Duisburg. Liebhaber exklusiver Immobilien blicken nach Duisburg-Ruhrort: Dort steht ein historischer Brückenturm zum Verkauf. Das soll das Denkmal kosten.
Turmfräulein oder -herren gesucht: Die „Volksbank Immobilien Niederrhein GmbH“ sucht derzeit einen neuen Besitzer für einen der beiden historischen Türme an der Friedrich-Ebert-Brücke in Duisburg-Ruhrort. Zu finden ist der Brückenturm Nord, Objektnummer 15154, auf der Webseite der Makler in der Kategorie „Haus“ – aber mit einem Standard-Eigenheim ist das Gebäude freilich nicht zu vergleichen.
Auf sieben Stockwerke verteilen sich 17 Zimmer. Die Wohnfläche in den oberen Etagen beträgt 104 Quadratmeter, die Nutzfläche 386. Die Makler preisen den Turm denn auch als „nahezu einmalig“ an.
Interessenten sollten allerdings etwas Kleingeld mitbringen: 1,1 Millionen Euro soll der Kaufpreis betragen, zuzüglich 3,57 Prozent Provision. Dafür ist laut Anzeige („Kernsaniertes Baudenkmal mit Rheinblick“) die technische Ausstattung bereits modernisiert.
Brückentürme: Wahrzeichen von Duisburg-Ruhrort wurden zwischen 1904 und 1907 gebaut
Zwischen 1904 und 1907 wurden die beiden 32 Meter hohen Türme nach Plänen des Architekten Hermann Billing errichtet. Auftraggeber waren die Stadt Ruhrort und die Gemeinde Homberg – damals gehörten die Orte noch nicht zu Duisburg.
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Die Türme sollten repräsentativen Charakter haben und boten Platz für die Dienstwohnungen der Brückenwärter. Sie waren dafür zuständig, den Brückenzoll zu kassieren. Der südliche Turm, von Ruhrort gesehen auf der linken Seite, beherbergte zudem eine Schänke. Außerdem waren in den Erdgeschossen einige Geschäfte untergebracht. Die Duisburger Denkmalschützer beschreiben die beiden Wahrzeichen heute so: „Klassischer Repräsentationsbau der nationalistisch-monumentalistisch orientierten Gründerzeitepoche.“
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Da die Brücke 1945 von Pionieren der deutschen Wehrmacht gesprengt wurde, musste die Verbindung über den Rhein von 1951 bis 1954 wieder aufgebaut werden. Eine Zollstation wurde nicht mehr berücksichtigt und auch die Schänke war fortan Geschichte. 1985 wurden die Türme schließlich unter Denkmalschutz gestellt.
Nach langem Leerstand wurde 2009 in dem Turm eine Wohnung bezogen
Nach langem Leerstand wurde das nördliche Gebäude im Jahr 2009 von dem heutigen Eigentümer erworben. „Dort oben hat mal ein Mann mit seiner Familie gewohnt. Allerdings gibt es dort natürlich keinen Balkon und auch keinen Garten, sodass der Besitzer lieber an den Niederrhein gezogen ist“, erinnert sich Dirk Grotstollen vom Bürgerverein Ruhrort. Unter Berücksichtigung der Denkmal-Auflagen seien beide Türme seinerzeit allerdings umfassend saniert worden. „Sogar ein Aufzug wurde eingebaut“, erinnert sich Grotstollen. „Das sind interessante Objekte“, findet er.
Laut Inserat befinden sich in dem eckigen Turm derzeit sechs Büros, „die durchaus in Wohnungen umgewandelt werden könnten“. Dies bedürfe allerdings einer Abstimmung mit der Stadt Duisburg. Alle Einheiten verfügen über eine Küche und ein WC sowie zwei bis drei Zimmer. „Die Ausstattung ist als hochwertig zu beschreiben. Alle Leitungen, sowohl Elektrik wie auch Wasser und Heizung wurden 2009/2010 vollständig erneuert.“
Das Dach wurde neu gedämmt und, angesichts steigender Energiepreise, vielleicht interessant: „Der Energiestandard ist durch das besonders starke Mauerwerk in Verbindung mit den erneuerten Fenstern als gut zu beschreiben.“ Zehn Parkplätze gehören ebenfalls zum Anwesen.
Volksbank Immobilien GmbH tritt als Makler des „einzigartigen Objekts“ auf
Was man von außen nicht ahnt: Zusätzlich verfügt der Turm über drei Untergeschosse. Eine Keller-Etage ist derzeit als Lager vermietet. Die zwei weiteren stehen derzeit leer, könnten aber ebenfalls als Lager dienen.
Bereits 2016 hat der südliche Brückenturm den Besitzer gewechselt – auch er sollte eine Million Euro kosten. Das „Kreativquartier Ruhrort“ hat das aktuelle Verkaufsangebot in den sozialen Netzwerken geteilt. Eine Dame kommentiert: „Wow. Habe die Türme immer schon so toll gefunden. Ob sich da am Preis noch was drehen lässt?“
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Eine andere Nutzerin erinnert sich, dass „Haus und Grund“ dort in den 1980er Jahren mal eine Wohnung angeboten hat, damals für 200 D-Mark. „Sind ja scheinbar jetzt in die obere Preiskategorie aufgestiegen.“ Die überzeugten Ruhrorter vom Kreativquartier meinen: „Die Wohnfläche ist sehr überschaubar, der Verkehrslärm wohl erheblich – aber die Aussicht ist unschlagbar.“