Duisburg. Beim Familiencheck erhalten Schulen Noten. Duisburgs Realschulen schneiden in vielen Bereichen schlecht ab. Verteidigt werden sie vom Gymnasium.
Im Familien-Check der WAZ haben die Realschulen in Duisburg eher schlechtere Noten bekommen. Zwar liegen sie bei der Online-Umfrage in einem Vergleich der Schulformen mit einer Gesamtbewertung von 2,7 ganz knapp vor den Gesamtschulen (2,8). Doch in vier von fünf Kategorien liegen die Realschulen ganz hinten – beim Zustand beziehungsweise die Ausstattung (3,8), Schulessen (3,5) sowie bei der die Atmosphäre (3,5). Und auch bei der Unterrichtsqualität sind sie mit den Gesamtschulen (beide 2,7) Letzter. Es sind Ergebnisse, die die Schulformsprecher auch der anderen Schulen nicht so stehen lassen wollen. Ihre eigenen Bewertungen ignorierend, verteidigen sie die Realschulen.
Schulformsprecherin Dr. Wibke Harnischmacher leitet das Mercator-Gymnasium. Sie sagt, dass die Realschulen „hervorragende Arbeit“ leisten. Das könne sie belegen, weil die Zusammenarbeit eng sei. „Schüler, die zu uns in die Oberstufe wechseln, sind hoch motiviert und gut ausgebildet“, lobt Harnischmacher, „die abgebenden Realschulen geben sich unglaublich viel Mühe, den Übergang nach Klasse 10 bestmöglich mit Schülern und Eltern zu gestalten“.
Realschulen in Duisburg: Tolle Kollegien, die sinnvolle Arbeit leisten
Auch andere Schulformwechsel in Klasse 7 oder in der Mittelstufe würden „so glatt wie möglich für Schüler und Eltern mit uns organisiert“, so Harnischmacher. Im Beratungsprozess sehen die Gymnasiallehrer „liebevoll gestaltete Klassenräume, die ein guter Indikator dafür sind, wie strukturiert und engagiert pädagogisch gearbeitet wird“.
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Kollegen, die an beiden Schulformen unterrichten, „sind äußerst zufrieden, sprechen von tollen Kollegien, die im Bewusstsein und einer Atmosphäre arbeiten, dass sie eine absolut sinnvolle Arbeit ausfüllen und das möchte ich bei der Zusammenarbeit auf Schulleitungsebene nachdrücklich unterstreichen“, betont die Schulformsprecherin.
Realschulen seien zweifellos auch die Schulen, die man bei Beförderungsstellen und der Anzahl der Konrektoren „irgendwie ‚vergessen‘ hat“. Viele Probleme potenzieren sich in einer finanziell sehr klammen Kommune, die insgesamt viel mehr junge Menschen in das Schulsystem (auch als Seiteneinsteiger) integriert als finanzielle Mittel zur Verfügung hat, um dies in flächendeckend neuen, schönen Schulbauten realisieren zu können.
Anmeldezahlen an den Realschulen steigen kontinuierlich
Stan Orlovic fühlt sich durch diese Worte bestätigt. Der Schulformsprecher der vier Realschulen leitet die Karl-Lehr-Realschule in Wanheimerort und hält die Leistung der Schulen für unterschätzt.
Er betont, dass die Anmeldezahlen an Realschulen kontinuierlich steigen: „In Fahrn musste vor Jahren ein zweiter Standort installiert werden, in Beeck gab es in diesem Jahr eine Mehrklasse und wir haben zwei Jahre hintereinander Kinder ablehnen müssen“, verdeutlicht Orlovic.
Ein Blick in die Statistik zeigt: Von 2019 auf 2020 stieg die Zahl der Anmeldungen von 321 auf 377 Kinder, für das Schuljahr 2023/23 wählten 406 Familien die Schulform bei der Erstanmeldungen. Die größte Realschule mit fünf Eingangsklassen ist in Fahrn. Es folgen die Gustav-Stresemann in Beeck, die Gustav-Heinemann-Realschule in Mitte und die kontinuierlich wachsende Karl-Lehr-Realschule in Wanheimerort.
Kritik an der Ausstattung weist Orlovic ebenfalls zurück, sie sei sehr gut. „Über den Zustand der Schulen in Duisburg muss man generell nicht sprechen, aber auch da stehen wir sicherlich nicht schlechter da als andere Schulformen.“ Die Stellenbesetzung an den Realschulen sei in etwa die gleiche wie an den Gesamtschulen und Gymnasien.
Über die schlechte Bewertung (3,5) beim Schulessen kann Orlovic nur den Kopf schütteln. Diese Note kontert er mit leiser Ironie: Da die vier Duisburger Realschulen keine Ganztagsschulen sind, gibt es auch kein Essensangebot. „Da können wir also mit einer 3,5 ziemlich gut leben.“
Der Schulformsprecher betont: Dank der „pädagogisch wertvollen Arbeit“ liege die Quote der Schülerinnen und Schüler, die die Qualifikation für die Oberstufe erreichen, bei über 50 Prozent, sagt der Schulformsprecher. Umgekehrt könnten viele Kinder, die am Gymnasium abgeschult werden, von den Realschulen aufgefangen werden.
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Pauschale Benotungen durch standortspezifische Wahrnehmung „getrübt“
Die Ergebnisse der Umfrage zweifelt auch Bernd Beckmann an. Der Schulleiter der Gesamtschule Meiderich ist Schulformsprecher der Gesamt- und Sekundarschulen in Duisburg.
Er betont, dass in solchen Umfragen „sehr standortspezifische Wahrnehmungen in den Antworten einfließen und eine pauschale Benotung von Schulformen nicht möglich ist - in keinem Bereich“. Er kenne zum Beispiel Duisburger Gymnasien, die baulich in gar keinem guten Zustand sind und Duisburger Gesamtschulen, die unter guten Bedingungen arbeiten könnten. Das Gesamtbild sei diffus, weil die Schulformen in ihrer Zahl und Verteilung sehr unterschiedlich in der ganzen Stadt verteilt seien.
„Dass die Schulen in Duisburg insgesamt gestärkt werden müssen, ist allen Beteiligten bekannt und Pläne liegen vor. Die Umsetzung verstrickt sich leider in zu vielen Fußangeln und uns läuft nicht nur die Zeit davon“, bedauert Beckmann