Duisburg-Rumeln-Kaldenhausen. Wie hoch darf das Grün im Schrebergarten sein? Darüber wird seit 2019 in einem Duisburger Kleingartenverein gestritten. Der Streit ist eskaliert.
Eigentlich sollte ein Garten zur Erholung da sein. Norbert Schmitz und seine Frau Beate hatten sich darauf gefreut, ihre Oase in der Kleingartenanlage „Zum Heckhofen“ in Rumeln-Kaldenhausen jetzt als frisch gebackene Rentner noch viel mehr nutzen zu können. Aber ihr privates Grün ist seit einigen Jahren von einem Schatten des Ärgers überzogen. Zwischen Familie Schmitz und dem Stadtverband der Duisburger Kleingärtner schwelt seit 2019 ein Streit, der jetzt in einer Räumungsklage gipfeln könnte: Es geht um eine Hecke.
Das Drama hat im Jahr 2019 mit einer Garten-Begehung in Rumeln-Kaldenhausen begonnen
Genauer gesagt, geht es um zwei Hecken und um die Frage, wie hoch dieser natürliche Sichtschutz denn sein darf. Die Geschichte ist so detailreich und kompliziert, dass sie nur in Auszügen erzählt werden kann. Auf dem Gartentisch liegt ein prall gefüllter grüner Ordner - die „Akte Hecke“. Hier haben Beate Kruswicki-Schmitz und Norbert Schmitz alle Schriftstücke abgeheftet, die seit vier Jahren zwischen ihnen, dem Kleingartenverein „Zum Heckhofen“ und dem Stadtverband hin- und hergeschickt werden.
Begonnen hat das Drama, als Turgay Diker 2019 zu einer Begutachtung der Kleingartenanlage Zum Heckhofen nach Rumeln-Kaldenhausen kam. Beate Kruswicki-Schmitz kann sich noch gut an diesen Tag erinnern. „Der kam in unseren Garten und sagte: Sie haben sich hier ja schön eingeigelt. Das muss alles weg“, zitiert sie den damaligen Vorsitzenden des Verbands der Duisburger Kleingartenvereine, der mittlerweile verstorben ist. Auch andere Pächter in Rumeln-Kaldenhausen hätten an diesem Tag die Anordnung bekommen, ihre Hecken drastisch einzukürzen.
„Wir waren alle fassungslos“, sagt Norbert Schmitz. Im Jahr 2000 hat er den Garten von seinen Eltern übernommen. Damals seien die Koniferen-Hecke als Sichtschutz zwischen Terrasse und Hauptweg und die Natur-Hecke aus Sträuchern am Nebenweg genauso hoch wie heute gewesen: 1,80 Meter. Eine Höhe, die bei der Übernahme des Gartens vom Gutachter des Vereins nicht beanstandet wurde, wie Schmitz anhand von Schriftstücken belegen kann. Und die das Ehepaar bei der Grünpflege auch stets einhalten würde.
„19 Jahre lang hat der Verband gewusst, wie hoch die Hecke ist und nie etwas gesagt.“ Der Vorsitzende sei ständig daran vorbeispaziert, weil er in der Nähe gewohnt habe. Erst als ihm eine andere Sache in der Anlage nicht gepasst habe, hätte er das Zurückschneiden der Hecken in diversen Gärten angeordnet.
Die offizielle „Garten- und Bauordnung“, an die sich die Kleingärtner halten müssen, schreibt Folgendes vor: „Hecken an den Wegen dürfen 1 m Höhe nicht überschreiten.“ Allerdings gilt das nicht für Bepflanzungen, die es schon vor Inkrafttreten der Verordnung gab. Solche „nicht erlaubten Anpflanzungen“, so steht es hier geschrieben, müssten bei einem Pächterwechsel vom Verursacher entfernt werden. Genau diesen Pächterwechsel gab es, als die Schmitzens den Garten im Jahr 2000 übernahmen. Aber damals wurden die Hecken von den Verantwortlichen des Vereins bei der Übergabe akzeptiert.
Die Hecke stand schon vor 44 Jahren im Duisburger Kleingarten
Norbert Schmitz holt eine Leiter, um uns die Natur-Hecke aus der Vogelperspektive zu zeigen. Als seine Eltern den Garten im Jahr 1979 angelegt haben, gab es die Hecke schon. „Die war damals Abgrenzung eines Spielplatzes, der hier war.“ Stattliche zweieinhalb Meter ist sie 44 Jahre später breit. Aus ihrer Mitte ist ein baumartiger Strauch in die Höhe gewachsen. „Hier finden Vögel, Igel und Eichhörnchen Unterschlupf“, sagt Schmitz und zitiert aus einem Brief des Naturschutzbundes Nabu, der ihnen bescheinigt, dass ein radikaler Rückschnitt - so wie es der Verband der Kleingärten fordert - die Qualität der Hecke als Lebensraum für Tiere herabsetzen würde.
Seit vier Jahren streiten die Kleingartenpächter mit dem Duisburger Verband
26 Jahre lang hat sich Norbert Schmitz ehrenamtlich als Kassierer im Kleingartenverein „Zum Heckhofen“ engagiert. Nun streitet er seit vier Jahren mit dem Stadtverband über die Höhe von Hecken. „Wir sind die letzten Pächter, die sich noch wehren.“ Die meisten anderen seien „eingeknickt“, als der Verbandsvorsitzende gedroht habe, die ganze Anlage von der Stadt schließen zu lassen.
Im Aktenorder haben sich seitdem Abmahnungen, Einsprüche, Protokolle, Briefwechsel zu einem gescheiterten Schlichtungsversuch, Anwaltsschreiben und wiederholte Kündigungen angesammelt. Auch gegen die jüngste Kündigung zum 30. November hat Familie Schmitz wieder Einspruch eingelegt. „Erstaunlicherweise stand dort diesmal drin, dass wir unserer Aufforderung nicht nachgekommen sind, die Hecken zu entfernen.“ Davon sei noch nie vorher die Rede gewesen. „Es ging immer nur um den Rückschnitt auf einen Meter.“
Manfred Wolters, Vorsitzender des Kleingartenvereins Zum Heckhofen, der die Kündigung verfasst hat, möchte sich zu dem Schreiben nicht äußern: „Das ist ein laufendes Verfahren, ich sage gar nichts.“ Der Vorsitzende des Stadtverbands Ernst Steinwerth will den Inhalt der Kündigung auch nicht kommentieren. „Das ist Sache des Vereins.“ Aber er zeigte sich erstaunt darüber, dass die Pächter aus Rumeln-Kaldenhausen mit uns über ihre Naturhecke gesprochen haben. „Es geht doch nur darum, dass die Koniferenhecke am Eingang freie Sicht in den Garten zulässt.“ Die Hecke am Nebenweg sei überhaupt kein Thema bei dem Streit gewesen. Dann bleibt allerdings die Frage, warum genau diese Hecke in diversen Schriftstücken angemahnt wird. Auch im Kündigungsschreiben, das uns vorliegt, steht: „Entfernung der Hecken Garteneingang Vorderfront und rechte Seite gesamte Hecke.“
Wie geht es jetzt weiter? Der Verbandsvorsitzende Ernst Steinwerth sieht als Lösungsvorschlag, dass sich alle Beteiligten noch mal an einen Tisch setzen. „Aber dann muss sich die Familie Schmitz auch ein bisschen bewegen“, fordert er. Das kommt für Norbert Schmitz und seine Frau Beate nach allem, was sie in diesem Streit erlebt haben, nicht mehr infrage. Für sie steht fest: „Unsere Hecken bleiben so, wie sie sind.“
Wie ist die Rolle der Stadt Duisburg im Kleingarten-Streit?
- Das Gelände des Kleingartenvereins „Zum Heckhofen“ in Rumeln-Kaldenhausen gehört der Stadt Duisburg.
- Die Stadt hat einen Generalpachtvertrag mit dem Verband der Duisburger Kleingartenvereine abgeschlossen. Die „Garten- und Bauordnung“ wurde zwar mit der Stadt als Eigentümerin der Anlage abgestimmt, aber erlassen hat sie der Duisburger Kleingartenverband. Dieser ist somit auch zuständig, wenn es um die Einhaltung der Gartenordnung geht.
- Wenn es wie in dem Fall des Kleingartenvereins „Zum Heckhofen“ zu einem Streit kommt, wird zunächst die Schlichtungskommission des Stadtverbandes der Kleingärtner tätig. Wenn auch das nicht hilft, bleibt den Pächtern nur der private Rechtsweg. Die Stadt greift nicht ein, da bestimmte Angelegenheiten der Pächter, wie beispielsweise die Einhaltung der Garten- und Bauordnung, laut Stadt direkt mit dem zuständigen Verein oder dem Verband zu klären sind.