Duisburg-Hochfeld. Eine Sensation war dieser Kindergarten bei seiner Eröffnung. Jetzt soll er ein Denkmal werden. Das sind die erstaunlichen (Hinter-)Gründe.
Auf den ersten Blick wirkt es unscheinbar: Neben der imposanten Pauluskirche sticht das dunkle Backstein-Gebäude an der Rheinhauser Straße in Duisburg-Hochfeld nicht wirklich hervor. Passanten eilen achtlos vorbei. Autos stauen sich direkt vor der Haustüre. Doch der Flachbau hat eine einzigartige Geschichte und soll jetzt unter Denkmalschutz gestellt werden. Denn schon seine Eröffnung sorgte in der ganzen Region für Schlagzeilen.
Kindergarten Duisburg-Hochfeld: Absolutes Novum für die Region
Warum, das zeigt eine Reise ins Jahr 1928/29: Damals wurde das zweigeschossige Gebäude, das etwas zurückgesetzt hinter einer Einfriedung liegt, durch die evangelische Kirchengemeinde Hochfeld errichtet. Den Entwurf lieferte der früher stadtbekannte Architekt Otto Schmidt.
An der damaligen Reichsstraße plante er etwas, das es in Duisburg so bislang nicht gegeben hatte: Einen Kindergarten, in dem – aufgeteilt auf acht Gruppen – maximal 100 Kinder betreut werden sollten, mit hellen Fluren, Spielhof, Planschbecken und Funktionsräumen.
Für Eltern in der Jetztzeit mag das nach Alltag klingen. Doch was die wenigsten (noch) wissen: Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Nachwuchs der Arbeiterfamilien nicht wie heute in kuscheligen Kleingruppen betreut, sondern in großen, überkonfessionellen „Bewahranstalten“ gesammelt. Auch in Hochfeld gab es drei solcher Einrichtungen – mit jeweils rund 200 Kindern.
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Otto Schmidts kindgerechter Neubau war damit ein absolutes Novum. Entsprechend groß war der Jubel bei der Eröffnung im Jahre 1929. Das Gebäude, in dem heute die Kinder des evangelischen Kindergartens „Pauluszwerge“ untergebracht sind, sei „nach neusten Erfahrungen und Grundsätzen hergestellt und eingerichtet“, seine Räume seien „luftig, hell und freundlich“ sowie vorbildlich funktional, berichteten seinerzeit Reporter.
Kindergarten „der erste Vorbildliche dieser Art, der in unserer Stadt errichtet wurde“
Der Kindergarten sei „der erste vorbildliche dieser Art, der in unserer Stadt und vielleicht am Niederrhein überhaupt errichtet wurde“, heißt es in einem Bericht vom 15. Februar 1929 in der damaligen Rhein- und Ruhrzeitung. Und ein paar Jahre später hielt der Duisburger Generalanzeiger fest, noch immer werde das Gebäude „wegen seiner mustergültigen Einrichtung oft besichtigt“.
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Tatsächlich sieht man dem Bau seinen durchdachten und kindgerechten Grundriss bis heute an: So sind die Spiel- und Gruppenräume zum Innenhof hin angeordnet. Sie liegen damit nicht nur abgeschirmt von der Straße, sondern sind auch nach Süden und Osten zur Sonne hin ausgerichtet.
Zwar wurde der hintere Flügel, der an das ehemalige Pfarrhaus an der Paulusstraße angrenzt, im Laufe der Zeit stark verändert. Ebenso der Außenbereich mit Spielhof und Planschbecken. Im vorderen Teil des Bauwerks mit der Einfriedung und der umschlossenen Freifläche parallel zur Rheinhauser Straße sehen die Gutachter heute aber trotzdem ein bedeutendes „bauliches Zeugnis für eine zentrale Phase in der Entwicklung von Kindergärten“.
Zudem sei das Gebäude „für die Geschichte Hochfelds als sozialgeschichtliches Dokument von Bedeutung“ und stelle eine architektonische Besonderheit dar, so die Denkmalpfleger. Die Mitglieder der Bezirksvertretung Mitte haben dem Antrag, das Gebäude unter Denkmalschutz zu stellen, bereits zugestimmt.
Mit dem Hochfelder Gebäude wird damit zum ersten Mal in Duisburg ein Kindergarten unter Denkmalschutz gestellt, der von Anfang an als solcher konzipiert war. „Es gibt zwar weitere denkmalgeschützte Gebäude in Duisburg, die mittlerweile auch eine Kita beherbergen. Aber diese Gebäude waren ursprünglich nicht dafür vorgesehen“, erklärt Stadtsprecher Max Böttner.
>> Otto Schmidt plante Kindergartengebäude und Handarbeitsschule
- Neben dem evangelischen Kindergarten befand sich in dem Gebäude an der damaligen Reichsstraße auch eine Handarbeitsschule. Die Handarbeitsschule lag im Obergeschoss und war für 75 Schülerinnen konzipiert.
- Architekt Otto Schmidt war zur Zeit der Entstehung des Kindergartens kein Unbekannter. Zwischen 1903 und 1950 entwarf er in Duisburg mehrere prominente Bauten, unter anderem das inzwischen denkmalgeschützte Haus am „Großen Kalkhof 1“ in der Innenstadt und den Wohnblock Mainstraße/Lahnstraße im Wasserviertel. Auch für den Umbau der heutigen (ebenfalls denkmalgeschützten) „Wein-Villa“ an der Mülheimer Straße in Duissern war Schmidt verantwortlich.