Duisburg. Die Wiegeanlagen auf der A40 in Duisburg sind Geschichte. Zigtausende Laster zogen sie aus dem Verkehr. Warum die hohe Investition wichtig war.

An der alten Rheinbrücke in Duisburg beginnen bereits die Abrissarbeiten. Dass sie bis jetzt durchgehalten hat, ist unter anderem den beiden Wiegeanlagen auf der A40 zu verdanken, die fünf Jahre lang den Verkehr kontrollierten und zu schwere oder falsch beladene Lkw stoppten: Für insgesamt rund 67.000 Laster war in der Waage erst mal Endstation.

Vom 9. November 2018 bis jetzt wurden auf Homberger Seite rund 34.000 Lkw von der Weiterfahrt abgehalten. Auf der Kaßlerfelder Seite ging die Waage im Frühjahr 2019 in Betrieb und stoppte bis Ende September 32.514 Fahrzeuge, zählten die Autobahnpolizei Düsseldorf und die Polizei Duisburg.

Die „Weight in motion“-Anlagen, die mit Messschleifen unter der Fahrbahndecke die Fahrzeuge begutachtet haben, spürten Tag und Nacht zu schwer oder falsch beladene Fahrzeuge auf: Jeder Fahrer, der mit mehr als 44 Tonnen Fracht unterwegs war oder auf einer Achse mehr als 15 Tonnen platziert hatte, sah eine rote Ampel und die Schranke. Dafür ging es auf der A40 nur mit Tempo 40 auf beiden Seiten in Richtung Rhein, ein jahrelanger Staugarant, Unfälle inklusive.

Unfälle, abgefahrene Schranken und liegengebliebene Laster

Die schmalen Fahrspuren, Gedränge und Unsicherheit der Fahrer führten während des Betriebs der Wiegeanlagen immer wieder zu Karambolagen. Bis Ende letzten Jahres zählte die Polizei rund 400 Unfälle, überwiegend waren es Blechschäden.

Rechtsrheinisch ging schon wenige Minuten nach der Eröffnung 2019 der erste zu dicke Brummi ins Netz - und der nächste fuhr gleich die Schranke kaputt. Anfangs passierte das zweimal die Woche, dann gewöhnten sich die Auto- und Lasterfahrer daran. Dennoch beschädigte auch linksrheinisch immer mal ein Lkw die Anlage, verschob die Spundwände oder musste nach einem Crash sogar mit einem Kran geborgen werden.

Was hat der Einsatz der Wiegeanlagen gekostet?

Rund 100 Millionen Euro kosteten die Gesamtmaßnahmen rund um den Erhalt der Brücke Neuenkamp, sagt Dr. Roland Nolte, Sprecher der Autobahn GmbH. Bis Ende 2022 hatte die Autobahn GmbH allein für die Wiegeanlagen mit etwa 53 Millionen Euro Gesamtkosten gerechnet, sagte damals Sprecher Tobias Zoporowski.

Die Errichtung der Wiegeanlagen habe sich auf jeden Fall bezahlt gemacht, bilanziert Nolte. „Denn nur durch das Wiegen und Aussortieren zu schwerer Lkw und zu schwerer Achslasten konnten wir die A40-Brücke Neuenkamp als wichtige Rheinüberquerung für den Transit und Pendlerverkehr überhaupt offenhalten.“

Schon die Überfahrt eines einzigen – korrekt beladenen – Lkw belastet die Brücke so stark wie rund 10.000 Pkw, erklärt Nolte. Bei einem Lkw mit Überlast multipliziert sich diese Relation nochmals deutlich. „Von daher war es so wichtig, Überladungen vom Brückenverkehr auszuschließen.“

Nächtliche Schwergewichte kamen oft ohne Bußgeld davon

Kräfte der Autobahnpolizei haben anfangs im Drei-Schichtbetrieb die Verkehrssünder geahndet und die Fahrzeuge kontrolliert. Insgesamt haben sie allein in Homberg in der Zeit 10.858 Anzeigen wegen Überladung geschrieben. Hinzu kamen hunderte Verstöße wegen technischer Mängel oder nicht ausreichend gesicherter Ladung, berichtet Christian Freidl von der Autobahnpolizei Düsseldorf, die für diese Wiegeanlage zuständig war.

Um Ressourcen zu schonen, waren die Schranken nach einer Weile nachts nicht mehr besetzt. Die Brücke konnte dennoch geschützt werden, weil zu schwere Fahrzeuge abgeleitet wurden. Für die Fahrer war das bußgeldfrei und in der Regel nahmen sie so zu schwer und falsch beladen die nächste Brücke, bedauert der Polizeihauptkommissar.

Falsch beladen, zu schwer und unsicher

Genauso wurde die Wiegeanlage in Kaßlerfeld betrieben, hier in Hoheit der Duisburger Polizei, bestätigt Pressesprecher Jonas Tepe. Die Beamten haben während ihrer Dienstzeiten nicht nur zu schwergewichtige Laster aus dem Verkehr gefischt.

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Beim Blick auf die Ladung entdeckten sie etwa ehemals tiefgefrorenes Hamburgerfleisch, das in einem ungekühlten Laster unterwegs war und vor dem Weiterverkauf gestoppt werden konnte. Die Beamten hatten außerdem einen Blick auf den laufenden Verkehr. Bei den Unfällen in der Wiegeanlage filmten Gaffer aus dem Auto heraus mit ihrem Handy. Das wurde mit Bußgeldern geahndet, so Tepe.

Gefahrenpunkt: Falsch beladene Lastwagen

Allein im vergangenen Jahr seien elf Schwerlasttransporte mit über 60 Tonnen ohne Genehmigung unterwegs gewesen, sagt Freidl. Laster würden gerade bei Schüttgut schnell überladen, „wenn der Radlader noch eine Schaufel drauf wirft“. Für die Fahrbahnen und die vielen Brücken sei die zu hohe Achslast schlimmer. „Das kommt um ein Zehnfaches häufiger vor“, sagt Freidl. „In der Praxis bestimmt der Tourenplan die Lastenverteilung“, beschreibt der Polizeibeamte die Branche. Wenn die Fracht dadurch ungleichmäßig im Laderaum verteilt ist, sei das nicht nur gefährlich für die Lebensdauer der Brücken: „Das hat auch Auswirkungen auf die Fahrdynamik: Der Bremsweg wird deutlich länger.“

Schon vor der offiziellen Inbetriebnahme war Freidl damals geschockt über die vielen Verstöße, die die Induktionsschleifen anzeigten. „Am ersten Tag war der Parkplatz schon nach einer halben Stunde voll“, erinnert sich der Polizeihauptkommissar. Ortskundige Spediteure verlegten ihre Routen dann über die A42. Zum einen wegen der Staugefahr, aber auch, „weil sie wissen, dass sie zu schwer beladen sind“, ist sich Freidl sicher.

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Auf der A40 habe die Waage insgesamt eine abschreckende Wirkung gehabt, der Schwerlastverkehr nahm hier ab. Dennoch landeten immer wieder Kuriositäten auf dem Parkplatz, darunter eine selbstfahrende forstwirtschaftliche Arbeitsmaschine, die im Wald Bäume fällt und direkt schält. Sie war mit 60 Tonnen Gewicht und „null Genehmigungen“ deutlich zu schwer für die Brücke. „Davon gibt es in ganz Europa kaum zehn, die sind unheimlich teuer“, berichtet Freidl. Solche Monstren werden nun wieder unbemerkt die Straßen kaputt fahren, bedauert er. Aus seiner Sicht waren die Wiegeanlagen nicht nur ein Ärgernis.

Was passiert jetzt mit den Wiegeanlagen?

  • Die Anlage geht in das Eigentum der Autobahn GmbH über, sagt Dr. Roland Nolte.
  • Weitere Wiegeanlagen werden auf der A43 am Rhein-Herne-Kanal betrieben sowie an der A1-Rheinbrücke bei Leverkusen, hier allerdings nur für Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen.
Nach fünf Jahren sind die Wiegeanlagen vor der A40-Rheinbrücke Neuenkamp Geschichte. In der Zeit gab es immer wieder Unfälle und zigtausende Laster wurden aus dem Verkehr gezogen. 2019 überfuhr ein Lkw-Fahrer die Fahrbahnbegrenzung. Dabei wurden von der Polizei auch viele Gaffer auf der Gegenfahrbahn fotografisch festgehalten und bekamen ein Bußgeld.
Nach fünf Jahren sind die Wiegeanlagen vor der A40-Rheinbrücke Neuenkamp Geschichte. In der Zeit gab es immer wieder Unfälle und zigtausende Laster wurden aus dem Verkehr gezogen. 2019 überfuhr ein Lkw-Fahrer die Fahrbahnbegrenzung. Dabei wurden von der Polizei auch viele Gaffer auf der Gegenfahrbahn fotografisch festgehalten und bekamen ein Bußgeld. © Polizei Duisburg

>>Bußgelder flossen in die Kasse der Stadt Duisburg

  • Wie viel Bußgelder über die Wiegeanlagen insgesamt in Duisburgs Stadtkasse gespült wurde, lässt sich aktuell nicht beziffern. Stadtsprecher Malte Werning verweist auf eine Systemumstellung innerhalb der Stadtverwaltung, weshalb auch die Bezirksämter phasenweise geschlossen waren.
  • Die Daten könne man derzeit nicht auslesen.
2022 wurde in der Wiegeanlage auf der A40 ein Lkw kontrolliert, der tiefgekühltes Fleisch transportierte, allerdings mit ausgeschaltetem Kühlaggregat. Statt minus 18 Grad hatte das Fleisch nur noch knapp minus 5 Grad. Der Auflieger wurde verplompt und das Verfahren ans Veterinäramt weitergeleitet.
2022 wurde in der Wiegeanlage auf der A40 ein Lkw kontrolliert, der tiefgekühltes Fleisch transportierte, allerdings mit ausgeschaltetem Kühlaggregat. Statt minus 18 Grad hatte das Fleisch nur noch knapp minus 5 Grad. Der Auflieger wurde verplompt und das Verfahren ans Veterinäramt weitergeleitet. © Polizei Duisburg