Duisburg. Sexuelle Gewalterfahrung in Kindertagen beeinflusst Frauen lebenslang. In Duisburg entsteht jetzt eine Gruppe, die traumasensibel helfen will.

Wer in seiner Kindheit oder Jugend sexualisierte Gewalt erlebt hat, trägt das oft sein Leben lang mit sich. Die Fachberatungsstelle Wildwasser in Duisburg will betroffenen Frauen ein neues Angebot machen.

Traumasensible Gruppenarbeit nennt Diplom-Psychologin Sabine Block das. Gemeinsam mit Praktikantin Tessa Hammes, die ihren Bachelor in Psychologie hat, will sie ab Januar Frauen mit dieser belastenden Lebensgeschichte zusammenbringen.

„Vielen Menschen ist nicht bewusst, wie einschneidend die Erlebnisse von sexualisierter Gewalt in der Kindheit und Jugend sind. Unsere Erfahrung zeigt, dass betroffene Frauen im Laufe ihres Lebens immer wieder Hilfe und Unterstützung benötigen“, sagt Block. Bis ein Therapieplatz frei wird, brauche es jedoch Geduld.

Duisburg: Betroffene von sexualisierter Gewalt können sich in der Gruppe austauschen

Die Gruppe biete einen geschützten Rahmen, in dem sich Frauen mit ähnlichem Erfahrungshintergrund austauschen können. Hier könnten sie erfahren: „Ich bin nicht alleine mit dem, was ich erlebt habe.“ Das sei für die Betroffenen, die an psychischen und psychosomatischen Traumafolgestörungen leiden, sehr wertvoll. Viele von ihnen würden sich isolieren, sie haben Scham- oder Schuldgefühle, beschreibt Block.

Bei Wildwasser könnten sie Anonymität und Sicherheit erfahren, für alle gilt die Schweigepflicht.

Grundgedanke der Gruppenarbeit sei, Erwachsene aus dieser Tabuzone herauszuholen und Wissen zu vermitteln. Es gehe nicht darum, über das Erlebte zu reden, weil das die Frauen triggern und retraumatisieren könnte. „Es soll ihnen guttun, sie sollen sich wohlfühlen“, betont die Psychologin.

Die Frauen könnten die Themen mitgestalten. Gemeinsam könne man das Selbstmitgefühl stärken, ressourcenorientiert arbeiten, aber auch die Solidarität und Verbundenheit in der Gruppe spüren.

„Es ist eine wunderbare Erfahrung, zu merken, wie die Frauen davon profitieren“, erzählt Block. Mitunter entstehen Kontakte, die über die Gruppe hinausgehen. Sollte es einer der Teilnehmerinnen allen Schutzmaßnahmen zum Trotz mal nicht so gut gehen, könne man das auffangen. „Ich mache solche Gruppenarbeiten deshalb nie alleine“, betont Block, „manches belastet die Frauen zu sehr“. Zu einem traumasensiblen Angebot gehöre auch, in Einzelfällen Nachgespräche anzubieten.

Weitere Gruppe für Frauen, die durch sexualisierte Gewalt an Kindern belastet sind

Ab dem nächsten Jahr soll bei Wildwasser auch ein Gruppenangebot für Frauen und Mütter entstehen, die nach sexualisierter Gewalt an Kindern oft erste Ansprechpartnerinnen sind und dadurch schwer belastet werden. Die Gruppenarbeit allein reiche zwar meist nicht, „wir bieten aber eine Überbrückung an, bis sie einen Therapieplatz haben“, sagt Block.

Häufiger komme es vor, dass diese Frauen schon selbst Opfer sexualisierter Gewalt waren. Mitunter über mehrere Generationen. Die transgenerationale Traumaweitergabe, wie sie nach dem Zweiten Weltkrieg beobachtet wurde, als bis in die Enkelgeneration die Folgen der Kriegserlebnisse nachgewiesen wurden, sei auch nach sexueller Gewalterfahrung erkennbar.

Die Schwerpunkte beider Gruppen liegen in der Stabilisierung und Stärkung von Ressourcen. Die Projekte sollen drei Jahre laufen, jeweils zwei Durchläufe mit je acht Frauen seien möglich. In einem Erstgespräch entscheide man gemeinsam, ob die Gruppe passt. Die Treffen finden 14-tägig in der Beratungsstelle statt. Das Angebot ist für die Betroffenen kostenfrei. Finanziert wird es durch eine Förderung der Stiftung Deutsches Hilfswerk - Deutsche Fernsehlotterie sowie aus dem Erlös der „Zahngoldspende“ der Zahnärzte Initiative Duisburg e.V.

>>DIE FACHBERATUNGSSTELLE WILDWASSER

  • Die Fachberatungsstelle Wildwasser wird zu 75 Prozent aus Mitteln des Landes und des Jugendamtes Duisburg finanziert. Drei Fachkräfte in Teilzeit übernehmen das Beratungsangebot. Für die Gruppenarbeit muss der kleine Verein, der von einem ehrenamtlichen Vorstand unterstützt wird, selbst Spenden akquirieren.
  • Bis vor zehn Jahren engagierte man sich nur für Mädchen und Frauen, inzwischen gehören auch betroffene Jungen bis 14 Jahren zur Zielgruppe.
  • Insgesamt übernahm Wildwasser im vergangenen Jahr knapp 600 Beratungen im Kinder- und Jugendbereich.
  • Es gibt noch freie Plätze. Interessentinnen können für ein Erstgespräch telefonisch oder per E-Mail Kontakt aufnehmen: Tel. 0203 343016, block@wildwasser-duisburg.de, Weitere Infos: www.wildwasser-duisburg.de