Duisburg. Alfred Wendel hat das Duisburger Kulturleben nachhaltig geprägt. Als neuer Träger des Musikpreises blickt er zurück auf eine besondere Karriere.

Als am Sonntag der Musikpreis der Stadt Duisburg in Verbindung mit der Köhler-Osbahr-Stiftung vergeben wurde, kam mit Prof. Dr. Alfred Wendel eine Persönlichkeit in den Genuss dieser Auszeichnung, die das Duisburger Musikleben so nachhaltig geprägt hat wie nur wenige der bisherigen Preisträger.

15 erfolgreiche Jahre führte er als Intendant die Duisburger Philharmoniker durch Phasen künstlerischer Höhepunkte, aber auch durch Krisen, wie die Interimszeit im Theater am Marientor während der geschlossenen Mercatorhalle und die massiven Einschränkungen im Umfeld des Corona-Lockdowns.

Trotz Krisen: Publikum hielt den Duisburger Philharmonikern die Treue

Im Gespräch blickt der 2021 in den Ruhestand getretene Kulturmanager zufrieden auf seine Karriere und sein Leben zurück: „Ich hatte mein ganzes Leben Glück gehabt. Ich wuchs in einem schönen Elternhaus auf, verbrachte eine unbeschwerte Jugend und bin beruflich überall gut zurechtgekommen. Auch und besonders bei den großartigen Duisburger Philharmonikern, die meinen Vorstellungen viel Spielraum gaben und wo ich von drei charismatischen GMDs (Generalmusikdirektoren, d. Red.) und einem hochengagierten Team getragen wurde.“

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Das habe ihm viel Freude bereitet, aber auch viel Arbeit, die Alfred Wendel jedoch selbst in schwierigen und besonders anstrengenden Phasen selten als belastenden Stress empfunden habe. Dafür hatte er zuvor bei den Händel-Festspielen in Göttingen, beim Rheingau-Festival und dem Klavier-Festival Ruhr das Metier so intensiv und umfangreich gelernt, dass ihn kein Problem, keine kurzfristige Absage, nicht einmal das überschwemmte Theater oder die Baumängel der Mercatorhalle in Panik versetzen konnten.

Letztlich gelang es ihm, die Exilzeit der Philharmoniker im Theater am Marientor und die Einschränkungen während der Pandemie so geschickt zu managen, dass das Orchester seine Qualität halten konnte und das Publikum den Philharmonikern die Treue hielt.

Alfred Wendel absolvierte erst eine Ausbildung zum Maschinenschlosser

Als er am 1. Februar 2006 sein Duisburger Amt antrat, hatte er aus dem Stand einen Berg an Aufgaben zu bewältigen. Darunter eine Reise nach England, um Vorbilder für die geplante Orgel der Mercatorhalle zu finden sowie die Vorbereitung der folgenden Saison inklusive einer organisatorisch aufwendigen China-Tournee.

Unter Alfred Wendel haben die Philharmoniker ihr Ansehen weit über die Grenzen der Stadt verstärken können. Neben vielen Gastauftritten in Deutschland, unter anderem bei der Ruhrtriennale, reisten sie nach Amsterdam, Montreux, Polen, Litauen, Istanbul und Mailand. Dass die Duisburger Philharmoniker als ein kulturelles Aushängeschild der Stadt geachtet werden, ist nicht zuletzt diesen Aktivitäten zu verdanken.

Alfred Wendel (l.) hatte bei der Preisverleihung viele Gratulanten.
Alfred Wendel (l.) hatte bei der Preisverleihung viele Gratulanten. © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Zudem integrierte Wendel das Orchester mit neuen Konzertformaten stärker in die Stadtlandschaft. Zum Beispiel mit der Orgelreihe „Toccata“, mit Konzerten im Lehmbruck-Museum, dem „Eigenzeit“-Festival für Neue Musik, dem Ausbau des Projekts „Klasse Klassik“ für Kinder und Jugendliche sowie vieles mehr.

Am 18. April 1958 im westfälischen Werl geboren, absolvierte er zunächst eine Lehre zum Maschinenschlosser, die er mit Fleiß und Interesse abschloss. Dennoch fühlte er sich stärker von der Musik als Lebensaufgabe angezogen. Er spielte Trompete, studierte in Göttingen Musik- und Kunstwissenschaften und promovierte über die Entschlüsselung alter Musikerhandschriften. Noch während des Studiums kam er mit den Göttinger Händel-Festspielen in Kontakt. Eine Begegnung, die seinen weiteren Lebensweg bestimmen sollte.

>>WÜRDIGER RAHMEN FÜR EX-INTENDANT ALFRED WENDEL

Die Verleihung am Sonntag war einer der längsten und persönlichsten in der 33-jährigen Geschichte des Musikpreises. Und zwar in einem würdigen Rahmen, der Alfred Wendel sichtlich berührte und die Dankbarkeit vieler seiner Weggenossen für die kompetente und menschliche Zusammenarbeit zum Ausdruck brachte. Der Reigen reichte vom Oberbürgermeister bis zu den Philharmonikern, Dirigenten und Vertretern der Deutschen Oper am Rhein. Sogar Volkmar Schön, Vorstandsmitglied des Deutschen Roten Kreuzes, ließ es sich nicht nehmen, Wendel die Dankesmedaille des DRK für die alljährlichen Galas mit den Philharmonikern zu überreichen.

Überraschend war der Auftritt des langjährigen Direktors der Rheinoper, Stephen Harrison, und des amtierenden Generalmusikdirektors Axel Kober als Klavier-Duo.
Überraschend war der Auftritt des langjährigen Direktors der Rheinoper, Stephen Harrison, und des amtierenden Generalmusikdirektors Axel Kober als Klavier-Duo. © FFS | Michael Dahlke

Angesichts seiner vielfach gepriesenen Bescheidenheit hätte alles nach Wendels eigener Einschätzung eine Nummer kleiner ausfallen können. Aber verdient hat er sie allemal, die Kammermusik- und Opernbeiträge der Philharmoniker mit Werken von Brahms, Mendelssohn, Bach und Rossini mit der Mezzosopranistin Alexandra Yangel ebenso wie den überraschenden Auftritt des langjährigen Direktors der Rheinoper, Stephen Harrison, und des amtierenden Generalmusikdirektors Axel Kober als Klavier-Duo mit einem Rondo von Schubert, die damit Wendels Vorliebe für die Musik der Romantik entgegenkamen.

Griff ins Anekdotenkästchen der Duisburger Philharmoniker

Auch der Vortrag zweier Barockgedichte durch die Schauspielerin Katja Heinrich war nicht geplant, erfreute Wendel jedoch umso mehr, als die Philharmoniker verschiedene große Projekte mit der Mimin realisierten.

Im Plausch mit dem Journalisten Holger Noltze griff man tief ins Anekdotenkästchen. Wobei sowohl Wendel wie auch Harrison und Kober besonders plastisch den Wasserschaden im Theater hervorhoben, als die Premiere der „Götterdämmerung“ notgedrungen konzertant in die Mercatorhalle verlegt werden musste und dort musikalisch und akustisch einen so hervorragenden Eindruck hinterließ, dass man dort gleich den gesamten „Ring“ präsentierte und als CD veröffentlichte.

Oberbürgermeister Sören Link und Hans Jürgen Kerkhoff, Vorsitzender der Köhler-Osbahr-Stiftung, überreichten Wendel gemeinsam die Urkunde und fassten die Verdienste des Preisträgers pointiert zusammen.