Duisburg-Dellviertel. Im Dellviertel stehen viele denkmalgeschützte Häuser. Jetzt ist ein weiteres hinzugekommen. Es zeigt, wie die Menschen früher am Dellplatz gelebt haben.

Von außen wirkt es zurückhaltend, kommt aus ohne großen Protz, spitze Türmchen und übertriebene Schnörkel. Und doch (oder gerade deshalb) ist das Haus Neue Marktstraße 8 eng mit der Geschichte des Dellviertels verknüpft. So eng, dass es nun unter Denkmalschutz gestellt wird.

Denn das Wohnhaus aus dem 19. Jahrhundert ist nicht nur „ein typischer Vertreter des sogenannten rheinischen Dreifensterhauses“, wie die Denkmalschützer in ihrem Gutachten bemerken. Es gehört auch zu den wenigen erhaltenen historischen Wohngebäuden rund um den Dellplatz.

Das Haus Neue Marktstraße 8 sei „ein typischer Vertreter des sogenannten rheinischen Dreifensterhauses“, urteilen die Denkmalschützer.
Das Haus Neue Marktstraße 8 sei „ein typischer Vertreter des sogenannten rheinischen Dreifensterhauses“, urteilen die Denkmalschützer. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Dellviertel war erstes Erweiterungsgebiet der Stadt Duisburg

Im Dellviertel fanden sich im 19. Jahrhundert viele repräsentative Wohnhäuser. Duisburg war damals ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt: Von hier wurde Kohle in alle Richtungen verfrachtet und verschifft. In der Stadt am Rhein konnte man Geld verdienen, das zog die Menschen an. Duisburg wuchs und wuchs, und die Einwohner brauchten mehr Platz.

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Als erstes Erweiterungsviertel entstand so das Dellviertel: 1867 war erstmals die Rede vom späteren Dellplatz, nämlich vom „Neumarkt“, der in der Papendelle, dem heutigen Dellviertel, angesiedelt werden sollte. Der Platz entstand als zentraler Ort des neuen Quartiers. Die Schule an der Goldstraße wurde gebaut, eine majestätische Kirche und viele neue Wohnhäuser. Eine Fotografie, die vermutlich um die Jahrhundertwende entstand, zeigt die Neue Marktstraße mit einer einheitlichen Bebauung im Stil der Neorenaissance.

Auf und rund um den Dellplatz herrschte viel Trubel

Das Leben auf und rund um den Dellplatz pulsierte. Es gab einen Markt, auf dem Händler Hühner und Ferkel, Obst und Gemüse verkauften. Die Menschen seien sogar zu Fuß aus Serm mit ihren Waren gekommen, berichtet der inzwischen verstorbene Heimatforscher Harald Molder von der Duisburger Zeitzeugenbörse. 1928 startete und endete auf dem Dellplatz sogar der erste Rosenmontagszug Duisburgs.

Doch ein paar Jahre später lag hier alles in Trümmern: Das Bombardement in der Nacht vom 14. auf den 15. Oktober 1944 traf die St.-Josephs-Kirche und verwandelte sie in eine Geröllhalde. Die umliegenden Gebäude wurden schwer beschädigt, ein erheblicher Teil der historischen Bausubstanz im Viertel wurde zerstört. „Die Bauten, die stehengeblieben sind, kann man an einer Hand abzählen“, sagt Molder.

Zimmertüren, Holztreppe – alles im Original

Das Wohnhaus Neue Marktstraße 8 überstand die Bombennacht und hat bis heute viele Schätze von damals bewahrt: Im Eingangsbereich, den Besucher durch die hölzerne Haustür betreten, liegen am Boden noch die alten Fliesen, an der Decke blieb der Stuck erhalten. Im Originalzustand befinden sich auch die Zimmertüren und die Holztreppe mit geschnitzten Details.

Die Denkmalschützer überzeugt das: Mit „seinem hohen architektonischen Niveau“ verdeutliche der Bau die Verhältnisse, die den großstädtischen Stadtteil Dellviertel vor knapp 200 Jahren ausmachten, erklären sie. Das Gebäude bilde – ebenso wie die Gründerzeitbauten auf der gegenüberliegenden Straßenseite – einen Kontrast zu den „gestalterisch eher schwächeren Nachkriegsbauten“ des Viertels. Die Mitglieder der Bezirksvertretung sahen das ähnlich: Sie stimmten dem Antrag auf Denkmalschutz mehrheitlich zu.

>>> Einer der bekanntesten Architekten Duisburgs

  • Das Haus Neue Markstraße 8 wurde (ebenso wie das Eckhaus Neue Marktstraße 4, ein stattlicher Bau mit runden Fenstern, Ornamenten und Erker) von Joseph Schrey konzipiert. 1888 stellte er das Baugesuch für das Wohnhaus mit der Hausnummer 8.
  • Schrey zählte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zu den meistbeschäftigten Architekten und Bauunternehmern in Duisburg. Er wurde bereits in den Adressbüchern Ende der 1860er Jahr, also in den frühen Jahren des Stadtausbaus, als „Maurermeister“ aufgelistet. Prominentestes Werk Schreys ist die Kirche St. Peter und Paul in Huckingen (1877-93).
  • Das Haus Neue Marktstraße 8 legte er als Dreifensterhaus mit zweieinhalb Geschossen und Putzfassade, hohen, rechteckigen Fenstern und flachem Satteldach an.