedingungen ein.
Das geplante Gesetz könnte im Frühjahr verabschiedet werden.